Ja, Du hast recht, meine Texte sind meist sehr lang

helmut-1, Siebenbürgen, Samstag, 20.03.2021, 07:41 (vor 1126 Tagen) @ Inventor2992 Views

Ich versuche, dadurch zu vermeiden, dass ich missverstanden werde. Deshalb habe ich auch die Details so genau geschildert. Trotzdem argumentierst Du von einer andere Ecke aus, - zumindest kommt es mir so vor.

Ich wills nochmal unterstreichen:

Der Bürgermeister weiß, was er zu tun hat, um nicht angesteckt zu werden, auch seine Familie. Er schnüffelt. Impfen kommt für ihn nicht in Frage.

Der Dorfarzt weiß, was er zu tun hat, um nicht angesteckt zu werden, auch seine Familie. Er hat mir nicht gesagt, was er präventiv nimmt. Hier in Rumänien wird gerne ein Mittel angewandt, das aus der Veterinärmedizin kommt, - hab den Namen im Moment nicht greifbar. Impfen kommt für ihn nicht in Frage.

Beide tragen in den geschlossenen Räumen, auch im Umgang mit ihren Mitarbeitern keine Masken. Sie setzen sie nur auf, wenn Fremde dazukommen, die sie nicht kennen, - um nicht deswegen kritisiert werden zu können.

Nochmal: Die beiden maßgeblichen Leute in dem Dorf wissen, was sie zu tun und zu lassen haben, damit sie und ihre Familien geschützt sind. Ohne Masken, ohne Impfung.

Aber es geht um die Leute, die ihnen anvertraut wurden, das Plebs.

Beide haben einen Schwur geleistet, um Schaden von diesen - ihnen anvertrauten - Leuten abzuwenden. Der eine als Bürgermeister, der andere als Arzt. Beim Arzt kommt noch dazu, dass er - gerade bei uns um die Ecke - eine Privatschule für MTA leitet, die eine Staatszulassung bekam. Das heißt, er bildet diejenigen aus, die sich auch in Zukunft um die Kranken kümmern sollen. Und auch hier wird er mit Sicherheit nur das sagen, was man ihm von Bukarest aufgetragen hat.

Es geht mir nicht um die Missionierung zum anderen Glauben, nämlich zum Schnüffelglauben.

Im Umkreis meiner Familie, meine Freunde und Bekannte, da verwenden viele das Zeug. Ursprünglich wollte ich das pro Fläschchen verkaufen, - ein Einziges habe ich verkauft, weil es ein Fremder war. Allen anderen habe ich das geschenkt. Ich verdiene mein Geld auf andere Weise.

In meinem Umkreis befinden sich vornehmlich Leute, die nicht nur mitdenken, sondern die auch kritisch denken. Vielleicht liegts daran, dass sie anders gestrickt sind. Aber ich habe nicht die Absicht, ein ganzes Volk vom Vorteil des Schnüffelns zu überzeugen.

Aber ich habe auch dafür keinen Eid geleistet, wie der Bürgermeister und der Arzt, der dahin geht, für das Wohl der Leute zu sorgen. Den Eid, den ich geleistet habe, der ist aber immer noch gültig, auch, wenn es lange her ist. Das war in unserer Einheit, betreffend im Notfall auch Personen vor direkter Gewalt zu schützen, Frauen, Kinder, irgend sowas. Den genauen Text habe ich vergessen, - vielleicht gibts diesen Wortlaut heute gar nicht mehr. War ja Ende der 60er und wahrscheinlich deshalb, weil wir ja auch im Nahkampf ausgebildet wurden. Aber der Sinn und die dazugehörige Einstellung, das ist mir schon noch im Kopf geblieben.

Daher kommt mein Frust.

Es ist nicht meine Aufgabe, Leute davon zu überzeugen, dass sie die Möglichkeit haben, Schaden von ihrer Gesundheit abzuwenden. Aber es gibt Leute, zu deren beruflichen Pflichten es - meiner Ansicht nach - gehört. Und genau da siehts mau aus.

Was fiecht mich das an? Warum mache ich mir darüber Gedanken? Warum beschäftigt mich das, wenn Leute in ihrer Position genau das tun, was ihnen aufgetragen wurde, und der Rest geht ihnen am A. vorbei?

Wahrscheinlich hängt es damit zusammen, dass ich mich aufgrund der Geschichte meines Großvaters zuviel für die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts interessiert habe. Ja, es wird schon so sein, dass ich da bedeutend mehr darüber weiß, als so mancher in meiner Altersklasse. Insbesondere die Leute, mit denen ich persönlich gesprochen habe aus der Erlebnisgeneration, die und die Gespräche mit ihnen sind mir noch in lebhafter Erinnerung.

Wie war das damals mit den Lehrern, mit den Apothekern, mit den Polizisten, - überhaupt mit den Leuten in Schlüsselpositionen? Wieviele von denen wussten, dass der falsche Weg beschritten wurde, und wieviele haben nur mit den Schultern dabei gezuckt?

Ich erinnere mich noch gut an den Leiter der Arisierungsbehörde in Wien. Ich war damals 16, als ich mich mit dem Mann mehrmals unterhalten habe. Er hat mir von vielen Erlebnissen berichtet, von seinen Selbstzweifeln, von seinen Gewissenskonflikten, er hat mir viele Beispiele genannt. Wo man z.B. hochrangige und kriegserfahrene Offiziere, die im 1. WK hervorragende Umsicht bewiesen haben, nur deswegen aussortierte, weil man da irgendwo eine jüdische Oma im Stammbaum gefunden hatte. Er selbst bezeichnete das im Nachhinein als Wahnsinn, der einer der vielen Meilensteine auf dem Weg zum Untergang war.

Aber er war sich dessen bewusst, hätte er das Handtuch geworfen, würde sofort jemand anderer an seiner Stelle sitzen, der vermutlich noch weniger Augenmaß bewiesen hätte. Schließlich konnte er doch in dem einen oder anderen Fall noch was drehen, zum Vorteil des Betroffenen.

Daher kommt mein Frust. Es ist heute nicht anders als damals, - nur die Themen sind andere.

Und da treffe ich immer wieder auf bestimmte Idioten, die da laut tönen: Wehret den Anfängen. Dabei sind sie selbst diejenigen, die den Anfängen den Boden bereiten. Seit frühester Jugend habe ich mich an dem Spruch orientiert: Ehre, Freiheit, Vaterland. Das hat mich geprägt und das wird sich auch - in diesem Leben zumindest - nicht mehr ändern. Das man mich deshalb gerne in die braune Ecke stellt, damit kann ich leben.

Aber ich möchte nicht zu den Mitläufern gehören, oder zu den Duckmäusern, zu den Speichelleckern. Deshalb mache ich den Mund auf, auch dort, wo ich mir damit keine Freunde mache. Nun aber komme ich zur Erkenntnis, dass ich mich auch besser um meinen A. kümmern sollte und nicht immer um andere. Darum stelle ich mir die Frage, ob ich dann auch zu den Mitläufern gehöre, die ich eigentlich verachte.

Genau das ist der Grund für meinen Frust.

Was habe ich falsch gemacht? Ich weiß es nicht. Sag es mir, Meph, wenn Du es weißt.


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