Passivtausch

tar ⌂, Gehinnom, Montag, 12.10.2020, 02:06 (vor 1504 Tagen) @ Hardy, der Student3728 Views

In aller Kürze, weil das hier nicht Thema ist: die Abschaffung des Bargeldes hätte zur Folge, daß die Zentralbanken illiquide werden, weil sie über nichts mehr verfügen, mit dem sie ihre Verbindlichkeiten tilgen können – ein spannendes Thema.


Ich halte diese Aussage für falsch, weil die ZB nicht mit ihren Verbindlichkeiten tilgt. Keiner tilgt mit seinen Verbindlichkeiten. Das ergibt überhaupt keinen Sinn.


Bargeld ist ein "weißer Schimmel", Bargeld ist Geld, Geld ist immer bar.
"Unbares Geld" gibt es nicht, Giralgeld ist kein Geld, es geht um Geldforderungen.
Geschäftsbankengeld ist kein Geld, es geht um Geldforderungen.

Das Dokument ist nicht dessen Inhalt. Es ist daher völlig gleich, ob ein Vermögenseingriffsrecht auf Papier, auf Holz, auf eine Münze, digital oder sonstwie dokumentiert ist - der Inhalt bleibt derselbe.

Den simplen Wirrbegriff "Geld" legst du hier besser beiseite.

Es gibt rechtlich nämlich keinerlei Unterschiede zwischen den folgenden beiden Dingen:
- der Verbindlichkeit einer Zentralbank in Form eines 10-Euro-Scheins
- der Verbindlichkeit einer Zentralbank in Form eines 10-Euro-Betrages auf einem Zentralbankkonto

Insofern stimmt es schon, was Renée schreibt.
Denken wir uns die Münzen und Geldscheine weg, dann wäre (auch) die ZB illiquide.
Womit sollte man denn dann eine Geldforderung erfüllen?

Die Frage ist unpräzise: Zu welcher Zentralbank geht man mit welcher Forderung auf welche Währung lautend?

Nehmen wir die Deutsche Bundesbank, dann
- führt eine auf Euro lautende Forderung bei ihr zu einem Passivtausch (bilanzneutral)
- führt eine auf Dollar lautende Forderung zu einem Aktivtausch (bilanzneutral)

Ausschließlich in Fremdwährung kann eine Zentralbank illiquide werden.

Deswegen dann ja auch die digitale Coin, die eCoin, die ist dann das bare Geld, mit der kann dann eine Geldforderung erfüllt werden.

Das ist zu unkonkret, damit ich verstehe, was du meinst.

Bei Abschaffung des Bargeldes wären nicht nur die Zentralbanken illiquide, bei Abschaffung des Bargeldes wären alle illiquide.


Hälst du diese Darstellung einer ZB-Bilanz für falsch?

Falls ja, bitte ich um eine ausführliche Erklärung.


Rein symbolisch kann man eine solche Darstellung verwenden, als Bilanz ist die Darstellung völlig untauglich.

Auf der Passiva-Seite der ZB finden wir kein Geld, sondern Geldschulden.

"Geld" ist eine Forderung (von A an B) = Verbindlichkeit (von B an A)!

Das Geld, die Geldscheine, finden wir auf der Aktiva-Seite desjenigen, der die Geldscheine hat.

D.h. dass der Geldschein oder der Kontobetrag von A gleich der Verbindlichkeit von B entspricht.

D.h. alle Euro-Bargeldbestände und ebenso alle Euro-Zentralbankguthaben sind Forderungen gegen das Eurosystem (wie bereits erwähnt).

Auf der Passiva-Seite der ZB finden wir keine ZB-Guthaben, sondern ZB-Verbindlichkeiten. Die ZB-Guthaben finden wir in den Bilanzen derjenigen, die diese ZB-Guthaben haben.

Ja, 1:1.

Falls nicht, wie sollte ein ZB illiquide werden, wenn sich deren Verbindlichkeiten ändern, gar möglicherweise aufgelöst werden, indem man Bargeld für ungültig erklärt?


GB hat ein Giroguthaben und fordert Euro, mit was soll die ZB denn jetzt zahlen, wenn es keine Münzen und Geldscheine mehr gibt? Sie kann nicht zahlen, sie wäre sofort illiquide.

