Es fehlt die Ableitung der Folgen aus der Geld-Definition.

Morpheus ⌂, Mittwoch, 27.10.2021, 16:52 (vor 1122 Tagen) @ Naclador3665 Views

Hallo Naclador

Buchführung und das aufschreiben von Schulden mag ja eine interessante Sache sein, aber das macht man noch nicht sehr lange. Zur Zeit von Kolumbus mussten die Menschen eine Münze mit Loch um den Hals tragen. Wenn es die aus dem laufenden Jahr war, war die Schuld bezahlt, sonst musste die Ware (Gold/Baumwolle) noch abgeliefert werden. Damals hat niemand Schulden gezählt oder dokumentiert.


Irrtum, denn selbst wenn die Geschichte stimmt, so ist doch das Aushändigen der Münze genau die Buchführung, die Du in Abrede stellst.

Schuld ist ein abstrakter Begriff, der für die Buchführung etwas bringt. Aber welchen Sinn hat Schuld? Was lässt sich mit Schuld erklären?

Geld gibt es eben viel länger und es existierte völlig unabhängig davon ob man Schulden oder Geld als Schuld betrachtete.

Nein, Geld ist nur Geld, wenn es "gilt", also wenn man damit seine Steuerschuld begleichen kann. Ansonsten ist es nur eine Ware wie viele andere und eben gerade kein Geld.

Klar: Geld ist per Definition die Ware, die als Abgabegut definiert wird.

Dottore versuchte alles in die „Schuld“ zu pressen. Er versuchte das natürliche Grundbedürfnis nach Nahrung in eine künstliche Urschuld umzudefinieren. Mein Ansatz ist genau andersherum. Ich sehe Geld als Grundbedürfnis an. Durch den Zwang Geld zu beschaffen, wie Nahrung und Trinkwasser, kann man das Verhalten der Menschen erklären.

Das ist kein neuer Ansatz, sondern ein Taschenspielertrick. Du verwendest einen anderen Begriff, meinst aber genau das gleiche. Ob Du nun "Schuld" sagst oder "Grundbedürfnis", das ist ein rein kosmetischer Unterschied und wirtschaftstheoretisch überhaupt nicht von Belang.

Von einer Schuld kann ich nichts ableiten. Ein Grundbedürfnis zieht eine zwangsläufige Handlung nach sich. Das ist ein ganz gewaltiger Unterschied. Was kannst du denn von der Schuld ableiten? Was hat dottore von der Schuld abgeleitet? Was ich weiß, ist es die zu erwartende Staatspleite, auf die wir jetzt 13 Jahre warten. Also ich will dottores Leistung nicht kleinreden. Er ist viel besser als die meisten Ökonomen weltweit, aber er ist mMn trotzdem auf halber Strecke stehen geblieben.

Und aus dem Verhalten der Menschen erklären sich dann die (technischen) Anforderungen an Geld. Weil Getreidekörner Geld waren, entstanden die Tonkrüge, um Geld aufzubewahren. Es gab Jäger und Sammler, die sehr gute Getreidekörnerspeicher unterhielten, weil Getreide als Geld verwendet wurde, obwohl es noch nicht als Saatgut verwendet wurde.

Dafür hätte ich gern Belege. Dass Jäger und Sammler ausgerechnet Gräsersamen (denn echtes Getreide entstand erst durch Zucht in der Jungsteinzeit) als Abgabengut verwendet haben sollen, erscheint mir wenig plausibel, da sie die Samen nicht einmal als Nahrung angesehen haben dürften (viel zu nährstoffarm und zu mühsam zu sammeln).

Spektrum der Wissenschaft - Sesshafte Jäger und Sammler nutzten Getreidespeicher
Ja, aber teilbares Geld hat einen enormen Vorteil. Du kannst damit deine Schergen gerecht bezahlen und sie sind nicht auf ein Zusammenleben angewiesen, wie das war als man „Kühe“ verlangt hatte. Körner waren gutes, praktisches Geld, solange es wenig davon gab.

Wahrscheinlich hat man angefangen Getreide zu säen, um Geld zu gewinnen. Aber weil Getreide, nur weil es Geld, also Abgabegut war, so wertvoll wurde, war es den Menschen ein Bedürfnis es sicher zu lagern. Das kann man ableiten, wenn man den Beschaffungszwang sieht und die Strafe bei Nichtleistung einbezieht. Schuld, die nur auf eine mögliche Pleite durch Zeitablauf guckt, hilft nicht Eigenschaften von Geld oder Anforderungen an Geld abzuleiten.


Das ist eine völlig künstliche Unterscheidung. Bei der Schuld geht es eben genau um "Strafe (oder Konsequenzen) bei Nichtleistung", genau wie bei Deinem "Bedürfnis".

Mir geht es um zwei Dinge: 1) die Handlungsweisen, die aus dem Grundbedürfnis entstehen sind fundamental für die menschliche Entwicklung. Wenn du Geld als Grundbedürfnis ansiehst, erlaubt es die gesamte Geschichte menschlicher Gesellschaften zu erklären. 2) Das Verständnis, das Geld Freiheit erlaubt statt Sklaverei.

dottores Ansatz mit der Schuld und Urschuld führt mMn deshalb ins Nirvana, während der umgekehrte Ansatz mit Geld als zusätzlichem Grundbedürfnis eine einfache und konsistente Erklärung erlaubt und sich die gesamte Entwicklung menschlicher Gesellschaften daran herleiten lässt. Dottore und ich behandeln dieselbe(n) Sache(n) nur abstrahieren wir jeweils in eine um 180° andere Richtung. Er Nahrung (Grundbedürfnis) in Richtung Urschuld, ich Geld (Schuld) in Richtung Grundbedürfnis.


Der Unterschied, den Du hier postulierst, existiert meiner Ansicht nach nicht. Ein Bedürfnis ist exakt das gleiche wie eine Schuld, nämlich "haben müssen zum Termin". Deine 180° sind eigentlich 360°.

Gut, das kann man sehen wie man will. Der wesentliche Punkt wäre dann, warum man aus der Schuld der Menschen nichts ableiten kann, oder was kannst du aus der Schuld ableiten? Sag es mir bitte.

Ich kann aus der Sichtweise „Geld ist Grundbedürfnis“ die Menschheitsgeschichte von der neolithischen Revolution bis heute erklären und kann davon eine zukünftige Gesellschaftsform ableiten, die ohne Herrscher auskommt und auf unbeschränkbarer Freiheit beruht. Wenn Dir das mit dem Schuldbegriff auch gelingt, dann bitte. Dottore hat es meines Wissens nicht gemacht. In keinem der Bücher, die ich gelesen habe und es waren mMn alle bis auf ein relativ frühes Werk. Ich konnte bei dottore keine derartigen Schlussfolgerungen finden. Auch hier im Forum nicht. Gerade die Schuld wurde immer als Unfreiheit gesehen und nicht als Medium für Freiheit.
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Warum ist Geld so geeignet zur Bewirtschaftung von Menschen? (Seite 49)
Einen Sklaven gefangen zu halten, zu verköstigen und dann auch noch zur Arbeit zu motivieren, ist eine unproduktive Angelegenheit. Da ist es sehr viel sinnvoller, eine Zwangsabgabe von ihm zu fordern und ihn mittels Abgabezwang, aber dafür in Freiheit arbeiten zu lassen.
Der Plantagenbesitzer überlegt, wie viele Stunden der Mitarbeiter im Jahr arbeiten soll. Sagen wir, er kommt auf einen Wert von 2.500 Stunden. Der Arbeitslohn liegt bei 5 Fantasius pro Stunde. Der Arbeiter würde also 12.500 Fantasius pro Jahr verdienen. Wenn er 4.000 Fantasius für seine Unterkunft und weitere 4.000 Fantasius für seine Ernährung ausgeben muss und noch ein Taschengeld von 1.000 Fantasius zur freien Verfügung haben möchte, dann liegen seine Ausgaben bei 9.000 Fantasius pro Jahr. Der Machthaber kann in diesem Szenario also eine maximale Abgabe von 3.500 Fantasius pro Jahr fordern. Diese muss der Arbeiter begleichen, wenn er die gedachten 2.500 Stunden arbeitet:
Einkommen (12.500) - Wohnungskosten (4.000) - Ernährungskosten (4.000) - Taschengeld (1.000) - Abgabe (3.500) = 0
In diesem Szenario bleibt dem der Arbeiter am Ende des Jahres zwar kein Geld übrig, aber er ist immerhin insofern frei, als dass er sich selbst um seine Unterkunft und sein Essen kümmern darf. Je nachdem, was die Alternative wäre – vielleicht Armut und Opfer von Plünderungen – ist es möglich, dass der Arbeiter dem Plantagenbesitzer sogar dafür dankbar ist, dass er für ihn arbeiten darf. Ganz anders also als bei einem Sklaven, der ständig weglaufen will, unmotiviert ist und trotzdem verköstigt und untergebracht werden muss. Gesellschaften, die mit Abgaben operieren, funktionieren wirtschaftlich gesehen besser und sind dementsprechend erfolgreicher als Sklavenhalter-Gesellschafen.
Es müssen allenfalls die eingesperrt werden, die nicht freiwillig ihre Abgaben leisten. Was aber jetzt nur Wenige sein werden und das überwiegend zur Abschreckung. Hätten Sklavenhalter diese Rechnung verstanden, wären sie sicher so vorgegangen. Denn Geld war damals nicht unbekannt. Nur hat seine eigentliche Funktion bis heute niemand so richtig verstanden.
(Geld-Theorie Teil 8, Gesellschafts-Theorie Teil 13)
Geld existiert zum Vorteil der Machthaber. Geld erlaubt die effizienteste Bewirtschaftung von Menschen. Geld schafft Arbeitslager ohne Lager.
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Derartige Überlegungen hat dottore meines Wissens nach nicht angestellt und sie lassen sich aus dem „Schuld-Ansatz“ eben auch nicht ableiten.

Grüße
Morpheus

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Wir - für die unbeschränkbare Freiheit.


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