Preise und Werte
Hallo BernBochert,
Du argumentierst, dass ohne einen einheitlichen Wertmaßstab Tauschhandel
nur rudimentär funktionieren kann. Und dann kommt die Unterwerfung dieses
Gemeinwesens, und ein einheitliches gesetzliches Zahlungsmittel wird
eingeführt, inkl. Steuer-Abgaben in dieser Währung.Das ist zu schnell. Warum muss das zwangsläufig so ablaufen? Warum würde
es zum Zweck der Preisbestimmung (Preis für Dein Rhodium) nicht reichen,
wenn sich ein Wertmaßstab dezentral herausbildet, z.B. Gold, und auch ohne
Kontrakte und Steuern akzeptiert wird.
Für mich sind hier mehrere Punkte ausschlaggebend. Achtung: Alles rein hypothetisch und aus Zeitgründen nur sehr schnell abgetippt, d.h. will ich etwaige Gedanken- und Rechtschreibfehler gleich vorweg entschuldigen.
1. Gerade Edelmetalle, Bitcoins oder was auch immer, d.h. alles, was eigentlich kein Mensch benötigt, würde sich in so einem rein hypothetischen Tauschsystem am Allerwenigsten als Geld durchsetzen. Wenn es keinen Zwang zur Bedienung der Steuer gibt und keinen Nachfragezwang zur Bedienung von Krediten, dann würde sich doch bestenfalls etwas als Geld herauskristallisieren, das jeder oder viele benötigen: Nahrung ist durch die Verderblichkeit eher weniger geeignet. Aber wie auch am Schwarzmarkt wären Alkohol, Zigaretten und andere Drogen das Mittel der Wahl. Noch besser wären Schuldscheine, die eine Lieferung einer bestimmte Menge einer Ware in der Zukunft verbriefen (eben der Bäcker, der dem Bauern für den Weizen einen Schuldschein über x Brote in der Zukunft ausstellt), weil die umlauffähig gemacht werden könnten. Dennoch: Ohne Gewaltmonopol, das die Einhaltung solcher Verträge garantiert, ist das alles sehr unwahrscheinlich und wie gesagt: Historisch nirgendwo dokumentiert.
2. Gehen wir trotzdem davon aus, dass Rhodium, Gold oder Bitcoins Geld werden sollen. Wenn man nichts davon braucht, wie soll das Gold dann bewertet werden. Was verstehst du unter dezentral? Wie kommunizierst du für alle die Bewertung? Wie soll Gold als Währung den allgemeinen Tauschmarkt (Angebot und Nachfrage) abbilden können? Und wie soll der Einzelne wissen wie dieses Angebot-Nachfrage-Gefüge für Gold selbst aussieht. Das Gold im Goldstandard z.B. war ja keine Konstante, sondern wurde durch die darunterliegenden Pfänder, den Schuldendruck (=Nachfragezwang), den Zins, die Steuer, etc. ständig neu bewertet, aber es bildete immer das Angebots-Nachfrage-Gefüge des gesamten Wirtschaftsraums ab. Anders gesagt: Warum benötigten die Sozialisten überhaupt einen Wertmaßstab (Arbeitseinheiten)? Warum gaben sie den Produkten fiktive Preise, die sich nach den Arbeitseinheiten richteten? Wenn netto-Geld sich einfach so als allseits nachgefragte reale oder virtuelle Ware herauskristallisieren hätte können, wäre das alles nicht notwendig gewesen.
3. Ist das Wesen des Wirtschaftens ja immer die Knappheit. Geld muss zum Termin immer knapp sein (und der Kapitalismus sorgt dafür, dass das auch IMMER so ist). Erst das gibt dem Geld den Wert. Inwiefern kann also z.B. Gold in einem Tauschsystem knapp sein? Was bedeutet Knappheit? Knappheit hat nichts mit der Menge einer Sache zu tun, sondern das eine bestimmte Menge an einem bestimmten Termin immer knapp nicht ausreicht. In einem Tauschsystem gibt es keine Termine. Die Goldmenge insgesamt in so einem System wäre völlig egal. Es geht ja nicht darum, wieviel Gramm Gold ein Stück Brot kostet, sondern wieviel Brot ich bereit bin herzugeben für ein Gramm Gold. Permanent müssen sich die Leute in so einem Tauschsystem die Frage stellen, wie viel Brot/Schwein/Waffen ein Gramm Gold kostet und nicht umgekehrt, da man Gold ja eigentlich nicht benötigt. Es soll nur Mittler für Tauschvorgänge sein, aber wie soll es diese vermitteln? Nenn mir ein ganz konkretes Beispiel wie diese Mittlerrolle vonstatten gehen soll. Das Gold könnte im Prinzip nur - wie im Sozialismus - einen Gutschein repräsentieren. Dann müsstest du aber auch irgendeine künstliche Bewertung finden, an die sich alle halten müssen und die selbst im Sozialismus (also mit allmächtigem Staat) nicht funktionierte. In einem Tauschsystem ohne Staat ist das eigentlich völlig undenkbar.
4. Bleibt der Tausch ja letzlich immer nur ein Randphänomen. Ohne Staat, der Geld durch Zwang definiert, ohne offene Schulden, die Nachfrage erzwingen, bleibt nur mehr die Urschuld und die bedient man am besten gemeinsam in Subsistenzwirtschaft: In der Großfamilie, im Stamm, der Gentilgesellschaft, etc. Ja, da kann durchaus Tausch vorkommen, aber in einer derart niedrigen Frequenz, dass es noch unwahrscheinlicher zur Herausbildung eines allgemein anerkannten Tauschmittels käme.
Wertmaßstab (Gold z.B.) direkt gehandelt werden, es kann ja beim reinen
Tauschhandel bleiben - aber die Preise könnten in Einheiten des
Wertmaßstabs angegeben werden.
Wenn du mir erklärst wie man solche Preise festlegt bzw. wie das ganz konkret ablaufen soll?
Beste Grüße
Phoenix5