Naturgesetz
Naturgesetz
Der Begriff ist eine Gedankenkrücke, nicht dass jemand in der Natur einen Stein umgedreht und drunter ein Gesetz gefunden hätte. Noch ausgeprägter ist das Bild für den gerne gebrauchten Begriff Naturrecht: Es gibt kein Naturrecht, es sei denn man beschreibt das Recht des Stärkeren / Angepassteren. Während für das Naturgesetz evt. die Physik Handlanger spielen könnte, entsteht und verschwindet Recht mit dem Wesen, das es entwickelt. Ein besonderer Unterschied soll dabei noch hervorgehoben werden: Physik ist in höchstem Grade definiert, während Recht weitgehend plastisch / variabel ist, das betrifft nicht zuletzt auch damit in Zshg. stehende Begriffe wie Gerechtigkeit, Ethik und Moral. Z.B. ist pro / contra Todesstrafe keine Frage des Rechts, erst durch die Entscheidung für die eine oder andere Variante wird es rechtlich bindend und somit sanktionstauglich.
- Natürlich waren auch der Mongolensturm und die Eroberungsfeldzüge der Römer Verbrechen!
Oder sie waren es mit der gleichen Begründung - “NATÜRLICH … AUCH†- nicht. Klar kann man über alles unter gegenwärtig theoretischen Bedingungen urteilen, aber das würde jegliche Rechtstradition missachten sowie den jeweiligen Kontext der Zeit.
Z.B. @oblomows Link zu Rate gezogen, stellt sich die Frage, was in den Köpfen der damaligen Menschen vorgegangen sein muss, als sie ein derMASSEn “gewaltiges†Recht entwickelten und lebten.
Ob es Dir gelingt oder nicht, die alten Germanen kulturell von uns zu unterscheiden, ohne sich auf die Äste zu wagen kann festgehalten werden: Der altgermanische Strafkatalog mag sich von der Fantasie unserer Zeitgenossen nicht gross unterscheiden, aber dieses Recht tatsächlich zu leben, kann aus unserer fernen Zeit heraus nur erahnt werden.
Wenn die Abstände zwischen uns und historischen Ereignissen auch immer kürzer werden, bleiben trotz allem stets Differenzen zwischen einem Damals und Heute bestehen. Wie @Julius Corrino in seiner Antwort hervorgehoben hat:
- … daß der europäische Jetztmensch sich bemüßigt fühlt, seine … Auffassung zum Thema rückwirkend auf alle Vorangegangenen anzuwenden - mit erhobenem Zeigefinger.
Nicht ohne Grund üben Kulturen rund um die Welt Zurückhaltung bei der rückwirkenden Rechtspflege, zumindest kenne ich das so in westlichen Kreisen. Ob sich Adolf nun präemptiv / präventiv verteidigte oder aus einer Laune heraus KRIEGte, kann zweifellos bis zur Unkenntlichkeit inflationiert werden, aber gerade angesichts historischer und rezenter Ereignisse ist die Huhn oder Ei-Debatte kaum mehr als eine moralische Fussnote. Nimmt man sich z.B. @aprilzis Kommentar zur jüngsten Syrienintervention zur Brust …
- Also wird Erdogan seine Probleme mit den vielen Migranten dadurch loesen, dass er diese zurueck nach Syrien verfrachtet, indem er Frieden mit Syrien schliesst. Dazu wird er die aufmuepfigen Kurden massakrieren.
… kann man diesem Vorgang recht schnell seinen gebührenden Platz im System Homo sapiens zuweisen. Vergleicht man dieser Tage die diplomatische Amtsstuberei unserer Granden, sehe ich wenig bis rein gar nichts von erhobenen Zeigefingern, besorgt ist man allenthalben, so wie man zu gegebenem Anlass empört ist, um den Weg frei zu halten und de facto Deutschland am Hindukush zu verteidigen, weil eben auch Realpolitik globaler Konses ist und unter diesen Voraussetzungen Rechtswillkür alltäglich wird, worunter erst recht die Gerechtigkeit orientierungslos dahin vegetiert. Dem stellt sich seit über 70 Jahren ein PRofessionelle Imagepflege entgegen, welche sichtlich bemüht bei jeder Gelegenheit den Führer instrumentalisiert, die da gegenwärtig lautet: Lasst dem Erdowahn seine Kurden, wir haben den Adolf.
