Ist eine Armee, ein Konzern, eine Religion, eine Bürokratie trotz ihrer viellfältigen Subsysteme dezentral?
LLieber Calbaer,
Vielleicht definieren wir nur zu verschieden.
Ich möchte dich ja verstehen wenn du behauptest, Cryptos seien dezentral aber mir fehlen die guten Argumente zu dieser These.
Das Whitpaper von Nakamoto ist eindeutig wie die anderen auch und die Involvierten positionieren sich zentristisch um die sie zwingende zentrale Institution der Blockchain‘s. Die Überlegungen in der Crypto-Szene zum Geldsystem sind wie bei den Goldbugs schlicht falsch.
Damit ist das ganze Projekt mit all seinen Klonen und Variationen von Anfang an für die Intention, für die es stehen soll, ungeeignet.
Das wirklich revolutionäre ist nach meinem Verständnis ja nur die Wiederaufbereitung der Blockchain-Technologie (man höre sich die interessanten Visionen von Craig Steven Wright an).
Diese werden aber in ein paar Jahren, wenn außer Geeks und Nerds von den Cryptos keiner mehr spricht einer unserer größten Alpträume sein, da von Staat und Konzernen im Sinne einer ultimativen Kontroll- und Sanktionsmöglichkeit der Massen gegen uns verwendet werden wird.
Dann wird es nur noch "Ja" oder "Nein" für jeden Sachverhalt geben und wehe der Sachverhalt passt nicht in die Vorgabemaske.
Schon allein weil es mehrere diversitaere Implementierungen gibt, die von
unterschiedlichen Teams entwickelt und gepflegt werden. Die Entwickler
bieten nur Produkte an - die User bestimmen, welches Produkt eingesetzt
wird.
Wie bestimm(t)en die das bei den richtig wichtigen Entscheidungen (Skalierung, Segwit, Fork's usw.)?
Sie müssen, wenn sie involviert sind mitmachen was ihnen "angeboten" wird und haben keine Wahlmöglichkeit zwischen Alternativen sondern nur zwischen "ich mache weiter mit zu den vorgegebenen Bedingungen" oder "Ich steige aus". Deshalb müssen sie notgedrungen zu einem Fan(atiker) werden oder aussteigen. Die Trader, Miner usw. identifizieren sich ja nicht mit der Sache sondern interessieren sich für die Spekulationsmöglichkeiten.
Jemand der aus Überzeugung von BTC zu BCH wechselt kann nicht mehr zurück weil er sein Potential und seine Ressourcen eingesetzt hat und darum weiter einsetzen muss. Wer sich ETH verschrieben hat muss dabei bleiben und wer angefangen hat an XRP und die Überlegenheit von proof of stake zu glauben muss sein Potential dort einsetzen, weil er irgendwann damit angefangen hatte es dort einzusetzen.
Alle vereint aber das gleiche Problem.
Sie können sich nicht mehr mit dem grundsätzlich falschen Denkansatz, dass Cryptos eine Geldalternative sein könnten, auseinandersetzen (Geld hat ein völlig anderes Wesen).
Da ist keine die Grundfeste des Konzeptes noch einmal hinterfragende und modernisierende innere Haltung mehr möglich, weil das System der Cryptos von den heutigen und zukünftigen Beteiligten nicht mehr veränderbar ist auf Grund dessen, was frühere Beteiligte installiert haben.
Das ist wie bei den Zentralmachtsystemen mit ihren auf alle verteilten zentristischen Anteilen ähnlich dem Hive-Phänomen bei den Bienen, die die Beteiligten aus der Vergangenheit kommend über die Gegenwart in die Zukunft zwingen.
Es besteht ein weltweiter Konsens unter den Usern, welche
Implementierung(en) verwendet werden koennen.
Das ist kein Konsens, sondern Uniformität mit geringer Variationsmöglichkeit, ein Kardinalphänomen von zentralistischen Strukturen.
Um einmal ein Bild zu malen:
Die Systemelemente, also die "Bürger des globalen Staates Kryptomania" mit all ihren Ländern und Gemeinden müssen jede von ihrem Staat geforderte Veränderung mitmachen, jedes bereits erlassene und jedes neue Gesetz kennen und befolgen, weil sie in diesen eingetreten sind und nicht mehr herauskönnen, außer sie buchen aus.
Hast du als erfahrener User und IT-Fachman alles aus deiner Partei mit tragen können und wenn nicht, wie hast du Einfluss nehmen können?
Ich glaube du warst BTC-ler wie der auch stets sachlich diskutierende @Ötzi auch wenn er typischerweise auch der Freigeldszene nahe steht und du den Goldbugs.
Auch ich stehe dieser Partei trotz der enormen substanziellen Defizite noch am nächsten.
Ich fühle mich als User vollumfänglich zentral ausgerichtet und in dieser Beziehung völlig entmächtigt und zwar vom BTC-Umfeld und vom Staat.
Open Source erlaubt es zudem,
beliebig viele Implementierungsvarianten abzuspalten und weiterzupflegen.
Das schon, aber das Grundkonzept bleibt bei allen seriösen Abspaltungen und Alternativen das genau gleiche mit der gleichen Simulierung von Dezentralität in einem streng zentralistisch ausgerichteten System.
Dabei wird ja nur die Datenbankpflege und Verpflichtung zur Bereitstellung von Rechenleistung auf die User ausgelagert aber im Gegenzug keine Macht zediert die im Übersystem "globale Staatlichkeit" eine Rolle spielt.
Von Zentralitaet kann kein Rede sein.
Da bin ich deutlich anderer Meinung, aber vielleicht verstehe ich deine Argumente ja im Laufe deiner weiteren Darstellungen zum Thema hier im Faden und anderswo irgendwann besser.
Du versuchst ja größtenteils richtig mit Argumenten zu arbeiten anstatt nur mit quasireligiösen Meinungen und Überzeugungen.
Also werde ich dich weiter aufmerksam zum Thema lesen.
Vielleicht kann ich zu gegebener Zeit den Fakt der Zentralisation, die Simulation von Dezentralisation deutlicher darstellen, oder anderen gelingt das.
Liebe Grüße
Silke