Nachtrag II ('das Virus' ins Soziale übertragen)

Weiner, Donnerstag, 26.03.2020, 13:23 (vor 1492 Tagen) @ Weiner1824 Views

Erneutes Hallo!

In einem meiner früheren Beiträge zu CORONA hatte ich in einem Nebensatz und sehr zugespitzt davon gesprochen, dass das aktuelle Geschehen mit dem Virus auch ein Spiegelbild unserer gesamten gesellschaftlichen und politischen Lage sei. Ich möchte das hier kurz - eigentlich lang! - ausführen, muss aber ein paar Absätze zur Biologie und Geschichte vorschalten.

Biologisches Leben ist an Zellen gebunden. Ein Virus ist vereinfacht ausgedrückt ein Bruchstück einer Zelle, das auch außerhalb einer Zelle eine gewisse Zeit überdauern kann (bei SARS-CoV-2 sind das maximal 72 Stunden, je nach Luftfeuchtigkeit und Temperatur). Findet dieses Bruchstück dann wieder eine geeignete Zelle, dann kann es sich mit Hilfe des Materials und der Funktionskreise dieser 'Wirts'-Zelle vermehren. Am Ende wird die Wirtszelle, deren Funktionen mißbraucht wurden, dabei sterben, aber bereits vor ihrem Tod kann das Virus von innen die Zellhülle durchschneiden, um nach außen zu gelangen, so dass der Zyklus von Neuem beginnen kann. Auch für das Virus ist die Zukunft offen, aber je größer die Zahl, desto größer die Wahrscheinlichkeit ...

Ein Parasit dagegen ist so rücksichtsvoll, seine Wirtszelle am Leben zu lassen, doch zieht er aus ihr so viele Ressourcen ab, dass der Wirtsorganismus krank erscheint, in vielen Fällen auch stirbt. Die raffiniertesten Parasiten sind diejenigen, die sogar das Verhalten ihres Wirtes so steuern, dass es dem Parasiten für die Fortpflanzung dienlich ist. Ein Beispiel für einen solchen Neuroparasiten wäre etwa die Toxoplasmose, die bei Mäusen vorkommt, die dann unter dem Einfluß des Parasiten die Angst vor Katzen verlieren, mithin leicht Beute werden, wodurch der Parasit in die Katze gelangt, die sein eigentlicher 'Brutplatz' ist. Die Katze ist der Hauptwirt, die Maus (es könnte auch ein Mensch sein ...) ist der Zwischenwirt. Die Katze wird selten krank durch Toxoplasma gondii, die Maus aber durchaus, eben in ihrem Verhalten; der Mensch kann zwar erkranken, muss es aber nicht, halt je nach Alter und Immunsystem ...

Es gibt eine weitere Form des Zusammenlebens von Organismen, die allgemein bekannt ist und die ich nicht weiter beschreiben muss: die Symbiose, bei der beide Partner Nutzen aus der gegenseitigen Kooperation ziehen, d.h. es geht jedem besser, als wenn er alleine leben würde. Manche Symbiosen sind echte Lebensgemeinschaften, d.h. ohne den Partner läuft nichts. Blattschneiderameisen kooperieren mit Pilzen seit Millionen Jahren, die Symbiose von Pilzen und Algen oder Cyanobakterien in einer Flechte gibt es seit 600 Millionen Jahren. Kooperation und Zusammenarbeit ist ein wichtiges evolutionäres Prinzip, auf höchster Ebene verwirklicht in Ökosytemen.

Wie weit kann man solche Verhältnisse analogisierend auf menschliche Sozialverbände übertragen?

