Wenn man zurechtgestutzt wird, tut das weh

Miesepeter, Sonntag, 21.11.2021, 21:56 (vor 858 Tagen) @ Weiner2232 Views
bearbeitet von Miesepeter, Sonntag, 21.11.2021, 22:41

Hallo Weiner,

vielen Dank für Deine Anregungen, die ich immer gerne lese.


Erst wenn die Masse, weil man sie vielleicht zu hart anfasst, mal widerständig wird, dann erst muss sich die ELITE neue Gedanken über die Pflege der Ackerfrüchte machen. Wenn dann ein paar Pflanzen dabei sind, die plötzlich Stacheln bekommen und distelig werden, dann wird man dieses Unkraut sehr schnell ausreissen. Von Feindschaft ist in diesem Stadium noch lange nicht die Rede. Eher von Verachtung und Ärger. Die ELITE ist absolut überlegen. Die einzigen Feindschaften, die sie kennt, spielen sich innerhalb der ELITE ab.

Feindschaft (zwischen Bauer und Ackerfrucht) wird erst dann relevant, wenn jemand einen direkten Angriff auf die ELITE fahren würde.

Nachvollziehbar, eine Feindschaft der Elite gegen das Bürgertum kann also erst aufkommen, wenn dieses sich der Art seiner Bewirtschaftung massiv widersetzt und beginnt, erfolgreich politisch zu agieren, d.h. ebenfalls erfolgreich politische Machtmittel anzuwenden. Das ist nirgendwo erkennbar. Das würde dann auch voraussetzen, dass zumindest die Bürger bereits vorher die Eliten als ihre Feinde (an)erkennen, wenn auch die umgekehrte Würdigung dem Bürger vielleicht nicht gewahr wird. Die meisten Bürger sehen aber die Eliten nicht als ihre Feinde, sondern eher als philantrophisch interessierte, irgendwie schon konstruktiv am Wohle des Biotops orientierte schemenhafte Überväter, wenn auch mit zu hohem Einfluss. Damit liegen sie auch nicht ganz falsch, denn selbstverständlich sind die Eigentümer an der Pflege und dem Erhalt ihres Biotops interessiert, wenn auch nicht am Wohlergehen jeder einzelnen Kulturpflanze oder gar des Unkrauts.

Der Hintergrund des Ganzen ist m.E., dass sich die Lage im Biotop in den letzten 30 Jahren derart verändert hat, dass ein paar Eingriffe in den Anbau durchaus notwendig erscheinen. Es gibt sicherlich genug Ressourcen auf dem Planeten, um 500 Mio Menschen ein komfortables Leben mit ausreichend Energiesklaven zu ermöglichen, vielleicht auch 1 Mrd, aber es können nicht 5 Mrd Menschen mit einem Verbrauchsstandard, wie er im Westen üblich ist/war, über längere Zeit versorgt werden, ohne dass die Ressourcengrenzen überschritten werden. Gleichzeitig hat sich aber die Zahl der gut ausgebildeten Leistungsfähigen und Produktiven stark erhöht, insbesondere durch deren Zuwachs in China, Indien und noch ein paar Gebieten, die vor 30 Jahren noch völlig wildwüchsig waren. Das Interesse der Farmer muss es daher sein, die 500-1000 Millionen nachhaltig zur Verfügung stehenden hohen Kalorienressourcen gezielt den produktivsten Nutzpflanzen zukommen zu lassen. Die können nicht mehr mit der Gießkanne nur im westlichen Garten verteilt werden. Im westlichen Garten muss die Ressourcenzufuhr entsprechend stark zurückgeführt werden, irgendwo um 50-75%, weil diese Ressourcen woanders einfach besser eingesetzt werden können. Das bedeutet, dass im westlichen Garten vieles, was früher noch als mitlaufendes niedrigertragreiches Beigewächs galt, in der Hierarchie herabgestuft ist und versuchen muss, mit erheblich niedrigerer Ressourcenzufuhr sein Dasein zu fristen, wenn überhaupt. Die Umprogrammierungen des Bewässerungssystems sind nun in Arbeit und machen sich inzwischen auch bemerkbar.

Wenn eine solche Pflanze nun nachweisen könnte, dass der Phosphorgehalt in der neuen Nährflüssigkeit nicht der vom Bauern angegebenen Menge entspricht, so wird das erwartbar wenig Einfluss auf den Betrieb haben, selbst wenn daraufhin 20% der Pflanzen beschliessen sollten, dann lieber ganz zu verwelken.

"Der Feind ist unsere eigene Frage als Gestalt" kommentiert nun O. Was sollen denn die Eigentümer machen, sie haben nicht genug wertvolle Dünger und Ressourcen für alle und jeden. Sollen sie weiterhin nur in einem Garten ordentlich düngen und die anderen Gebiete mit ihren leistungsstarken Sorten brachliegen lassen? Welcher Gärtner würde das tun? Sollen sie allen Pflanzen gleich wenig geben? Sollen sie gar den Bock zum Gärtner machen?

Die Antwort gibt sich von selbst, nichts daran ist kategorisch neu oder einzigartig. Das Klagen ist halt gross, wenn man erkennt, dass man diesmal selbst der Indianer ist, und von den eigenen Häuptlingen geopfert wird. Bloss: hätte man es als Gärtner denn anders gemacht?

Gesamtgesellschaftlich ist die Aufgabe für Europäer gegeben: lernt mit 50%-75% weniger zu leben. Vielleicht werden die Anpassungsmethoden erträglicher, nachdem die ersten 2 Phasen der Trauer überstanden sind....

Und der Job, uns auf diesem Weg zu leiten, beizustehen, gut zuzureden, aufzumuntern, zu mehr Ertrag anzustacheln und auch mal anzupieksen - den haben die Community-Manager, deren gute Arbeit dann mit Medallien und kleineren Latifundien belohnt wird.


Für diejenigen, die hier weiter nachdenken wollen, darf ich zwei historische Beispiele bringen. In den 1940er Jahren gab es einen, der mit massiver Waffengewalt den Angloamerikanern die Macht nehmen wollte. Und es gab einen, fast gleichzeitig, der einer Fraktion der Angloamerikaner ihr fettestes Pfund wegnehmen wollte. Der erste war nicht erfolgreich, der zweite hat tatsächlich gewonnen. Aus dem Rückblick von heute betrachtet, waren jedoch beide Versuche letztlich vergebens.

Das war, für das Gelbe Forum, das Rätsel der Woche -

Den Ersten erkennt wohl jeder hier, aber wer mag den Anglos ihr fettestes Pfund weggenommen haben? Was ist dieses Pfund? Die Herrschaft über die Weltmeere, die Bereitschaft zu enormen Militärausgaben und die Weltreservewährung haben sie ja behalten...

Gruss,
mp


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