Wenn es keine Münzen und Geldscheine mehr gibt, braucht die GB keine Münzen und Geldscheine. Wozu auch? Ihr Guthaben bei der ZB hat sie bereits. Wenn du es als Kunde der GB brauchst, dann wird es dir aktuell in Form von Geldscheinen ausgezahlt - im Fall ohne Geldscheine wird dir einfach der Betrag von der ZB vom GB-Konto bei der ZB auf dein Konto bei der ZB umgebucht. Inhaltlich passiert dann dasselbe.

Kurz: der Geldschein in deinem Portemonnaie ist ein Behelfsersatz dafür, dass du aktuell kein direktes ZB-Konto unterhalten darfst (einige Unternehmen dürfen das hingegen). Inhaltlich entspricht er diesem aber.

Deswegen ja die eCoin. Kaum sind die Dinger definiert und produziert (die Produktion wird sich vermutlilch als einfache Einbuchung erweisen, wir werde sehen), dann kann die ZB wieder zahlen, diesmal mit eCoins.

Die ZB zahlt nicht, wenn sie ihre Verbindlichkeiten statt auf dem Konto in Form von Scheinen dokumentiert - d.h. sie zahlt nicht, wenn sie Scheine liefert. Sie nimmt lediglich einen Passivtausch vor.

Noch wissen wir nicht, wie es kommt, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der ZB bei der Auszahlung solcher eCoins dann wieder Schulden entstehen werden. Das heißt dann, dass ein anderer als die ZB Ersteigentümer der eCoins wird, und das kann nur der Staat sein.

Nochmal: da wird nichts "ausgezahlt", sondern passiv gebucht. Denselbe Vorgang findest du bei deiner Geschäftsbank, wenn du einen Kredit aufnimmst. Sie zahlt dir nichts aus, sondern bucht deinem Konto was zu. Du scheinst dann irrigerweise den Auszahlungsvorgang der Geschäftsbank, wenn du dort Scheine abhebst (Bilanzverkürzung), mit der Passivbuchung der Zentralbank (Passivtausch) zu verwechseln, wenn die Geschäftsbank dort Scheine anfordert.

Ja, ja, die ewige Suche nach den "Ansprüchen", irgendwo muss doch eine Forderung stecken, was?
Diese von vielen so verzweifelt gesuchte Forderung existiert beim Geldschein nicht, ebenso wenig existiert sie bei einer eCoin.


Der "Geldschein", also Bargeld, also Verbindlichkeiten der Zentralbank sind ein Vermögenseingriffsrecht in eben das Vermögen der Zentralbank. Man kann damit eigene Verbindlichkeiten bei der Zentralbank tilgen sowie Repos abwickeln (eben beim Rückkauf) - ganz zu schweigen von Steuerverbindlichkeiten ggü. dem Staat. Da stecken also eindeutig vermögensrechtliche, sich auf die Realität und Vermögensrechte auswirkende Handhaben dahinter, die du nicht wegzudiskutieren vermagst.


Nein, kein Vermögenseingriffsrecht, ganz egal, wie viele Geldscheine man hat, auch eine GB hat ein solches Recht nicht.
Freilich, eigene Verbindlichkeiten bei der ZB können damit getilgt werden, die Geldscheine sind ja Geld.

Das ist der Punkt.

ZB kauft Devisenanlagen, Aktien, Gold usw.
Die Geldscheinhalter haben absolut keine Möglichkeit, an diese Assets der ZB heranzukommen.
Einzige Ausnahme: Die ZB verkauft freiwillig etwas.

Vor allem über die Repos sind es Geschäftsbanken, die eben genau auf diese Vermögenseingriffsrechte scharf sind, weswegen ZB tunlichst darauf achten sollten, nicht sämtlichen Müll anzukaufen und damit ihre Aktivaposition zu gefährden.

Beim Repogeschäft sieht es auf den ersten Blick so aus, als ob die GB etwas fordern könnte.
In Wahrheit fordert aber die ZB, nämlich eine Zahlung. Die GB hat Geldschulden bei der ZB zum Repotermin. Und diese Geldschulden kann die GB natürlich mit Geldscheinen erfüllen.
Danach erhält die GB dann ihr Pfand zurück.

Grundsätzlich mit Guthaben bei der Zentralbank (= Verbindlichkeiten der Zentralbank). Es unterscheidet sich rechtlich nicht im Vergleich von deiner Position ggü. der Geschäftsbank, bei der du einen Kredit bedienen musst. Du bist dahingehend auf Verbindlichkeiten deiner Geschäftsbank dir ggü. scharf.

Auch das ist nicht das Einlösen einer Banknote.

Welches bei einer Zentralbank zu einem Passivtausch führt.

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Gruß!™

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Time is the fire in which we burn.


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