Es kommt auf die Deckung des Geldes an oder "wie in Rubel" gezalt wird

Morpheus ⌂, Sonntag, 01.05.2022, 02:11 (vor 727 Tagen) @ Rheingold3851 Views

Hallo Rheingold,

ich glaube den wenigsten Menschen ist klar, wie Geld und hier insbesondere Zentralbankgeld wirklich funktioniert.

Wenn eine Bank - ganz am Anfang des Notengeldes - eine Banknote heraus gab, dann war die durch eingelegte Münzen gedeckt. Eine solche Banknote wurde nämlich nur dem Besitzer von Geld ausgestellt. Die damaligen Banknoten waren 100% gedeckt, durch vorher eingezahltes staatliches Münzgeld.

Erster Nachteil, jede Bank gab ihre eigenen Noten heraus und sie konnten nur bei dieser Bank gegen Münzgeld eingetauscht werden.
Zweiter Nachteil, die Bank konnte Pleite gehen (einfachste Form: Banküberfall) und dann waren die Noten wertlos, weil der Halter konnte nirgendwo mehr hingehen und seine Banknote in Münzgeld tauschen.
Dritter und entscheidender Nachteil (der aber im Zeitverlauf erst später entstand), weil er die Banker und nicht die Kunden betraf: Die Noten mussten fälschungssicher sein. Wenn die Bank auf eine gefälschte Note hereinfiel, wurde sie ihr eigenes Münzgeld los. Weil Fälschungssicherheit bei kleinen Serien sehr teuer ist, waren die Banken da zunehmendem Betrug und damit starken Risiken/Verlusten ausgesetzt.

Aber zurück in die gute alte Zeit: Banknoten wurden dann im weiteren Verlauf, als sie weiter verbreitet waren, auch von anderen Banken und Geschäftsleuten als Zahlungsmittel (für Münzgeld) akzeptiert, weil - und solange - sie wussten, dass sie bei der ausgebenden Bank die Note jederzeit bei Bedarf in Münzgeld tauschen könnten. Was auch bereits damals immer weniger gemacht wurde. Trotzdem blieben obige Nachteile.

Zentralbanken lösten alle drei Probleme.
Erstens, es gab nur noch eine Sorte Noten (nämliche Zentralbanknoten), die überall akzeptiert werden konnten.
Zweitens, die Zentralbanknoten, konnten immer und jederzeit gegen staatliches Geld eingetauscht werden.
Drittens, die Kosten für die Fälschungssicherheit lassen sich auf alle gemeinsam Umlegen und das Notengeld wurde so wirklich sicherer.

Anmerkung: Euro und Dollar sind "Zentralbanknoten" und werden aus Gründen des Gedenkens an die alten Banknoten nach wie vor als "Banknoten" bezeichnet, obwohl sie es eben nicht wirklich sind. Sie funktionieren nur genauso, nein sie funktionieren besser.

So, wenn eine Bank jetzt Zentralbanknoten ausgeben soll, weil ein Kunde das verlangt, was macht sie? Anders als die alten Banknoten, kann sie ja die Zentralbanknoten nicht mehr selbst ausstellen.
Sie geht zur Zentralbank und bestellt diese Zentralbanknoten. Wird ihr die Zentralbank diese Noten einfach so liefern? Nein, natürlich nicht. Die Zentralbanknoten liefert sie nur dann aus, wenn die Bank ihr vorher einen entsprechenden Gegenwert übertragen hat.

Diese Gegenwerte bezeichnet man als Zentralbankguthaben auf dem Konto der Bank bei der Zentralbank. Ein solches Guthaben von X Euro bekommt die Bank, wenn sie einen zentralbankfähiges, also hochwertiges Wertpapier in der Höhe von mindestens X bei der Zentralbank hinterlegt hatte.

Wertpapiere sind gebündelte Schuldscheine, also Geld, was Schuldner bei der Bank oder Staaten (bei Staatsschuldpapieren) innerhalb einer bestimmten Zeit (Laufzeit der Anleihe) an den Halter des Wertpapiers zahlen müssen. Das Wertpapier ist also durch zukünftige Geldeingänge gedeckt. Es hat seinen (in der Zukunft liegenden) Wert.

Wenn die Bank A jetzt Zentralbankguthaben (durch eingereichte Wertpapiere) hat, dann wird parallel zur Auslieferung der Zentralbanknoten an die Geschäftsbank das Zentralbankguthaben auf dem Zentralbankkonto der Bank A um die Summe der auf den ausgelieferten Zentralbanknoten aufgedruckten Wert gemindert. Das Zentralbankgeld wird auf ein Pfandkonto übertragen und dort geparkt. Die zugehörigen Wertpapiere werden gedanklich (nicht unbedingt real) auf diesen Pfandpool übertragen.

Wenn jetzt dem Bankkunde, der die Noten bei Bank A angefordert hatte, diese ausgehändigt wurden, er sie ausgegeben hatte, werden sie irgendwo wieder auf ein Geschäftsbankkonto eingezahlt. Die Bank B entscheidet, dass sie bereits genug Zentralbanknoten hat und gibt diese an die Zentralbank zurück. Dann schreibt ihr die Zentralbank das auf dem Pfandkonto geparkte Zentralbankgeld auf ihrem Zentralbankkonto gut. Das von der Bank A eingereichte Wertpapier wird (anteilig!) an die Bank B übergeben.

