monokausales Denken führt in die Sackgasse
Hallo!
Im Gegensatz zu den antiken Römern sind die Griechen allerdings nicht ausgestorben. Was verlief hier anders?
Nichts ist anders verlaufen. Einzig die Gleichsetzung von "besonderen Genen" mit "Hochkulturbefähigung" ist falsch, genauer gesagt unzureichend. Die 'besonderen Gene' sind nur EINE Komponente unter vielen Komponenten.
Es gab auch in Skandinavien schon immer die "besonderen Gene", seit 10.000 Jahren, und trotzdem ist dort nie eine 'Hochkultur' entstanden. Wenn die Skandinavier aber als Wikinger in die Bretagne ziehen oder als Normannen nach Sizilien, dann kann in der Begegnung mit bereits vorhandener 'Kultur' etwas Neues entstehen - kann, muss aber nicht. Was ist aus den Wikingern in Grönland geworden, was in Nordamerika, was auf Island? Oder was ist aus ihnen in Südrussland geworden?
Hochkultur ist ein Phänomen der Begegnung, des Austausches und der Synergie (wobei diese Prozesse zyklisch strukturiert sind). Das ist das Auge, auf dem Spengler blind war.
Es ist auch kurzsichtig, die Lateiner als Kulturvolk zu bezeichnen. Das waren sie für sich genommen nicht. Sie waren nur effiziente RÄUBER. Echte Kultur hatten dagegen die Etrusker und die Griechen. Sie wurden von den Lateinern aufgefressen.
Die mittelmeerische antike Hochkultur dauerte von -1500 bis +500. Sie setzte sich zusammen aus den Aktivitäten von etwa zwei Dutzend kleineren Völkerschaften (sich in Stadtstaaten fokussierend). Diese Akteure standen miteinander ständig in Wettbewerb und in Austausch. Die Lateiner kamen als letzte, und ihnen fiel die (für sie sehr passende) Rolle zu, die Einzelkomponenten in ein Gesamtsystem zu binden. Das ist, wie wenn zehn Köche in der Küche (vor-) kochen, und am Ende wird alles auf den Esstisch gestellt - und jeder darf sich bedienen. Die Lateiner haben nur den Tisch aufgebaut und die Stühle drumrum, und haben die Speisen herangekarrt, kassierten Eintritt - und konnten eine Zeit lang Schmarotzer abwehren ...
Sokrates und Platon waren in der Suppenschüssel. Aber diese beiden hatten, als sie ihre Dialoge schrieben, keine Ahnung davon, dass sie am Ende in der Suppenschüssel landen würden. Genauso wie die Leberzelle keine Ahnung davon hat, wie die Synapse im oberen linken Parietallappen tickt. Eine Hochkultur ist ein komplexer Organismus, quasi ein Ökosystem, das sich über viele Jahrhunderte hinweg langsam aggregiert. Da spielen so viele Faktoren eine Rolle, auch geographische, klimatische, zeitliche Glücksfälle etc. etc. - und die Genetik ist nur einer dieser Faktoren.
Innerhalb eines Volkes mit "den besonderen Genen" (den faustischen womöglich ...) gibt es weitere Differenzierungen. 'Stämme' setzen sich zusammen aus Eliten und Mittelstandskriegern und tumben (aber wichtigen!) Bauern. Die Eliten unterliegen wiederum zyklischen Gesetzmäßigkeiten in der Vermehrung und Weitergabe von Traditionen und Charaktermerkmalen - hier spielt die Genetik eine extrem wichtig Rolle, aber nicht nur vom Substrat her (das natürlich aus gut sein sollte), sondern vor allem von der Generationen übergreifenden Selektion und Zucht her. Das ist kein Deut anders als wie in der Tier- und Pflanzenzucht, nur spielen diese Prozesse sich nicht rational ab sondern anhand von (meist) unbewußten Präferenzen. Es ist sehr schwer für ein Geschlecht innerhalb der Elite, über mehr als 600 - 1000 Jahre hinweg 'tatkräftige' und 'leistungsfähige' Kinder zu produzieren und 'kulturell' auszubilden. Bei den meisten Familien geht das nur drei bis fünf Generationen gut ...
Im Gegensatz zu den antiken Römern sind die Griechen allerdings nicht ausgestorben. Was verlief hier anders?
Das ist tatsächlich die entscheidende Frage. Sie gestellt zu haben bzw. stellen zu können, ist Voraussetzung dafür, um über Spengler, Frobenius etc. hinaus zu gelangen.
Weiner