Viel Spekulatius und Verzerrungen in deinem Beitrag ..

Beo2, NRW Witten, Donnerstag, 06.05.2021, 15:08 (vor 1057 Tagen) @ Miesepeter2034 Views

Wo sich Seßhaftigkeit, Landwirtschaft und Vorratshaltung ausbilden, entsteht gleichzeitig Eigentum und die Notwendigkeit, dieses Eigentum zu verteidigen.

Nein, nicht notwendigerweise "gleichzeitig". Eigentum ist ein Rechtsbegriff und muss beurkundet werden. Anfangs gab es nur "Besitz". Eigentum gab es erst viel später, lange nach der Entstehung von Seßhaftigkeit, Landwirtschaft und Vorratshaltung .. erst nach der Entstehung von Stadtstaaten (Königreichen) und bei allgemeiner Benutzung der Schrift.

Selbst heutzutage, nach 10.000 Jahren Kulturgeschichte, gibt es noch immer Konflikte zwischen nomadisierenden Kulturen und sesshaften Kulturen um das von den sesshaften Kulturen erwirtschaftete Produkt. Es ist also nicht davon auszugehen, dass während der neolithischen Revolutionsphase plötzlich auf einen Schlag alle Nomaden sesshaft wurden.

Davon geht auch Niemand aus.

Diejenigen, die Landwirtschaft betrieben, mussten folglich lernen, ihr Produkt zu verteidigen, gegen Nomaden, die auch gerne ernten wollten, was die Sesshaften gesät haben.

Ja, durchaus .. jedoch nicht nur "gegen Nomaden", sondern auch gegenüber benachbarten seßhaften Stämmen, die vielleicht gerade Hunger litten (z.B. wegen einer Viehsäuche, Schädlingsbefall etc.). Es konnte sicher auch andere Gründe zum Streit geben.

Mit der Sesshaftwerdung einher geht also der Zwang zum Aufbau einer Verteidigungswirtschaft. Waffen müssen hergestellt werden, ...

Nein, es muss nicht gleich "Verteidigungswirtschaft" sein .. es reicht erst einmal Waffenherstellung für den persönlichen und gemeinschaftlichen Bedarf in der Dorfgemeinschaft.

... Kämpfer müssen ausgebildet werden, schnell werden sich entsprechende Spezialiserungen herausbilden.

Jeder gesunder Mann war zunächst ein Kämpfer, wenn Bedarf daran entstand. Die besten "Kämpfer" im Dorf bildeten die übrigen Männer und Jungen aus. Eine Berufsarme/-soldatentum entstand erst viel viel später .. in den Stadtstaaten (Königreichen).

Diese Dinge müssen unterhalten ("finanziert") werden, schon ist die erste "Steuer" entstanden. Kommt noch Befestigungsbau hinzu, benötigt es bereits tiefgehende Spezialisierung, und selbstverständlich ein Zwang an alle Mitglieder des sesshaften Clans, zum Unterhalt dieser Strukturen beizutragen. Dies geschieht zwangsläufig bereits in Phase 1, nicht erst in Phase 5.

Nein, den gemeinsamen Bau von Wällen, Gräben und Palisadenzäunen um die Dörfer herum gab es lange vor den ersten Steuerabgaben und Königreichen.

Ebenso wird es sich mit der Sklaverei verhalten. Wenn ein Nomadenstamm die Produkte eines sesshaften Stamms aberntet und sich nicht durch gutes Zureden vertreiben lässt, wird es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kommen.

Es gab nicht nur Nomadenstämme, die kriegerisch waren .. auch später nicht. Auch seßhafte Stämme überfielen in Notzeiten ihre Nachbarn (z.B. bei Missernte, beim Streit ums Weideland, Viehdiebstahl etc.). Zumal Nomadengruppen kaum eine Werkstatt (inklusive Material) mitschleppten, um sich darin unterwegs bessere Waffen herzustellen, als die Seßhaften besaßen.

Es gibt nicht den geringsten Grund anzunehmen, dass in einer Zeit, in der es zu Beginn unzweifelhaft mehr Nomaden als Sesshafte gegeben haben muss (Übergang Phase 0 zu Phase 1), in allen Konflikten es immer zu einem Sieg der Sesshaften kam, und diese dann auch noch davon absahen, zb Frauen als Beute zu übernehmen (was zb bei den weitgehend nomadischen Ureinwohnern des amerikanischen Kontinents noch im 19. Jh absolut Usus war).

Das nimmt auch Niemand an. Später nahmen kriegerische Stadtstaaten auch gesunde Männer mit, die sich ergaben, um diese daheim auf dem eigenen Acker als Sklaven einzusetzen oder sie auf inländischen und fernen Sklavenmärkten zu verkaufen.

Auch die Tatsache, dass die Sesshaften zu immer gewaltigeren Anstrengungen zur Verteidigung des usurpierten Eigentums gezwungen waren ("Befestigungsbau") lässt darauf schliessen, dass sie keineswegs in jedem Konflikt als Sieger vom Schlachtfeld gingen, ...

Das nimmt auch Niemand an.

... und auch für eine "Schenkungswirtschaft" braucht man nicht wirklich Befestigungsanlagen.

Richtig .. sie stehen dem aber auch nicht im Wege. Gegenseitig geschenkt wurde ja zunächst nur innerhalb der eigenen Gemeinschaft, erst recht nach bereits etablierter (partieller) Arbeitsteilung. Der Dorfschmied z.B. verschenkte von ihm hergestelltes Werkzeug und bekam dafür von dem Beschenkten Lebensmittel oder (hölzernes) Hausrat. Auch für die Pflege gut nachbarschaftlicher Beziehungen mit den Nachbarstämmen waren gegenseitige Geschenke und Frauentausch gewiss sinnvoll.

Hätte man stattdessen nicht besser das Produkt an die Nomaden verschenkt und sich an ihrem Lachen erfreut, zumal man ja doch "partielle Überproduktion" zu verschenken hatte?[[lach]]

Und was glaubst Du jetzt, mit deinem wortreichen Spekulatius unumstößlich bewiesen oder widerlegt zu haben?

Mit Gruß, Beo2


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