Die natürliche Form des Zusammenlebens für Menschen war am Anfang eine Horde, die auf zunächst miteinander verwandte Individuen zurückging. Eine Familie allein ist nicht überlebensfähig. Die höchste erreichbare Form der Organisation von Horden läuft über den Stamm zur Konföderation. Das indianische 'Dacohtah' (heute Dakota geschrieben) bedeutet Völkerbund. Es gibt einen zweiten wichtigen Pfad der sozialen Organisation, der über das Dorf zur Stadt führt und durch Arbeitsteilung und soziale Differenzierung gekennzeichnet ist. Ein zoologisches Analogon wäre der Insektenstaat (etwa der BIEN). Er setzt massive örtliche Ressourcen und die Fähigkeit voraus, diese zu verwerten. Es gab anfänglich auch Konföderationen von Städten, sowohl im Nahen Osten wie auch in China, aber dieses Phänomen ist noch nicht gut erforscht. An solchen konzentrierten und großen menschlichen Lebensgemeinschaften können sich dann 'Kulturzyklen' sich ausbilden, die einem vorgegebenen 'inneren' Programm (der Entfaltung von Optionen) folgen, was ich aber in diesem Zusammenhang hier nicht darstellen kann. Hier könnte man von einem echten Superorganismus oder mindestens von einem Ökosystem sprechen.

Ein dritter Pfad der sozialen Organisation von Menschengruppen führt uns zurück zum biologischen Phänomen des Parasitismus und der Symbiose. Denn es ist uns allen zur Genüge und bis zum Überdruß bekannt, dass Gruppen von Menschen sich andere Menschengruppen unterwerfen und deren Leistung ausbeuten können. Ich sehe, vereinfacht ausgedrückt, die Geschichte der letzten 6000 Jahre als Mensch-Mensch-Parasitismus an. Wir haben auf der einen Seite eine oft kleine Gruppe (mindestens 10% nach der Kopfzahl), die Blut saugt, und eine andere Gruppe, deren Blut ausgesaugt wird. Merkwürdigerweise sind beide von der selben Art biologisch gesehen, geistig eher nicht ...

Es gibt nun Fälle, da erreicht der Parasitismus das kooperative Niveau einer Symbiose. Es sind dies jene Fälle, in denen dann auch die großen, 2000jährigen und echten Kulturzyklen entstehen. Nehmen wir das Beispiel Ägypten, das ums Jahr 3000 v.Ch. von kriegerischen Stämmen aus dem Norden überrannt wurde (genau genommen aber kamen sie hinterrücks und technisch gesehen aus dem Süden, nämlich mit den Booten den Nil herab).

Dieser kriegerische Stammesverband unterwarf sich die bäuerlichen Siedlungen im Niltal, wo zuvor schon, aufgrund der guten agrarischen Situation, eine relativ einheitliche sowie stabile Kultur- und Wirtschaftsregion entstanden war. Indem nun die überlagernden Krieger den Bauern eine neue Organisationsform aufzwangen, die im Kern eine Ausbeutung war, haben sie die aus den Bauerndörfern eine Leistung herausgekitzelt, die die Bauern aus eigener Initiative niemals zustande gebracht hätten. Aus den alten dörflichen und vorstädtischen Fayum-Kulturen sind bemerkenswerte Kunstgegenstände erhalten geblieben, aber Pyramiden und Königsgräber hätten diese Bauern niemals gebaut ...

Wir haben hier, wiewohl im Kern ein Parasitismus vorliegt, somit gleichzeitig auch eine Form von Symbiose vor uns: die 'Krieger' hätten niemals eine solche Technik, Wissenschaft und Kultur hervorbringen können ohne die Bauern. Und letztere haben sich, unter der äußeren Herrschaft und trotz erheblicher Abgaben, sich zahlreicher vermehren können als ohne den äußeren Stimulus (wobei wir das biologischen Kriterium ansetzen, das das Leben den inneren Drang habe, sich zu 'vermehren' ...).

