Auch für mitlesende Mediziner : Behandlungbericht und Vorgehensweise von der Corona-Front im Krankenhaus
Ich stelle es mal hier ein, da du @weiner bzw. alle mitlesenden Mediziner das vielleicht einordnen können. Zum Teil auch nur für Mediziner verständlich.
Mir als Laie scheint es jedenfalls, dass dort ein paar Leute einen guten Job machen.
Vielleicht retten die Infos woanders sogar Leben. Im Zweifel würde ich es ausdrucken und behandelnden Ärtzten vorlegen, wenn es um nahestehende Personen geht, die mit Corona in der Klinik liegen. Souveräne Kandidaten werden das nicht als Bevormundung verstehen.
Der Thread von @diego2 ist ja schon wieder so weit nach hinten gerutscht, da würde es sonst auch gut hin passen.
Ich übernehme das aus dem Blog von bacheimer.com, für den ich bei der Gelegenheit eine Empfehlung aussprechen will. Wenn ich nur wenig Zeit habe, schaue ich neben dem Gelben immer noch dort vorbei und habe dann meist das wesentliche vom Tage am Start.
Ich kann es nicht direkt verlinken und hoffe der Blogbetrieber hat nichts dagegen, dass ich den Text einstelle. Er ist in der Rubrik "Gesundheit,Ernährung, Landwirtschaft" schon weit nach hinten gerutscht.
Es ist eine Zuschrift aus einer Münchner Klinik vom 24.3.:
1.)
Wir sind derzeit voll belegt und mussten sogar zusätzlich Kapazitäten schaffen.
24 Patienten Infektionsstation - 11 Intensivstation - 4 infizierte Pflegekräfte - 1 infizierte Ärztin
Vielleicht mal etwas zur allgemeinen Beruhigung! Inzwischen haben wir Wege gefunden um auch in schweren Fällen eine vernünftige und heilversprechende Therapie anzubieten. Wir haben Corona und seine Eigenschaften inzwischen ganz gut kennengelernt und können uns dem ganzen energisch entgegenstellen.
Zunächst mal wenden wir keine fiebersenkenden Maßnahmen mehr ab bei Temperatur unter 40 Grad. Wir lassen dem Körper damit seine volle Kraft zur Immunabwehr. Bei Temperatur ab 40 Grad kühlen wir mit Coolpacks, oder kalten Infusionen. KEINE Fiebersenker!
Eventuell auftretende Instabilitäten des Kreislaufs behandeln wir medikamentös.
Schwer betroffene Patienten leiden sehr durch Schmerzen und Angst/Panik, es ist nicht sehr angenehm bei Bewusstsein künstlich beatmet zu werden. Darum werden diese Patienten von uns nicht nur sediert, also gedämpft, sondern schlafen geschickt, narkotisiert.
Angst und Stress lösen heftige Hormonkaskaden im Körper aus, wir wollen aber das die Körper sich voll und ganz auf das Virus konzentrieren können.
Normalerweise rechnet man 4- 6ml Atemluft pro KG Körpergewicht pro Atemzug. Also max. 420 ml Atemluft pro Zug bei 70 KG. Wir atmen in Ruhe 12-14 mal/Minute. Unsere Beatmung ist etwas aggressiver. Wir geben 6-8 ml pro KG und geben 18 Atemhübe. Dabei mischen wir 45-50% reinen Sauerstoff zu. Entzündungen sind sauerstoffverbrauchende Prozesse. Die Entzündung holt sich den Sauerstoff ohnehin aus dem Gewebe, also bieten wir gleich mehr an, dann fehlt er nicht dort wo er dringend gebraucht wird. Mit rein mechanischen Methoden entfernen wir das Sekret aus Lunge und Atemwegen bei unseren ,schlafenden‘ Patienten.
Im Ergebnis: kein Todesfall bislang, 4 Patienten bereits wieder von der Beatmung entwöhnt und auf die Normalstation verlegt, die älteste 82 Jahre mit Asthma und Herzinsuffizienz als Vorerkrankungen.
Fazit: Wir kriegen auch ,schwere Verläufe‘ inzwischen unter Kontrolle. Alles wird gut...
2.)
zunächst vielen Dank für das große Lob. Es ist jetzt an der Zeit dass auch wir mal Danke sagen. Diese, zumindest zur Zeit, erfolgreiche Behandlung von Corona ist nur möglich, weil unser Dienstherr uns in allen Belangen unterstützt und alles möglich macht.
