Gefangen

Falkenauge, Sonntag, 21.05.2023, 20:15 (vor 335 Tagen) @ Olivia2276 Views

Das hat doch hier mit Steiner nichts zu tun, sondern ist die logische Konsequenz der (unbewiesenen) Theorie, dass die Gedanken aus materiellen Gehirnprozessen ursächlich hervorgehen:
Diese sind ihm unbewusst, sie produzieren Gedanken, die in ihm aufsteigen und zu bestimmten Handlungen führen.
Wenn Du das nicht erkennst, befindest Du Dich außerhalb der Logik.
Wer ist dann hier der Gefangene?

Das wird unter Hirnforschern auch in entsprechender Konsequenz diskutiert, von anderen Wissenschaftlern, die mit der Hirnforschung nicht übereinstimmen, bestritten. Ein Beispiel:

Heutzutage meinen Hirnforscher nachweisen zu können, dass der Mensch ein Produkt seiner Gene, seines Gehirns und seiner Umwelt ist. Sein Handeln werde von Hirnarealen gesteuert, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind. Und deshalb auch nicht seiner Kontrolle unterliegen. Das gilt auch für Straftäter. Bei ihnen seien oftmals Bereiche des Stirnhirns geschädigt. Eine Studie des amerikanischen Psychologen Adrian Raine ergab, so Hans Markowitsch:

„"Dass eben bei Mördern die Stirnhirnaktivität vermindert war. Deren Stirnhirn arbeitet nicht so, wie es arbeiten sollte. Und da kann man schlussfolgern, wenn das Stirnhirn wichtig ist für Impulskontrolle, Mitleidzeigen und findet, dass die Region nicht gut arbeitet, dann hat man ein Hirnkorrelat für das delinquente Verhalten. Dafür, dass die Person kein Mitleid zeigen kann."“

Hat der Mensch nun einen freien Willen oder ist er durch sein Gehirn determiniert? Auch auf der Nürnberger Tagung wurde diese Frage kontrovers diskutiert. Doch nicht im philosophischen Elfenbeinturm. Es ging vielmehr um strafrechtliche Fragen. Um Schuld, Verantwortung und Strafe. Denn das Strafrecht basiert auf dem Schuld- und Verantwortungsprinzip. Und schuldig – das heißt zurechnungsfähig – ist nach dem Gesetz, wer dazu in der Lage ist, das Unrecht einer Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Wer also die Freiheit gehabt hätte, sein böses Handeln zu unterlassen. Für Professor Hans-Ludwig Kröber, Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie der Freien Universität Berlin und Gutachter in vielen Strafprozessen steht diese Freiheit außer Frage:

„Es entspricht der Alltagserfahrung jedes Menschen, dass er weiß, was böse ist, dass er imstande ist, das Böse zu unterlassen und auch dass er, wenn er entgegenstehende Wünsche und Begierden hat zum Beispiel nach Sex oder Geld, dass er imstande ist, bestimmte Emotionen niederzuhalten. Und dass er das gelernt hat, dass man nicht alles kriegen kann und das eigene Verhalten steuern kann. Und es ist einigermaßen absurd, dass man aus einer theoretischen Kathedersituation heraus behauptet, dass wir das alles nicht könnten und wir würden programmiert.“

Zweifellos meinen die Menschen in ihren Entscheidungen frei zu sein, halten Hirnforscher dagegen. Doch in Wirklichkeit sind sie lediglich Ausführende ihres Gehirns. Oder, wie der Schriftsteller Robert Musil schon vor über 100 Jahren schrieb: „Die Willensfreiheit ist die Fähigkeit des Menschen, freiwillig zu tun, was er unfreiwillig will“. Aber wie steht es dann um Schuld und Verantwortung? Der freie Wille und der daraus resultierende Schuldbegriff, so Wolfgang Roth, sind eine „staatsnotwendige Fiktion“, die vor allem dazu dient, die Rechtsordnung aufrecht zu erhalten.

https://www.deutschlandfunk.de/ist-verantwortung-eine-illusion-100.html


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