Ein solch produktiver Parasitismus- bzw. Symbiosekomplex hat eine Entwicklungs- und Lebensdauer von maximal 2000 Jahren. Dann sind seine inneren Optionen erschöpft, und er hat auch keine Widerstandskräfte nach außen mehr. Die Menschen, die in einem solch ausgebrannten Komplex leben, haben ein hohes "zivilisatorisches" Niveau, d.h. sie haben viele bewährte Techniken entwickelt, die sie weiter tradieren, aber ihre kreative Erfindungsgabe ist erschöpft. Meist fallen solche 'halblebendigen' Regionen dann neuen Kriegern in die Hände, aber es ist aus ihnen nicht mehr herauszuholen als Nahrungsmittel, technische Vorerzeugnisse und Dienstleistungen - von einfacher Arbeitskraft bis zu höherwertigen Diensten (Schreiber, Handwerker, Architekten, Priester ...). Die Ägypter sind nach Ende ihres Kulturzyklus (1000 v.Chr.) demnach erst Lybiern, dann den (griechischen) Ptolemäern, den Römern, den Arabern etc. und am (bisherigen) Ende den Angelsachsen in die Hände gefallen. Napoleon war nur ein kurzes Vorspiel ...

Zum Schluß komme ich nun wieder zurück zu den Viren, wegen denen ich einen so langen Anlauf genommen habe. In der letzten Phase eines Kulturzyklus ist die Produktivität der Staaten bzw. der Staatenkomplexe oftmals so hoch, dass Abspaltungen möglich werden. Damit bezeichne ich eine Form von viralen sozialen Aggreationen, die innerhalb eines großen Organismus (scheinbare) Eigeninteressen verfolgen können, die den Intentionen des Gesamtorganismus oft zuwiderlaufen oder ihm sogar schaden. Dieses Wucherwachstum nimmt dann entweder die Form eines Tumors an oder den eines Virus, beide stehen in gewisser Weise auch im Zusammenhang (früher gab es Theorien der Tumorentstehung aus einem Virus heraus).

Ein solcher Tumor kann weite Bereiche des Gesamtorganismus befallen, wie heute sichtbar am Raubkapitalismus, der sich gobal verbreitet hat und alle anderen Wirtschaftssystem und Kulturtraditionen zerstört. Der Virus ist noch autonomer als der Tumor, kann aber zur Verkrebsung führen. Ein solcher sozialer Virus setzt sich zusammen aus - ich nehme jetzt mal ein relativ konkretes Beispiel: ein paar Geheimdienstlern, aus ein paar Hackern, ein paar Finanzprofis, aus einer oder mehrern Stiftungen, aus Komplizen in den staatlichen Bürokratien, aus ein paar professionellen Killern oder Kontakten ins reguläre Militär, aus ein paar Influenzern oder korrupten Journalisten und Redakteuren. Ob es dabei eine innere Führung gibt, wie gewisse James-Bond-Filme mit ihrem Bösewicht es uns suggerieren wollen, lasse ich mal dahingestellt. Jedenfalls gibt es immer eine gemeinsame Intention: nämlich Geld zu machen, Einfluß zu erlangen und das viröse System zu vervielfältigen.

Der neue Virus oder Tumor, der dann entsteht, muss nicht komplett identisch sein wie der ursprüngliche (siehe die Corona- oder Influenza), aber er ist von der gleichen zerstörerischen Art. So haben etwa die Milliardäre rund um Trump ganz sicher keinen blassen Schimmer von den ersten (damals noch Biowaffen-) Initiativen um das SARS-Virus gehabt. Aber sie haben dann begriffen, wie man die losgetretene Lawine für die eigenen Zwecke am besten nutzen kann. Bereits die alte RAF, vielmehr aber die 'neuen Terroristen' sind nichts anderes als künstlich geschaffene soziale Virensysteme. Auch die Mafia könnte man dazuzählen und viele der Operationen der CIA (Iran-Contra, Opium aus Vietnam oder heute Afghanistan etc.) sowie anderer Geheimdienste. Gerade im Geheimdienstbereich gibt es erhebliches virales KnowHow und erhebliche (nachrichtliche, finanzielle und militärische) Ressourcen, die sich völlig außerhalb der von uns in gut demokratischer Einstellung erwarteten Kontrolle bewegen. Sie sind so stark, dass sie sogar die Intentionen des gesamten Staatsgefüges prägen können (durch gesteuerte Medien, Public Relation und Propaganda). Und wie alle Viren nehmen sie keinerlei Rücksicht auf das eigentliche Interesse eines Staates, das per Theorie ein Gesamtwohl abbilden sollte. Diesen viralen Komplexen ist es komplett gleichgültig, wenn durch ihre Aktionen eine Milliarde Menschen verarmen oder gar zugrunde gehen.

