Weshalb die Rakete eben doch ins All fliegen können müsste
Hallo Ashitaka,
lass uns die Betrachtungsweise einmal umkehren und schauen, was sich dann ergibt. Bevor ich diesen Text zum Abschluss brachte, habe ich vorhin nochmal lange nach Darstellungen von Profis gesucht, die die Angelegenheit plausibilisieren und nicht nur behaupten. Es ist wirklich zum mäusemelken. Es lässt sich einfach nichts finden. Ich kann also nachfolgend weiterhin nur mein Wortgemälde anbieten.
Was beschleunigt also die Masse der Moleküle in die rote Pfeilrichtung?
Nichts was hinter der Düse liegt. In der Atmosphäre nicht, im Weltraum nicht, nirgends. Diese Behauptung lehnst Du zunächst vermutlich weiterhin ab. Doch es muss so sein, weil es anders nicht sein kann. Tolle Begründung, nicht war?
Die Verhältnisse in der Brennkammer sind diffus und zudem fließend. Im Baukasten des Mechanikers sind so feine Teile wie Zahnräder, Ketten, Hebel, Stangen, Zylinder, Motore usw. Alles Sachen, die sich prima in Plänen abstrahieren und mit ihrer Wirkung symbolisieren lassen. In die Rakete hat man nun eine andauernde Explosion eingebaut. Wie malt man das?
Deren Wirkung einfach mit einem Pfeil zu symbolisieren erklärt den Vorgang nicht anschaulich. Der gesuchte Vektor verläuft gewissermaßen aus der Chemie erwachsend gegen die Mechanik. Den Pfeil kann man erst später malen, dann wenn man sich einen Begriff, ein Bild von dem Ablauf gemacht hat.
Das ist aufgrund der Entfernung ein völlig unsinniger aber meine Darstellungen verständlicher Weise nicht mehr ernst nehmender Vergleich.
Nein Ashitaka, nein. Erst als ich Deine Überlegungen ernst genommen habe, erst da ist bei mir der Groschen gefallen. Zwar nur pfennigweise und bis jetzt auch nicht vollständig, aber immerhin. Ob es nun so zumindest teilweise stimmt, wird sich ja zeigen.
Zur Entfernung: Dann setz beliebig das Bötchen in Leverkusen, Monheim, sonst wo ins Wasser. Es spielt keine Rolle. Rhetorische Frage: In welchem Abstand und bei welcher Fließgeschwindigkeit ginge es denn?
Aber bitte immer das Wechselwirkungsprinzip und die Vektoren vorm geistigen Auge haben.
Nein. Die Linien, Pfeilspitzen, Formeln, Analogien usw. legen wir jetzt erst mal beiseite und machen uns ein möglichst realistisches Bild der Abläufe. Wenn dahingehend dann Einigkeit besteht, sollten sich die Symbole nach den Regeln der Kunst darüber legen lassen. Allerdings erachte ich als hilfreich, ein paar Ist-Werte vor Augen zu haben. Hier vom Vulcain 1 Triebwerk der Ariane 5:
Treibstoffdurchsatz: 271 kg/s
Brennkammerdruck: 110 bar
Förderdruck LOX Turbopumpe 133 Bar (Flüssigsauerstoff)
Förderdruck LH2 Turbopumpe 164 Bar (Flüssigwasserstoff)
Und ein paar Bauteile sollte man sich vorstellen. Die Pumpen, die das Tank- und Leitungssystem unter Druck setzen. Den Einspritzkopf (unsere vordere Brennkammerwand), in den die Leitungen münden und wo die Brennstoffe über hunderte Kanäle feinverteilt ihren Austritt von oben in die Brennkammer finden. Diese Brennkammer verjüngt sich nach unten/hinten zu einer Engstelle, an der sich die Düse anschließt, die sich nach unten/hinten wieder weitet.
Jetzt bitte die Rakete in die Luft hängen und starten. Es wächst ein weitreichender Abgasstrahl aus der Rakete heraus, der weiter hinten dann langsam zu zerfleddern beginnt. Entlang der sich weitenden Düsenkontur hat sich das Abgas entspannt und ist bei Düsenaustritt bereits drucklos gegenüber der Umgebung. Die Teilchen stehen also nicht mehr unter Druck, sondern sind nur noch schnell und gleichgerichtet nach hinten unterwegs.
