Schön, endlich mal wieder eine Debitismusdiskussion hier im Gelben!
Hallo Bergamr,
Du hast Ostfriese angesprochen, aber ich will mitmischen .
>>Es gibt daher auch keine unschuldigen Kinder. Sowie ein neuer Mensch die Bühne des Lebens betritt, ist ein weiteres Ur-Soll in der Welt.<<und
>>Bezogen auf die Urschuld (das Ur-Soll) gibt es ein Ursache-Folge-Prinzip: Nicht mehr essen = physisch zu Grund gehen.<<
Das ist richtig. Allerdings mit dem wichtigen Unterschied, dass Pflanzen nahezu keine Möglichkeit haben, etwas an ihrer Lage zu ändern, und ihr jeweiliges Gedeihen oder Vergehen kausaler Notwendigkeit folgt.
Tiere dagegen verfügen überwiegend zumindest über die Fähigkeit der Fortbewegung, wodurch sie in der Lage sind, aktiv Anstrengungen zur Bedienung ihrer Urschuld zu unternehmen.
Daraus folgt, daß es auch keine unschuldige (ur-sollige) Natur gibt. Daraus folgt, daß Natur (=Tiere und Pflanzen) ebenfalls debitistisch einer Urschuld unterliegen. Wenn diese beiden Schlußfolgerungen korrekt sind, wieso 'wirtschaften' dann Tiere und Pflanzen nicht in ebensolcher Weise wie Menschen?
Was den Menschen aber von Pflanze und Tier unterscheidet, ist die Tatsache, dass er sich seiner Urschuld bewusst ist. Er weiß um seinen drohenden Untergang, sollte er seine Urschuld nicht bedienen können. Daher ist der Mensch auf der Erde auch die einzige Lebensform, die wirtschaftet.
Die Bewusstwerdung der Zeit und der eigenen Endlichkeit ist genau das, was die Bibel mit dem Bild von der Vertreibung aus dem Paradies umschreibt, in damaliger Ermangelung abstrakterer Konzepte.
Und, um zu meiner eigentlichen Ausgangsfrage zu kommen, wieso ist Zwang und Gewalt (fast) nur bei den menschlichen Lebewesen so ausgeprägt?
Nicht falsch verstehen, ich setze mich nur mit der Frage auseinander, wieso andere Lebewesen nicht auf den gleichen Gedanken kommen, daß mit robustem Einsatz nicht noch mehr eigensinnige Vorteile auf dieser Welt zu ergattern sind. Wieso nur der Mensch?
Woher kommt Zwang und Gewalt?
Meine Theorie (vorläufig):
Zwang und Gewalt folgen aus der Notwendigkeit zum Wirtschaften.
Zu Beginn der menschlichen Zivilisationsentwicklung war die Urschuld, das göttliche Gesetz, nur wenigen Erleuchteten bekannt. Die Mehrheit der Menschen beschaffte sich gerade so viel Nahrung, wie sie essen konnte, und legte sich dann auf die faule Haut. So machen es die meisten Tiere auch: wenn sie ihre Urschuld für den Moment bedient haben, sparen sie Energie, um möglichst lange damit auszukommen.
Die Häuptlinge / Schamanen aber, die das Geheimnis der Urschuld erkannt hatten, sahen es als ihre Pflicht an, die Erfüllung der Urschuld auch für die ZUKUNFT sicherzustellen.
Wie aber macht man das den Stammesgenossen begreiflich, die nicht über diesen seltsamen intellektuellen Defekt verfügen, sich um die Zukunft Sorgen zu machen?
Man erzählt ihnen Geschichten vom großen Geist, der milde gestimmt werden muss, damit man nicht furchtbare Katastrophen zu erleiden hat. Und das geht nur durch Opfer! Damit zwingt er die anderen dazu einen Überschuss zu erwirtschaften, der dann als Rücklage für schlechte Zeiten dient, mit dem netten Nebeneffekt, dass er selbst seine Urschuld aus diesem Überschuss bedienen kann und selbst von der Nahrungsbeschaffung befreit ist. Wenig später teilt er dieses Privileg mit Tempeldienern, die ihm beim Eintreiben des Opferzolls behilflich sind und Abweichler bestrafen.
Der erste Staat ist entstanden!
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Konstruktion keineswegs nur für die Elite Vorteile hatte: Die Vorräte des Tempels sicherten das Überleben des Stammes in Krisenzeiten. Das war ein so dramatischer Vorteil, dass das Staatswesen sich über die gesamte Menschheit ausgedehnt hat. Der gewaltsame Zwang zum Wirtschaften brachte die Erlösung von Hunger und Not für alle Stammesmitglieder.
Gruß
Bergamr
Beste Grüße,
Naclador
PS: Hier sieht man auch direkt die Notwendigkeit der Verschuldung uzur Vorfinanzierung des Staates: Der Priester muss den Tempeldienern einen Anteil an der Beute versprechen, damit sie für ihn die Opfersteuer eintreiben. Das ist der erste Schuldkontrakt des neu geborenen Staates.
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"Nur die Lüge benötigt die Stütze der Staatsgewalt. Die Wahrheit steht von alleine aufrecht."
Thomas Jefferson