In anderen Beiträge habe ich immer die große Rolle des 'private equity' im aktuellen Geschehen bzw. in der Geschichte der letzten 500 Jahre herausgestellt. Wir haben aktuell einen Übergang in einen neuen 30-Jahres-Zyklus (wie in einem anderen Beitrag von mir bereits angedeutet), in dem sich die aggressiveren Viren der oben skizzierten Machart durchsetzen wollen, teils in Partnerschaften mit, teils im Kampf gegen die Viren des 'private equity', die auf rein wirtschaftliche Ausbeutung fixiert waren. Es kommen deswegen ganz üble Geschichten auf uns zu ...

Mir sind bei meinen Analysen der Weltgeschichte die eingangs skizzierten biologischen Verhältnisse hilfreich - ob sie methodisch erlaubt sind, wäre eine andere Frage. Ich sehe die kommunistische Partei in China als einen Parasit an, der sich augenblicklich (!) noch in einem symbiotischen Verhältnis zur Bevölkerung bzw. zur Bürgerschaft der Volksgepublik China befindet. Dieser Parasit weiß, dass er enorme Kraft entfalten (und sich global vermehren) kann, wenn er auf die Wünsche der Massen 'so ungefähr' Rücksicht nimmt und sie effizient führt. Genauso sehe ich die Silowiki in Russland und jene Oligarchen, die sich Putin unterworfen haben, ebenfalls als Parasiten an. Sie geben vor, alte russische Traditionen wieder zu beleben und zu stützen, manche glauben sogar daran, tatsächlich sind es aber allesamt "Westler". Der Westen selbst ist total verkrebst, und der widerlichste Tumor ist für mich im Moment ganz eindeutig Trump. Der Westen wird längerfristig gesehen zerfallen. Kurzfristig gesehen wird er sich aber nocheinmal aufbäumen.

Zu dieser Sorte Aktion (Aufbäumen) gehören jene Prozesse, die dem Forum hier entgehen, weil es fast komplett auf Corona fixiert ist. So haben etwa, und das ist nur eine winzige Kleinigkeit, die reptiles & demons in den USA soeben einmütig (!!) beschlossen, dass die Regierung in Nicaragua gestürzt werden soll - ein weiteres Indiz dafür, dass sich Nordamerika tiefer ins Fleisch von Mittel- und Südamerika hineinfresssen will (was dem Norden aber letztlich das Genick brechen wird). Gleichermaßen haben die USA die Situation in Syrien jetzt akzeptiert, versuchen aber Saudi-Arabien fester in den Griff zu bekommen, in der Hoffnung, von dort aus (und mit Hilfe der NATO) den mittleren Osten strukturieren zu können, was aber nicht gelingen wird (für diese Themen empfehle ich regelmäßige Lektüre von Thierry Meyssan). Hoch kompliziert ist der Kampf um Afghanistan, aber auch hier hat der Westen bereits verloren. Die Sichtweise, dass Trump, Putin und Xi Heilsbringer der Menschheit wären, ist komplett daneben und historisch gesehen naiv. Die Übel und Krankheiten der nächsten dreißig Jahre fangen gerade erst an.

Sloterdijk hat das Wort Kommunismus neu geschrieben hat: Ko-Immunismus. Was genau er damit ausdrücken will, habe ich wahrscheinlich nicht verstanden. Jedoch ist es klar, dass die modernen Staaten und Gesellschaften und Staaten eine vereinte Widerstandskraft gegen die oben genannten Parasiten und Viren entwickeln müßten, wenn sie weiterleben wollen. Diesen Ko-Immunismus, der ein globaler sein müßte, haben sie aber nicht, wenigstens nicht aktuell. Erst am Ende des neuen Zyklus wird sich eine entsprechende Kraft aktualisieren und in die Geschichte treten. Ich werde darüber kurz in einem anderen Beitrag schreiben.

Mit überblickenden Grüßen,
Weiner


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung