Antworten zum Missverständnis

nereus, Sonntag, 01.05.2022, 11:28 (vor 698 Tagen) @ tar1736 Views

Hallo tar!

Du schreibst zu den Schuldverhältnissen:

Das ist schon korrekt, aber diese (staatslosen) Schuldverhältnisse (in Solidargemeinschaften) sind vollkommen lose und in keinster Weise nominell oder terminlich fixiert:
- intern: Versorgung der Nächsten (Kinder und Alten)
- extern: loser Handel mit Geschenken und Gegengeschenken
Es bedarf hier keines Nominals und keines konkreten Termins.

So lose, wie Du das beschreibst ist es sicher nicht, denn die Nichterfüllung zum Termin – die es sehr wohl im nicht-staatlichen Bereich gibt - kann auch hier enorme Konsequenzen zeitigen.
Die Ndrangheta läßt dazu herzlich in die Runde grüßen. [[zwinker]]
Aber ich gebe Dir recht, daß im Staatswesen, diese Dinge noch straffer organisiert sind.

Staaten gehen erst aus Abgaben (intern: Steuern, extern: Tribut) hervor. Es ist also nicht so, dass da plötzlich ein Staat ist, der Abgaben fordert, sondern es verhält sich umgekehrt.

Das habe ich ja auch nicht behauptet.

Jemand generiert (fordert per Gewalt oder überredet per religiösem Gedöns) Abgaben mittels Banden (mafiöser Strukturen), aus denen (im gegenseitigen Wettbewerb, d.h. Kämpfe und Kriege) staatliche Gebilde hervorgehen, die dann per zentralisierter Gewalt ihr jeweiliges Abgabengebiet verteidigen.

Ja, aber das ist weder neu noch werde ich gegen diese These anstinken.
Nur leitet sich daraus noch lange nicht alle andere Wirtschaftstätigkeit ab.
Der Staat hat sich nur zum Oberhäuptling erklärt, aber er ist niemals die Grundursache für Wirtschaftstätigkeit, wie schon Subsidenzwirtschaft und Schwarzmärkte hinlänglich bewiesen haben.

Es ist jedoch ein grundlegender Unterschied, ob man das Wirtschaften an sich aus der Staatsexistenz heraus erklärt oder ob man die schon vorhandenen Aktivitäten, die sich der Staat unterwarf, als gegeben voraussetzt.
Weil das wiederum bedeutet, daß es ohne Staat überhaupt kein Wirtschaften gäbe.

Es ist letztlich dasselbe, da der ganze Zweck von Abgabenforderungen die Vermögensumverteilung ist, die mit einer Verschlechterung der Münzprägung ebenso vorangetrieben wird. Wenn heute die ZB wild Schrott ankaufen oder "Kurse stützen", ist das nichts anderes: eine Verschlechterung der Währungsbesicherung.

Ja eben, da sehe ich genauso wie Du.
Aber das war nicht der Punkt.
Und daher zitiere ich nochmals die Aussage von @dottore:

Der Wert des Metallgeldes ist also nicht irgendein 'innerer Wert', sondern er ergibt sich daraus, ob jemand das abgeforderte Metall zum Abgabentermin hat oder nicht - und dann entsprechend bestraft wird."

Der innere Wert ist schon deshalb BEWIESEN, weil sonst eine Münzverschlechterung von den Machthabern überhaupt nicht erwogen worden wäre.
Wenn das Geld ohnehin einen solchen inneren Wert nicht besessen hätte, hätte man sich den ganzen Aufwand des Ein- und Umschmelzens sparen können.
Hat man aber nicht.
Und das hatte einen Grund und das verweist zwangsläufig auf einen inneren Wert. [[top]]

Du übersiehst, dass Nutzwerte nicht mit Vermögenswerten gleichzusetzen sind.
Der Nutzwert von Gold ist übrigens dürftig.

Nein, ich übersehe da nichts.

Ich gebe Dir erst einmal recht beim Unterschied zwischen Vermögens- und Nutzwert.
Aber sie bedingen oftmals einander, wie das Beispiel Wasser zeigt.
Aktuell die Badewanne erst vollaufen und dann wieder ablaufen lassen, interessiert in Deutschland keinen Menschen.
In der Wüste – kurz vor dem Verdursten – ändert sich das schlagartig.
Die Dinge sind also nicht in Stein gemeißelt, sondern ändern ihre Bedeutung (sprich: Wert) permanent.

Gold ist auch ein Industriemetall, daher müssen wir über dessen Nutzwert-Dürftigkeit nicht diskutieren.
Die Einen sagen so und die Anderen sagen so. [[zwinker]]

Der Vermögenswert ist allerdings kaum in Zweifel zu ziehen.
Die Geschichte des Geldes ist der beste Beweis.

(Grenz)Nutzenwerttheorien gehen ebenso wie Arbeitswerttheorien vollkommen am Thema vorbei.

Vollkommen ist mir zu extrem, aber ganz falsch ist es auch nicht.

Die Machttheorie des Wertes hingegen besagt:
Die Struktur der Preise hat wenig mit der sogenannten "materiellen" Sphäre von Produktion und Konsum zu tun.
Die Quantifizierung der Macht in den Preisen ist nicht die Folge äußerer Gesetze - ob natürlicher oder historischer Art -, sondern liegt ganz im Inneren der Gesellschaft.
Im Kapitalismus ist die Macht das herrschende Prinzip, das in der zentralen Stellung des Privateigentums begründet ist.
Privateigentum ist einzig und allein ein Akt des institutionalisierten Ausschlusses, und institutionalisierter Ausschluss ist eine Frage der organisierten Macht.
Und da die Macht, die hinter dem Privateigentum steht, sich in den Preisen niederschlägt, so argumentieren Nitzan und Bichler, ist eine Machttheorie des Wertes notwendig.

Meinetwegen.

Ihre Argumentation stößt jedoch auf ein Kausalitätsdilemma:
Macht basiert auf der Fähigkeit von Unternehmen, Monopolpreise festzulegen, doch die Fähigkeit, Preise festzulegen, setzt voraus, dass die Unternehmen ein gewisses Maß an Macht auf dem Markt besitzen. (*)

Die Verquickung von Staat und Wirtschaft, die ein Mann wie Roland Baader scharf kritisierte.
Erst der Stamokap - siehe Lenin - machte Monopole, wie wir sie heute sehen, möglich.

Nur was erklärt sich jetzt daraus im Zusammenhang mit der von @Ostfriese angestoßenen Diskussion?

In ihrer Theorie ist die Kapitalisierung ein Maß für die Macht, wie sie durch den gegenwärtigen diskontierten Wert der künftigen Erträge (unter Berücksichtigung von Hype und Risiko) verdeutlicht wird.

Klingt auch nicht ganz übel.

Diese Formel ist grundlegend für das Finanzwesen, das die übergreifende Logik des Kapitalismus darstellt.
Die Logik ist auch von Natur aus differenziert, da jeder Kapitalist danach strebt, höhere Gewinne als seine Konkurrenten zu erzielen (aber nicht die Gewinnmaximierung).

Ach was.
Eine Gewinnmaximierung wird ausgeschlossen oder vernachlässigt?
Sind sich da die Autoren ganz sicher [[hae]]

Nitzan und Bichler bezeichnen diesen Prozess als differentielle Akkumulation.
Um eine Machttheorie des Wertes zu haben, muss es eine differenzielle Akkumulation geben, bei der die Wachstumsrate des Kapitals einiger Eigentümer schneller ist als die durchschnittliche Kapitalisierungsrate.

Das ist ja alles schön geschrieben oder zitiert, aber was soll uns das jetzt sagen?
Daher kehre ich nochmals zum Anfang zurück.

Ich schrieb: Und ein letztes Wort noch zur geplanten Währungsbasis der BRICS-Staaten. Der Heizwert von Öl oder Gas – der diesen inneren Wert repräsentiert - hat nichts mit Abgaben zu tun.
Er ist auch so präsent, egal ob gerade die amtierende Regierung gestürzt wird und sich eine Währungsreform – sprich: Staatsbankrott – ankündigt.

Über die schwankenden Werte und Preise – je nach Umgebungsbedingungen – müssen wir nicht reden.
Aber bei Rohstoffen und Edelmetallen haben wir einen grundsätzlichen Wert, der sich schon aus der Urschuld- und Kontraktschuldbegleichung ergibt.

Bei der Machttheorie haben wir einen proklamierten Wert, der sich auf irgendwie geartete Machtkonstrukte beruft, welche ich auch nicht grundsätzlich in Abrede stellen will, wie z.B. die Macht des Mündungsfeuers.
Uncle Sam hat dies aller bestens und weltweit in den letzten Jahrzehnten vorgeführt.

Nur, fährt diese Macht in die Grube – aus welchen Gründen auch immer – verschwindet automatisch auch die sogenannte Macht-Wert-Theorie.
Der Heizwert von Öl und Gas ist aber geblieben.
Und zum Gold hat NST ein paar schöne Sätze aus der erlebten Praxis geschrieben.
Solche Indizienketten sind mir erheblich lieber, als reine Bücherwurm-Theorien.
Ich erinnere nur an die sagenhafte Ugz-Mugz-Debatte von @Kurt zur Enstehung des Geldes.[[freude]]

Die Ausrede mancher Debitisten (ich weiß nicht, wie Du das siehst) via Goldverbot ist nun der allerbeste Beweis, daß das mit dem Gold funktioniert.
Andernfalls müßte es man ja nicht verbieten.

Die Macht VERBIETET quasi die Wertschätzung - das ist dann Honecker und Mittag zum Quadrat.
Geht es eigentlich noch schräger? [[lach]]

mfG
nereus


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