Überzeugen möchte ich niemand, ausser mich selbst

Miesepeter, Samstag, 23.01.2021, 18:33 (vor 1181 Tagen) @ BerndBorchert2822 Views
bearbeitet von Miesepeter, Samstag, 23.01.2021, 19:10

Alle Deine Einwände sind in den verlinkten Texten ausführlich behandelt, ich kann und möchte das jetzt nicht alles noch mal abschreiben, es setzt zum besseren Verständnis vermutlich auch Vorbeschäftigung voraus, mit Dingen wie die Funktionsweise des mehrstufigen Geldsystems, die verschiedenen Theorien der Gelddeckung (zb die hier viel zitierte Eigentumstheorie Heinsohns), die Entstehung von Geldsystemen, gesamtwirtschaftliche Saldenrechnung uvm. Alles im Archiv zu finden, die verlinkten Threads (über die verlinkten Beiträge hinaus) können einen Einstieg darstellen. Ich kann verstehen, dass es nicht attraktiv ist in alten Beiträgen stundenlang zu forschen, aber es ist eben auch nicht attraktiv, die bereits existierenden und dokumentierten Gedankengänge in aller Breite nochmals neu zu formulieren. Daher kann und will ich nicht mehr tun, als eine ganz grobe Zusammenfassung geben und einen Pointer zu breiteren Ausführungen anbieten, falls es jemanden interessiert. That's all there is to it.


Deine Argumentation würde ja auch noch gelten, wenn nicht nur 60%, sondern 100%, also alle eigenen Staatsanleihen von der ZB aufgekauft sind. Oder?

Genau so wurde bisher noch jedes Geldsystem gestartet. Ein Herrscher gibt 100% der Geldes heraus, so wurde auch die D-Mark gestartet. Währungsreform 1948, 100% der ZB-Assets waren Staatsschulden. Folgte dem eine Hyperinflation?


Spätestens dann sollte aber eine Währungs-Katastrophe eingesetzt haben, oder? wahrscheinlich in Form einer enormen Inflation, oder?

Nein. Es kommt nicht so sehr darauf an, welche Form der Aktiva den Pasiva der ZB entgegenstehen, sondern vielmehr darauf, dass bzw wie knapp real umlaufendes Geld ist, und zwar im Verhältnis zu den anstehenden Zahlungsterminen aller Schulden und Verbindlichkeiten einer Wirtschaft. Nochmal anders gesagt: ob ZB-Geld nun emittiert wird, indem irgendetwas (hier Staatsanleihen) angekauft wird, oder durch Pensionsgeschäfte, ist zweitrangig (ersteres wirft sicher mehr Fragen nach Möglichkeiten der Sterilisierung/Gegensteuerung im Falle einer Inflation auf, das ist aber eine nachgeordnete Frage)

Entscheidendere Grössen sind die Gesamtkreditentwicklung über alle Stufen des Geldsystems und der wirtschaftliche Output und Absatz, der produziert wird, um einerseits die Kredite bedienen zu können und andererseits den Gegenwert für Geld ("Geldwert") darzustellen. Wer glaubt, anhand simpler Bilanzanalyse einer Zentralbankbilanz könnte er den zukünftigen Geldwert bestimmen, befindet sich auf einem Irrweg. So einfach ist es nicht, da spielen sehr viele weitere Faktoren mit ein.

Richtig ist aber sicherlich, dass im Gesamtbild des Geldsystems "Regulierungsgeld" nicht eine bestimmte Relation zu "Schuldgeld" überschreiten darf, da dann der Leistungszwang in einer Wirtschaft entfällt und somit das Angebot nicht mehr zustandekommt. Dann wird natürlich auch das Geld wertlos sein, da es nichts mehr kaufen kann.

Deshalb ist es Aufgabe der Notenbank, das richtige Maß in der Geldpolitik zu finden. Die Kriterien, an denen sie sich orientiert, sind aber nicht irgendwelche Theorien von Neoklassikern oder Marxisten, sondern reale Beobachtungen und Evidenz zur Stabilität des Preisniveaus (und idealerweise auch zum Beschäftigungsgrad, außenwirtschaftlichen Gleichgewicht sowie stetigen und angemessenen Wirtschaftswachstum)

Zusatz: Ohne massiven Transmissionsriemen der Gelder/Nachfrage aus der Finanzwirtschaft/Assetoperationen in die Realwirtschaft/Konsumoperationen ist eine "enorme Inflation" ebenfalls schwer darstellbar.....

Deshalb kann Deine Erklärung nicht richtig sein.

Wenn die Dinge bloss so einfach lägen.....

Gruss,
mp


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