Wir arbeiten zur Zeit 12 Std. und mehr pro Tag, haben kaum freie Tage...
Aber... unser Klinikträger hat eine Kinderbetreuung rd. um die Uhr aus dem Boden gestampft, wir werden kostenlos mit Essen versorgt, es wurde eine Station geräumt um Ruheräume zu schaffen, es gibt einen Shuttle-Service von bestimmten Punkten in München um Fahrten mit Öffies zu reduzieren und nicht zuletzt wurde ein Einkaufservice für die Covid-Teams geschaffen, weil wir am Abend all zu oft vor leeren Regalen standen.
Nur so ist es uns überhaupt möglich uns voll und ganz auf diese Situation zu konzentrieren. Herzlichen Dank dafür!
Nur so können wir uns zu 100% in dieser Sitaution auf unsere Aufgabe konzentrieren. Ich möchte nicht falsch verstanden werden, aber die Balkonklatscherei hat unsere Kühlschränke nicht gefüllt. Ich finde die Idee nett, aber satt wurden wir davon nicht.
So hoffe ich, dass noch viel mehr Klinikträger auf solche Ideen kommen und ihr Personal unkonventionell aber effektiv unterstützen.
Im Anschluß am nächsten Tag gab es noch diese Ergänzung:
1.):
S.g.Herr Bachheimer, könnten Sie folgende Fragen an den Fachmann(oder doch eher Fachfrau) aus der Münchner Klinik,Zuschrift vom 24.3,11.56,weiterleiten:
ab welchen Vitalwerten intubieren Sie?
Welche Medikamente zur Narkose-Einleitung,welche zur Aufrechterhaltung.
Verwenden Sie keine Entzündungshemmer?
Virostatika?
Antibiotika?
Sekretentfernung durch Absaugung?
Vitamin C , in welcher Dosis?
Wurde der Vitamin D spiegel der Intensivpatienten gemessen?
Wird das Therapieschema irgendwo veröffentlicht?
2.)
Unser Mann von der Münchner Klinik antwortet:
eine umfangreiche Fragestellung, die ich jetzt zu beantworten versuche. Die Gabe von Entzündungshemmern oder Virustatika hat sich bei uns als nicht nutzbringend herausgestellt. Wir vermeiden dies. Antiobiotika geben wir nur, sofern wir feststellen dass sich auf die virale Infektion noch eine bakterielle setzt. Dies ist bei ca. 30% der Patienten der Fall, insbesondere dann, wenn es uns nicht gelingt das Sekret ausreichend zu mobilisieren.
Zusätzlich geben wir keine Vitamine. Wir verabreichen nur SK, mit einer Fliessgeschwindigkeit von max. 60ml/h.
Wir verwenden geschlossene Absaugungen und wenden in stdl. oder 2 stdl. Abständen Drainagelagerungen an. 135 Grad rechts, links für die posterioren Segmente (Antitrendelenburglage), Rückenlage flach,
für die anterioren Segmente rechter/ linker Oberlappen, 45 Grad links/ rechts in Kopftieflage
Bauchlage mit Beckenunterstützung für die apikalen Segmente der Unterlappen
Rücken Kopf tief, für die anterior basalen Segmente der Unterlappen
Bauchlage Kopf tief, für die posterior basalen Segmente der Unterlappen
Trendelenburg links/rechts für die für die basalen Segmente der Unterlappen.
Insbesondere die Lagerungen scheinen essentiell!
Cave!!! Viele Patienten entgleisen uns initial cardial in Bauchlage, beruhigen sich aber schnell nach Evakuierung und Rückenlage 35 Grad
Zur Intubation: Maßgeblich sind natürlich die arteriellen BGA‘s und die Ursache der respiratorischen Insuffizienz (Restriktion oder Versagen der Atempumpe). Pco2 größer als 48 und progredient ansteigend (auch abhängig von Vorerkrankungen), Intubation und in der Regel kontrollierte Beatmung, (wie gestern beschrieben) zunächst für 1-3 Tage. Ständige Wechsel CPAP-BiPAP vermeiden wir. Weaning über mehrere Tage mit schrittweiser Gewöhnung an Eigenatmung (hier haben wir noch Entwicklungspotenzial). Das Schema wird zur Veröffentlichung vorbereitet, entwickelt sich allerdings noch täglich weiter.
Gruß Odysseus