Der Russe sieht alles etwas anders

eesti, Schwedt und Cranz(Ostpreußen), Freitag, 06.01.2023, 00:41 (vor 477 Tagen) @ Plancius5743 Views

Meine tastatur ist mackig, deshalb sind diverse Rechtschreibfehler unvermeidlich.

Ich bin zwar nur ab und an in Rußland, aber die örtliche Stimmung ist nicht so, wie man sie in Deutschland gerne hätte.
Putin will gerade nicht, daß die anfängliche typisch russische Angriffsweise durchgefuehrt wird.
Infanterietruppenmäßig ist Rußland unterlegen und geht seit Surowikins Ernennung in ein anderes Schema der Kriegsfuehrung ueber. Der anfängliche Versuch der Blitzkrigsstrategie ist gescheitert und nun spielt der Russe den Ermuebungskrieg ganz gut.
Die deutlich ueberlegene Russenartillerie dezimiert den Gegner nur langsam, dafuer gleichmäßig.
In der Ukraine zeigen sie als stillen Protest sehr große Gräberfelder in ukrainischen Städten und Dörfern. Das ist beeindruckend, weil jeder versteht, daß diese Gräberfelder fast in jedem ukrainischen Dorf und jeder Stadt ähnlich aussehen.
Natuerlich haben die Russen auch große Verluste, aber Rußland kam bisher mit einer teilmobilisierung aus, während in der Ukraine Mobilisierungswelle nach Mobilisierungswelle erfolgt, man macht auf den Straßen Jagd nach männlichen zivilisten, um sie als Nachschub an die Front zu schicken.
Rußland hat bisher erst die Hälfte der Mobilisierten nach trainings an die Front zum Verheizen geschickt und sieht vorerst keinen Bedarf, eine 2. teilmobilisierung zu starten, obwohl ich vermute, daß diese doch kommen wird.
Rußland hat sich auf gut zu verteidigende Stellungen, wie Höhenruecken, Fluesse.. zurueckgezogen und ließ ueber Monate Angriffswellen um Angriffswellen der Ukrainer verbluten. Jetzt sind ausreichend Ukrainer und ausländische Söldner dezimiert worden, um langsam zum Aufrollen der dezimierten Ukrainer zu beginnen.
Die Schlacht um Bachmut ist strategisch ohne große Bedeutung, aber wie dazumal Verdun zu einem Symbol verkommen. Hier zeigt sich die russische neue Strategie deutlich. Nicht ist das ziel die Einnahme der Stadt, sondern das systematische zerstören der ukrainischen Mannschaften.
Die schlimmsten Nazis kämpfen dort mit und werden sozusagen entnazifiziert.
Irgendwann sind diese typen und ausländische Söldner, vor allem Polen, alle, und Selenski wird mit weniger fanatischem Material genötigt sein, endlich Frieden zu schließen, allerdings hat dann nicht nur sein Stern den Glanz verloren, auch die ganze Politik der Eliminierung und der Vertreibung der russischsprachigen Ukrainer aus dem Land ist nicht nur gescheitert, sondern das Endergebnis ist wie damals bei Hitlers Bestrebungen ein gegenteiliges Ergebnis.
Rußland gehen die Raketen aus.
Die Realität ist wohl anders, denn inzwischen ist die Stromversorgung der Ukraine nahezu vollständig beeinträchtigt, Notstromaggregate stuetzen das System.
Rußland behält sich ausreichend Pfeile fuer ein eventuelles Eingreifen der NAtO zurueck.
Mein Eindruck ist, daß nur das verfeuert wird, was auch zeitgleich neu produziert wird. Die Lager bleiben gefuellt.
Viele, sehr viele Notstromaggregate kamen aus Westeuropa, aber die Ukrainer bemerken, daß der Name stimmt. Die Notstromaggregate sind nicht fuer den Dauerbetrieb gedacht und funktionieren nach gewisser zeit nicht mehr.
Hochhauswohnungen sind im Preis kollabiert, weil nach längerem Wasserausfall die Hochhäuser wegen verstopftem Abwassersystem unbewohnbar wurden, Einzelheiten wollen die Ukrainer nicht schreiben. Aber es muß nicht nur anstrengend dort zu wohnen, sondern auch eklig sein, wenn die Fäkalien sich den Weg durch die unteren Wohnungen in alle Richtungen suchen.
Ich vermute aber, daß die Ukrainer das Problem inzwischen angegangen sind.
In Rußland gibt es eine gewisse Fluchtbewegung junger Männer, aber insgesamt stehen die Russen hinter Putin, denn die westliche Sichtweise ist konträr zur Sichtweise der uebrigen Welt, und der Sichtweise Rußlands sowieso.
Beim letzten Rußlandbesuch sah ich am Bahnhof in meinem zweitwohnsitz Cranz kleine gruene Aufkleber mit der Aufschrift Mir, also Frieden. Die wurden aber nicht von der Obrigkeit entfernt und prangen vermutlich immer noch auf den Muellbehältern, Laternen...
In Rußland werden auch massenweise Kritiken veröffentlicht, aber die russische Diskussionskultur ist deutlich anders, als die jetzige stalinistische Propagandaeinseitigkeit deutscher Medien.
Solange keine Luegen gebracht werden, kann man in Rußland jeden und alles kritisieren und das machen die Russen auch gern, auch im staatlichen Fernsehen. Wenn es allerdings in Richtung Staatszerstörung geht, dann kennt der Russe auch keine Gnade und sperrt unliebsame Personen sehr lange ins Gefängnis, man denke nur an Chodorkowski oder Nawalniy.

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MfG
LR

Alles ist ein Windhauch.


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