Missverständnis des Debitismus'

tar ⌂, Gehinnom, Sonntag, 01.05.2022, 03:20 (vor 725 Tagen) @ nereus1849 Views

Übrigens, mir schwant gerade am Gedanken-Horizont, wo vermutlich das große Mißverständnis des Debitismus liegt.

Die Schuldgeld-Theorie ist unbestritten – die paßt.
Was nicht paßt, ist die daraus abgeleitete Abgaben-Ideologie.

Schuldverhältnisse entstehen überall dort, wo Menschen zusammen kommen, sie werden getroffen und lösen sich im Idealfall später wieder auf.
Dazu braucht es keinen Staat.

Das ist schon korrekt, aber diese (staatslosen) Schuldverhältnisse (in Solidargemeinschaften) sind vollkommen lose und in keinster Weise nominell oder terminlich fixiert:
- intern: Versorgung der Nächsten (Kinder und Alten)
- extern: loser Handel mit Geschenken und Gegengeschenken

Es bedarf hier keines Nominals und keines konkreten Termins.

Was der Staat jedoch macht ist dieses:
Er legt fest in welcher Form diese Schuldverhältnisse zu leisten/bedienen sind, nämlich in der Währung, die er für gültig erklärt.
Damit sichert er auch die konstante Erbringung der Abgaben in standardisierter Form.
Er kann überhaupt nur existieren wegen des Anspruchs auf Steuern.

Staaten gehen erst aus Abgaben (intern: Steuern, extern: Tribut) hervor. Es ist also nicht so, dass da plötzlich ein Staat ist, der Abgaben fordert, sondern es verhält sich umgekehrt. Jemand generiert (fordert per Gewalt oder überredet per religiösem Gedöns) Abgaben mittels Banden (mafiöser Strukturen), aus denen (im gegenseitigen Wettbewerb, d.h. Kämpfe und Kriege) staatliche Gebilde hervorgehen, die dann per zentralisierter Gewalt ihr jeweiliges Abgabengebiet verteidigen.

Wenn also @dottore tatsächlich geschrieben hat: Der Wert des Metallgeldes ist also nicht irgendein 'innerer Wert', sondern er ergibt sich daraus, ob jemand das abgeforderte Metall zum Abgabentermin hat oder nicht - und dann entsprechend bestraft wird."

Das ist lächerlich!
Und das so etwas einem Geld-Historiker passiert .. nun ja. [[hae]]

Es stimmt schon deshalb nicht, weil es gerade in der Vergangenheit x-mal den Fall der Münzverschlechterung gab, in dem man dem ursprünglichen reinen Gold und Silber andere Metalle beimischte.
Das hätte man nicht tun müssen, wenn man im Gegensatz dazu die Steuern erhöht hätte.

Es ist letztlich dasselbe, da der ganze Zweck von Abgabenforderungen die Vermögensumverteilung ist, die mit einer Verschlechterung der Münzprägung ebenso vorangetrieben wird. Wenn heute die ZB wild Schrott ankaufen oder "Kurse stützen", ist das nichts anderes: eine Verschlechterung der Währungsbesicherung.

Und ein letztes Wort noch zur geplanten Währungsbasis der BRICS-Staaten.

Der Heizwert von Öl oder Gas – der diesen inneren Wert repräsentiert - hat nichts mit Abgaben zu tun.
Er ist auch so präsent, egal ob gerade die amtierende Regierung gestürzt wird und sich eine Währungsreform – sprich: Staatsbankrott – ankündigt.

Du übersiehst, dass Nutzwerte nicht mit Vermögenswerten gleichzusetzen sind. Der Nutzwert von Gold ist übrigens dürftig.

(Grenz)Nutzenwerttheorien gehen ebenso wie Arbeitswerttheorien vollkommen am Thema vorbei. Die Machttheorie des Wertes hingegen besagt:

Die Struktur der Preise hat wenig mit der sogenannten "materiellen" Sphäre von Produktion und Konsum zu tun. Die Quantifizierung der Macht in den Preisen ist nicht die Folge äußerer Gesetze - ob natürlicher oder historischer Art -, sondern liegt ganz im Inneren der Gesellschaft.

Im Kapitalismus ist die Macht das herrschende Prinzip, das in der zentralen Stellung des Privateigentums begründet ist. Privateigentum ist einzig und allein ein Akt des institutionalisierten Ausschlusses, und institutionalisierter Ausschluss ist eine Frage der organisierten Macht. Und da die Macht, die hinter dem Privateigentum steht, sich in den Preisen niederschlägt, so argumentieren Nitzan und Bichler, ist eine Machttheorie des Wertes notwendig. Ihre Argumentation stößt jedoch auf ein Kausalitätsdilemma: Macht basiert auf der Fähigkeit von Unternehmen, Monopolpreise festzulegen, doch die Fähigkeit, Preise festzulegen, setzt voraus, dass die Unternehmen ein gewisses Maß an Macht auf dem Markt besitzen. (*)

In ihrer Theorie ist die Kapitalisierung ein Maß für die Macht, wie sie durch den gegenwärtigen diskontierten Wert der künftigen Erträge (unter Berücksichtigung von Hype und Risiko) verdeutlicht wird. Diese Formel ist grundlegend für das Finanzwesen, das die übergreifende Logik des Kapitalismus darstellt. Die Logik ist auch von Natur aus differenziert, da jeder Kapitalist danach strebt, höhere Gewinne als seine Konkurrenten zu erzielen (aber nicht die Gewinnmaximierung). Nitzan und Bichler bezeichnen diesen Prozess als differentielle Akkumulation. Um eine Machttheorie des Wertes zu haben, muss es eine differenzielle Akkumulation geben, bei der die Wachstumsrate des Kapitals einiger Eigentümer schneller ist als die durchschnittliche Kapitalisierungsrate.

(*) Anmerkung: ersetze hier "Unternehmen" mit "staatlicher Struktur" und das Kausalitätsdilemma löst sich in Luft auf.

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Gruß!™

Time is the school in which we learn,
Time is the fire in which we burn.


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