Rheingold ist kein Regionalgeld

Rheingold, Freitag, 15.04.2022, 13:13 (vor 1008 Tagen) @ Rheingold4392 Views

Historisch empfinde ich das interessant.

Es mehrten sich die Stimmen, die trotz fehlenden Geldverständnisses auf den Trichter kamen, dass irgendwas mit dem herrschenden Geldsystem nicht stimmt. Bei sinkenden Löhnen (Hartz4 war zu der Zeit noch eine kaum vorstellbare Dystopie), hohen Kreditzinsen und steigender Arbeitslosigkeit wurde nach Auswegen gesucht.

Schon bald kam eine leistungsfähige NGO um die Ecke, die all diese kritischen Geister einfing, Kongresse veranstaltete und den Begriff "Regionalgeld" prägte.

Da hatte ich schon einen gefährlichen Verdacht.

Anstatt das Wesen des Geldes zu erkennen, sich mit den Mechanismen der Geldemission zu beschäftigen und welche Kräfte dort am Wirken sind, wurde alles in die Richtung "ökologische Verantwortung", "nachhaltige Produktion", "klimaschonendes Geldsystem" gedreht.

Es ging überhaupt nicht mehr um eine Erkenntnis des herrschenden Geldsystems, sondern darum, wie schafft man weitere prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Nachbarschaft (Kuchen backen gegen Babysitten oder Rasen mähen), wie schafft man eine Verkürzung der Transportwege (Apfel vom Bauern um die Ecke statt leckerer Ananas aus Malaysia), wie schafft man Produzieren in der Nähe (mit dem Fahrrad zum Biobauern)

Gefördert wurden dann mit großem Aufwand, eurobasierende Regionalgelder, alle nach dem gleichen Prinzip.

Es wurden Vereine gegründet und gefördert, die sich dann mit schwerfälligen Regelwerken vollbeschäftigten.

Gutmenschen, meist Lehrer und Beamte, tauschten ihr Staatseinkommen bei diesem Verein gegen Gutscheine, erfüllten sich dann ihren Spießertraum der rotwangigen Marktfrau vor dem Kirchturm, der man gnädigerweise einen Apfel abkauft. Die rannte dann sofort zur Wechselstube, tauschte die Regionalzettel gegen handfeste Euro, nicht ohne hohe Gebühren abzudrücken und hatte dann wieder harte Euro in der Tasche, um selber vernünftiges Gemüse zu günstigen Preisen bei Lidl zu kaufen, man ist ja als Marktfrau nicht blöd. Verwaltet wird das dann von Gutmenschen Banken wie der GLS, gefördert von EU-Fonds, also für Verein und GLS lukrativ.

Mit Geldschöpfung oder wenigstens Geldverständnis hat es natürlich nichts zu tun, wenn man erst umständlich Euro in beispielsweise Chiemgauer wechselt, die Händler dann wieder zurücktauschen.

Federführend waren seinerzeit das Pärchen Bernard Lietaer und Margrit Kennedy, Lietaer war Führungskraft der Zentralbank Belgiens gewesen, hat als Wissender sehr wertvolle Bücher zum  okkulten Wesen des Geldes geschrieben (Schwarze Madonna Phänomen, Tempelritter usw.), sie war Architektin aus der Öko-Bauen-Ecke und bald gefragte Expertin bei Vorträgen in den Führungsetagen der Firmen für das Thema Regionalgeld.

Mit Margrit war ich sogar per Du. Dewegen hatte ich auch frank und frei angekündigt, dass mir der Dreh hin zu eurogedeckten Geldern überhaupt nicht gefällt, weil das doch die Kritik am herrschenden Geldsystem völlig ad absurdum führe, ich werde also beim anstehenden Regionalgeld Kongress für die beim Rheingold verwirklichte Eurodeckung kämpfen.

Postwendend erhielt ich eine Ausladung, sehr scharf formuliert, wenn ich nicht binnen Frist die Ausladung bestätige, werden juristische Schritte eingeleitet. Auf meine Rückfrage erhielt ich die Antwort, dass ein Gespräch nicht erwünscht sei. Ich blieb also draußen. :-)

Allerdings muß ich einräumen, dass ich von der auch medialen Lancierung eines solchen Micky-Maus-Regionalgeld auch profitiert habe. Die Presseberichte wären wahrscheinlich gar nicht so positiv gewesen, hätten die Wirtschafts-Fach-Journalisten und die Lokal-Reporter begriffen, dass ich gar keinen eurogedeckten Quatsch realisieren möchte, sondern ein dezentral von den Leistungsträgern, also von unten geschöpftes Geld.

Da ich meist im Kulturbereich tätig war, war mir auch sofort klar, dass beispielsweise eine Hörspielproduktion überregional realisiert wird, sie durch Rheingold zu stemmen, eine Überregionalität auch des Zahlungsmittels erfordert.
Auch empfinde ich es als prinzipiell gut, wenn wir arbeitsteilig wirtschaften, also die, die besonders gut Bananen anbauen können, sollen uns bitte die Bananen liefern, wir können dafür vielleicht besser Maschinen produzieren, win win für beide. Unsere Kinder können täglich effizient hergestellte Bananen essen und die Südamerikaner müssen nicht mehr hart arbeiten, weil wir effizient Maschinen bauen, die dafür sorgen, dass die Amis im Süden nicht mehr so hart arbeiten müssen. Prinzipiell geht das auch mit Rheingold.


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