Als dieser Teilchenstrom aus der Rakete heraus gewachsen ist, da müssen doch die schnellen Abgasteilchen alle in ihrem Weg befindlichen langsamen Luftteilchen einfach weg geschubst haben.
Das ist jetzt die Momentaufnahme, die ich erzeugen wollte. Ein Teilchenstrom, der unmittelbar hinter der Düse nur (zumindest weitestgehend) homogen sein kann und sich gleichsam eine (wenn auch mit unscharfer Kontur) Höhlung in die Luft gebohrt hat, die unten konstant ausläuft und oben ebenso konstant nachgefüllt wird.
Wie soll denn aus dieser Situation eine Rückwirkung von seitlich angestreiften Luftteilchen und weiter hinten nur noch vergleichsweise lasch kollidierenden Luftteilchen hinein in die Düse bis nach vorne an den Einspritzkopf erfolgen? Woher soll ein Teilchen (nun egal, ob Abgas oder Luft) seinen Schwung nehmen, um selbst den Weg zurück (von welcher Außenposition auch immer) zu machen oder eben per Impulsübertragung etwas zu bewirken?
Mit diesem Bild vor Augen kann man doch die Vorstellung, dass eine umgebende Atmosphäre dem Vortrieb als Stütze dienlich wäre, nicht aufrecht erhalten. Oder ist das Bild falsch gemalt?
Wenn es nicht falsch ist, dann kann man es doch nun auch getrost in den Weltraum verschieben. Damit wäre die halbe Miete bereits im Sack und die Erkenntnis gewonnen, dass sich der Vortrieb eben anders als gedacht entfaltet.
Zur Brennkammer habe ich mir folgendes überlegt: Das einzige Bauteil, dass irgendwie mit dem Vortrieb in Sachen Kraftentfaltung zusammen hängen kann, ist in der Tat unsere vielzitierte Brennkammervorderwand. Also die Fläche des Einspritzkopfes, die in die Brennkammer zeigt, aus der Wasserstoff und Sauerstoff mit hohem Druck entströmen und sofort und dort explosionsartig reagieren.
Der Bauform nach soll das Abgas nicht einfach entweichen, sonder erst einen ebenfalls hohen Druck aufbauen, denn man hat ihm ein Hindernis in Form der Verjüngung in den Weg gestellt. Diese Verjüngung hat zwei Effekte zur Folge. Einerseits werden die Abgasteilchen, die sich durch die Enge gequetscht haben, nach hinten raus beschleunigt. Anderseits wird nach vorne Druck aufgebaut, der dafür sorgt, dass die Explosion oben gehalten wird, also unmittelbar an der Vorderwand. Dort in der Brennkammer liegt also das, was man Stützmasse bezeichnen könnte und nicht hinter der Düse. Das was da anzutreffen ist, ist ehemalige Stützmasse.
An der Vorderwand stelle ich mir zwei mit chemischer Energie bereits beladene Kügelchen vor, die sich vereinen und dann von der Vorderwand weg-explodieren. In die Wand hinein können sie ja nicht, also nur von der Wand weg und dabei hinterlassen sie eben ihren kraftmäßigen Fußabdruck.
Das schlagartig expandierende Gas ist das eine Ding und die Rakete in ihrer Gesamtheit das andere Ding. Da beschleunigt nicht ein Ding aus sich selbst heraus.
Soweit meine laienhaften und bildlichen Vorstellungen, die aus dem Versuch erwachsen sind, mir die Verhältnisse vorzustellen, wie sie sein müssten, damit es aufwärts gehen kann, mit der Rakete.
Das ist so nur unscharf und wird auch nur tendenziell richtig sein. Jedenfalls ist definitiv keine umgebende Atmosphäre erforderlich, an der sich die Rakete stützen können muss. Ganz einfach aus dem Grund, weil sich da kein Schwung holen lässt. Die Alternative wäre natürlich, dass es nirgendwo fliegende Raketen gibt, aber da zeigt mir meine Silvesterrakete etwas anderes an.
Alles bloß Quatsch?
Viele Grüße und gute Nacht!