Hans Peter Dürr
Hallo,
ich mag Hans Peter Dürr sehr, aber wie Du allerdings nicht ernsthaft sagst, ist es immer eine Sache der Betrachtungsseite, was man meint, verstehen zu können.Und auch das ist nie ein Zufall.
Für mich spricht er nicht von objektiven Zufällen, sondern letztlich immer nur von Ursachen und Wirkungen. Dies bis ins große Ganze, was dann dogmatische Anflüge zu nichte macht, die Welt größer und klein klein Denken in Zufälligkeiten abstürzen lässt.Dies liegt lediglich daran, was man meint, verstehen zu können.
„Hans-Peter Dürr: Revolutionär an der Quantenphysik war, dass man
festgestellt hat, dass der Mikrokosmos, also das Geschehen im
atomaren Bereich, nicht einfach ein verkleinertes Abbild der
Welt ist, die wir mit bloßem Auge sehen können und in der wir
uns zurechtfinden
Wenn man Materie auseinandernimmt, findet man nicht, wie bis
dahin angenommen, immer kleinere Materieteilchen, die
Eigenschaften haben wie ein kleines Sandkorn. Statt dessen hat
man festgestellt, dass Atome in diesem Sinne keine Teilchen
mehr sind. Die ersten Atommodelle beruhten auf der Annahme,
Atome wären vergleichbar mit kleinen Planetensystemen. Dann
hat man aber festgestellt, dass die Teile der Atome, die Elek-
tronen und die Atomkerne, völlig andere Eigenschaften haben,
dass sie eigentlich nicht mehr materiell sind. Man fand so etwas
wie ein Feld, das die Eigenschaft hatte, immer wieder zu gerin-
nen und das zu erzeugen, was man Teilchen nennt. Deshalb
brauchte man nun eine ganz andere Beschreibungsweise. Am
Grunde der Wirklichkeit ist in dieser Betrachtung nicht die
Materie, sondern nur ein Feld, das aber nicht materiell ist, son-
dern eine Art Potential darstellt. Ein Potential, das die Fähigkeit
hat, sich zu materialisieren. Dieses Feld ist nur ein einziges
Feld, aus dem das ganze Universum besteht. Von einem Augen-
blick zum anderen baut es ein Potential aus, und in diesem näch-
sten Augenblick hat sich die Welt wieder neu ereignet, aber
nicht total neu, sondern beeinflusst von der Welt, wie sie vorher
war. Einige träge Phänomene werden in diesem Neuschöp-
fungsakt wieder das, was sie auch vorher schon waren, nämlich
Teilchen. Aber was in Zukunft an einer Stelle passiert, ist prin-
zipiell offen.
Die alte Vorstellung war, dass die Welt aus diesen kleinsten unver-
änderlichen Teilchen besteht. Man glaubte, die Atome blieben
immer mit sich selbst identisch. Nach dem Motto »Ein Elektron
ist ein Elektron, und ein Elektron ist ein Elektron, das sich
bewegt«. Was im nächsten Moment passiert, ist aber gar nicht
eindeutig festgelegt, weil es aus dem Zusammenspiel von allem
entsteht, was es gibt. Man kann lediglich eine gewisse Wahr-
scheinlichkeit angeben, mit der diese »Gerinnung«, diese
Materialisierung passiert. Einstein hat das immer mit dem Bild
des Würfelns verglichen und vertrat die Meinung »Gott würfelt
nicht« - wörtlich sagte er übrigens: »Der Alte würfelt nicht.«
Aber es ist eigentlich nicht ein Würfeln, denn Würfeln ist ein
Glücksspiel. Was hier abläuft, ist vielmehr ein Zusammenspiel
von allem, was das Universum eigentlich ausmacht. Und deshalb
kommt man in der Quantenmechanik zu der Vorstellung, dass die
Welt eigentlich immer ein Ganzes ist. Sie lässt sich gar nicht auf-
fassen, als ob sie aus Teilen besteht. Die Welt ist etwas Un-
geteiltes, etwas, was nicht auftrennbar ist. Für die Quanten-
mechanik stellt sich deshalb auch nicht die Frage, wie es kommt,
dass viele Teilchen in Wechselwirkungen miteinander Systeme
bilden, die sich dann zu höheren Strukturen entwickeln, sondern
eigentlich umgekehrt: Wir haben etwas Ganzes, was sich immer
mehr ausdifferenziert und so etwas wie Unterstrukturen erzeugt,
die dann hinterher so aussehen, als wären es Teilchen. Das ist
eine ganz andere Betrachtungsweise. Es geht nicht um das Zu-
sammenspiel von Getrenntem, sondern um eine im Laufe der
Zeit sich entwickelnde Differenzierung.
Was der Theologe »Atem Gottes« nennt, ergänzt sich im Prinzip
mit einer Grundstruktur, die auch in der naturwissenschaftlichen
Beschreibung auftritt. Für die Quantenphysik gibt es eine imma-
terielle Grundstruktur. Meiner Auffassung nach gibt es das
Immaterielle in der Gegensetzung zum Materiellen gar nicht.
Denn alles ist sozusagen »Atem Gottes«. Man könnte das
Materielle so beschreiben, dass Teile dieses Atems anfangen zu
erstarren und so das Unbelebte bilden. Aber das Wesentliche ist
immer das, was »Atem« genannt wird.“
Grüße