Als man zusätzlich zum Bargeldverkehr Überweisungen zwischen den Banken einführte, mussten im Hintergrund bei Überweisungen zwischen jeweils zwei unterschiedlichen Banken A und B auch stets die entsprechenden Nettosalden aus der Summe aller täglichen Überweisungen zwischen den Banken A und B auf den Zentralbankkonten übertragen werden. Nettosalden, weil es nur auf den täglichen Unterschied der Menge an Überweisungen ankommt. Heute passiert das mit Sofort-Überweisungen alles in Echtzeit, früher erfolgte das am Tagesende und deshalb hatten Geldüberweisungen auch eine Laufzeit. Wichtig zu verstehen ist, dass neben dem Geld als Zahlen auf Kundenkonten stets im Hintergrund das Pfand (also das zugehörige Wertpapier, also ein realer Gegenwert) übertragen wird.

Weil es internationale Überweisungen gibt, gibt es eine Zentralbank der Zentralbanken, die BIZ, Bank für internationalen Zahlungsausgleich. Diese sitzt in Basel (Schweiz). Dort hat jede Zentralbank analog zu den Geschäftsbanken ein Konto. Auch jeweils mit den Sicherheiten bestückt, analog zu den Zentralbankkonten. Täglich (oder heute in Echtzeit) werden die Nettosalden zwischen den Zentralbanken übertragen und natürlich auch die Sicherheiten hin- und hergeschoben. Diese Sicherheit war früher Gold und dann nach Bretton Woods Dollar-Schuldscheine. Deshalb wird der Dollar auch als Weltreserve-Währung bezeichnet.

Heute können international auch andere Währungen gehandelt und übertragen werden. Dafür müssen dann bei der BIZ stets Sicherheiten/Wertpapiere in der Währung hinterlegt sein, die verschoben wird. Werden Euros von einem Land in das andere überwiesen, werden Eurosicherheiten weitergereicht. Werden Dollar überwiesen, Dollarsicherheiten und bei Rubel, Rubelsicherheiten.

Wenn jetzt eine Zentralbank Geld von einer Währung in die andere tauschen will, dann muss sie beide Typen von Sicherheiten haben, also zum Beispiel Euro und Rubel.

Die russische Zentralbank bekommt bei Zahlungen in Euro, Eurosicherheiten, also zum Beispiel Staatsanleihen, die in Euro ausgestellt wurden. Solche Staatsanleihen, die dann nach wie vor beim Herausgeber also einem Euroland gelagert werden. Solche Sicherheiten, die der Westen in der Höhe von 300Mrd beschlagnahmt, oder besser ausgedrückt geraubt hat. Das will Putin nicht mehr haben. Also wird die russische Zentralbank jetzt die Euros in Rubel umtauschen, und dem entsprechend bei der BIZ das Euro-Konto auf Null stellen und das Rubelkonto entsprechend erhöhen. Das ist ein rein interner Vorgang den die russische Zentralbank vornehmen kann, denn es ist jetzt ihr "Geld". Sie wird also die Euro-Staatsanleihen am Markt verkaufen und dafür am Markt Rubel-Sicherheiten oder andere ihr genehme Sicherheiten kaufen. Sobald dieser Vorgang abgeschlossen ist, gilt die Bezahlung in Rubel als "erfüllt".

Was Russland dadurch primär abgesichert hat ist zunächst, dass die vom Westen an Gazprom geleistete Zahlung der Zentralbank nicht wieder entrissen werden kann. Ein ganz normaler Vorgang, der wohl nach dem Diebstahl der Sicherheiten durch die West-Mächte eine Selbstverständlichkeit ist.

Wenn die Russen den Rubel, wie gerade angekündigt, jetzt durch Rohstoffe und Gold decken wollen, heißt das, dass sie keine auf Rubel lautenden Anleihen kaufen wollen und als Sicherheiten hinterlegen, sondern Gold oder andere Rohstoffe, die sie dann in den physischen Besitz von Russland überführen werden.

Was natürlich einen gravierenden Einfluss auf die internationalen Gold- und Rohstoffmärkte haben wird. Wahrscheinlich wird damit die vom Westen stets zugunsten ihrer Währungen durchgeführte Manipulation der Rohstoffmärkte mittels Handel von NUR VIRTUELLEN Rohstoffen beendet müssen. Weil es dadurch zu einer massive Verknappung der physischen Waren kommen wird. Die vielen Zertifikate-Anbieter werden dann ganz schnell in massive Schwierigkeiten geraten, wenn sie die versprochenen Waren dann nicht (mehr) wie versprochen liefern können.

Wirtschaftskrieg von seiner feinsten Seite.

Ich hoffe, das dies verständlich dargelegt wurde. Es ist an der ein oder anderen Stelle im Detail etwas komplizierter, aber ich denke für ein grundsätzliches Verständnis reicht es aus.

Grüße
Morpheus

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Wir - für die unbeschränkbare Freiheit.


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