Ja, dieser überdimensionierte Zeigefinger, der so wenig mit der auch von der MASSE getragenen Realpolitik zu tun hat. Was hat dieser Zeigefinger nicht schon alles gedreht und gewendet, dass sich die Balken biegen. Manchmal beschleicht mich der Eindruck, der moderne Mensch kommt mit 10 Zeigefingern auf die Welt, wird aber keinem einzigen gerecht.
Kaum auszudenken wie die Geschichtsschreibung aussähe, hätten die Nazis den 2. Weltkrieg für sich entschieden und KRIEGsgericht im historischen Kern von Philadelphia gehalten. Mit Sicherheit könnte gesagt werden, dass mindestens ein Zeigefinger von zweien in eine ganz andere Richtung ginge und bestenfalls wenig mit einer allgemein anerkannten, ethisch-moralischen Vorstellung zu tun haben kann.
Wir leben im Hystericum, so nenne ich unsere Zeit, entsprechend hysterisch beurteilen wir Themen unserer, aber auch die vergangener Perioden. Ja, wir gebärden uns in höchstem MASSE emotional, wir bevorzugen Fake-News nicht nur, wir wenden uns in perfekter Harmonie zunehmend â€politisch-korrekt geprägtem Faktenhass†hin.
Oder wie unlängst wieder einmal festgestellt wurde:
aus https://www.nzz.ch/meinung/gespraechsbedarf-zwischen-stadt-und-land-ld.1348612
- Die Gefahr … ist, dass wir immer weniger über die Grenzen von Werthaltungen hinweg miteinander reden, sondern nur noch übereinander.
Wir reden heute ÜBER Menschen / MASSEn von damals, v.a. wenn sie schon gestorben sind und nicht anders können als ÜBER sie zu reden, so als ob diese Menschen unter zeitgenössischen Bedingungen eindeutig beurteilt werden könnten, ohne sie jemals gefragt zu haben. Geschichtsklitterung, oder wie es so schön heisst, Geschichtsrevisionismus, notabene bottom up. Aber nicht die Historiker springen am liebsten auf diesen Karren. Einige unter ihnen stellen ihn durchaus zur Verfügung, weil wir, die MASSE, das Angebot geradezu hysterisch annehmen. Es ist keine Untertreibung, den Verhältnisblödsinn als veritables Geschäftsmodell zu bezeichnen, da niemand genau sagen kann oder will, ob unsere Nächsten und Liebsten schon drin sassen, als wir ihn bestiegen. Der Karriere förderlich ist ein bequemer Sitzplatz überdies, was wiederum unseren Nächsten und Liebsten dient - Erfolg und Gefühle in einem realsatirischen Einklang.
Klar gibt es über alle Zeiten hinweg einen gewissen rechtlichen Konsens, aber auch der war und ist immer im Zusammenhang mit einer jeweils vorherrschenden Zeitgeschichte in einem regionalen Kontext zu beurteilen. Gerade weil es KRIEGe zu allen Zeiten gegeben hat, lässt sich auch eine Art KRIEGskonsens beobachten, dessen typische Eigenschaften in knapper Form z.B. so wiedergegeben wurden:
Das erste Opfer des KRIEGs ist die Wahrheit.
Frieden ist die Fortsetzung des KRIEGs mit anderen Mitteln.
Eine mögliche Schlussfolgerung: Das erste Opfer des Friedens ist die Wahrheit (mit anderen Mitteln).
Es ist dieses Gesamtsystem Homo sapiens, ein letztlich sozial-globales Ökosystem, dem wir nur schwerlich entrinnen können, aber in den meisten Fällen auch nur vorgeblich entrinnen wollen. Sicher, wenn uns jemand eine perfekte Welt hinstellen würde, könnten wir uns leichten Herzens damit arrangieren, aber wir würden uns ironischerweise nicht darum sorgen, dass sie auch so bleibt. Dieser Jemand müsste auf Dauer MACHTvoll für Perfektion sorgen, uns permanent vor uns selbst schützen, damit wir uns nicht in unserer Welt verstricken. Aber dieser Jemand, unser Politmessias will nicht erscheinen und so sind und bleiben es die da oben, die versagen, nicht wir.
Dieser Widerspruch mag nicht in unsere Köpfe, mit dieser Verantwortung / Schuld mögen wir uns nicht beladen, ergo hat jemand anderes dafür gerade zu stehen, ob das Sinn MACHT oder nicht - die uralte und bewährte Sündenbockmechanik.
Die Amis auf Kurs
Grüsse
kosh
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PS: Man tut was man kann und man kann was man tut.