Ob 1978 oder auch Dein 1988 oder heute - Im Wesentlichen unverändert, meine ich. "Een Russe bleibt een Russe, selbst wenna in Butta jebraten is."

Hannes, Montag, 11.04.2022, 00:32 (vor 751 Tagen) @ Plancius4809 Views
bearbeitet von Hannes, Montag, 11.04.2022, 00:42

Danke @Plancius, ganz genau so ist es. Sehr guter Beitrag:

Ein für mich nach wie vor unbekannter Parameter ist der Ausbildungsstand der russischen und der ukrainischen Armee.

Wie ich schon mal erwähnte, habe ich meine Wehrdienst in der NVA der 80er Jahre geleistet. Insgesamt war die militärische Ausbildung sehr schlecht. Wir haben praktisch nur den Stellungskrieg a la Verdun 1916 geübt. Der Schwerpunkt wurde auf Drill, persönliche Erniedrigung der Rekruten und Etablierung einer EK-Bewegung (Entlassungskandidaten) gelegt.

Bei den Russen war es wohl ähnlich, nur waren da Drill und persönliche Erniedrigung der Soldaten noch stärker ausgeprägt und es kam noch der Schlendrian und der Suff des Offizierskorps dazu.

Aber so was von! Kein Vergleich zur NVA. Ich als junger Mensch war entsetzt! Beispiel: Ich soff nachts mit Offizieren aus deren Emaille-Henkelbechern und titschte die Zwiebel ins Salz auf dem gemeinsamen Packpapier. Ab und an ging einer von denen auf den Flur, latschte an irgendein Doppelstockbett und die Soldaten sprangen heraus in Hab Acht. Kurze Knuffe mit der Faust auf die Wangenknochen "mudack ... bljad .."-Gebrüll und weiter saufen bzw. schlafen ...

Der Schlendrian hätte uns in einem gemeinsamen Manöver 1988 in der Colbitz-Letzlinger Heide fast das Leben gekostet. Die Sowjets haben einfach die Koordinaten falsch eingegeben und drauf los geballert, so dass die Granaten der Haubitzen neben uns einschlugen. Ich habe des Pfeifen noch in den Ohren, als die Granaten vor ihrer Explosion niedergingen. Unser Regimentskommandeur war außer sich vor Wut.

Die Russen in meiner Facharbeiterzeit hatten damals mal einen Gittermast mit dem Panzer umgefahren (fällt mir noch ein: Ein 762er Geschoss aus dem Leiterseil gezogen überm Russenschießplatz unter Beschuss, als Andenken im Portmonnaie jahrelang mitgehabt, hat man mir an der Grenze endlich mal nach filzen als Munitionsteil konfisziert, die schossen wegen Terminverwechselung - als ich oben Isolatoren wechselte). Die uns beigestellten Russen taten mir so leid, weil die Äste schnitzen mussten, die Axtstiele hatten ihre Offiziere wohl verkooft, das war die Regel. Mit Panzern haben die die Bäume für die Behelfsleitung umgelegt. Die waren in meiner Erinnerung wie die Ameisen: Massenhaft und ohne Werkzeug. Sind sehr liebe ganz junge Kerle gewesen, verpickelt und mit Furunkeln (Lila Kaliumpermanganat?), immer hungrig.

Also wenn die russische Armee noch so geführt wird wie in den 80er Jahren, dann sind hohe Verluste auf deren Seite nichts Ungewöhnliches. Dann kann ich es auch nachvollziehen, dass die Russen in ihrem viele km langen Konvoi in Richtung Kiew in völliger Selbstüberschätzung wie auf einer Parade eingefahren sind und die Ukrainer nur noch drauf halten mussten.

Naja, so doof werden die nicht gewesen sein. Aber Putin wird selber geglaubt haben, was er mal gesagt hatte, sinngemäß: In 14 Tagen kann ich in Kiew sein. Das wäre nur gegangen, wenn er angewiesen hätte, es so wie unsere viel siegreichere US-Armee z. B. im Irak zu machen, oder unsere friedensschützende NATO damals in Serbien (erstmal mit Carbon die Umspannwerke ...).

Also Erstens: Putin hat seine Truppe überschätzt, es gibt nämlich seine geliebte Sowjetarmee nicht mehr. Zweitens: Er hat unbedingte Schonung des Ukrainischen Volkes befohlen.

Meine Prognose: Putin kommt da nicht mehr raus. Nun greift das, was ich vor dem 24.02.22 hier orakelte: Er wird sich ein Stück der Ukraine nehmen, er organisiert das jetzt gerade, wartet's ab.

Mein Problem dabei: Ich habe schon von den Polen eine Karte gesehen, was die Ihrerseits sich so alles von der Ukraine nehmen wollen.

Fazit:
Ich schrieb hier schon: Wahrscheinlich wird der Krieg Jahre dauern. Schuld daran ist aber nicht Putin.

Wenn wir Glück haben. Wennn nicht - Atomkrieg in Europa.

Wendepunkt in der Ausbildung der ukrainischen Armee soll wohl die für die ukrainische Armee verlorene Schlacht bei Debalzewe gegen die Rebellen im Jahr 2015 gewesen sein.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kampf_um_Debalzewe

Ach so? Der Krieg in der Ukraine ging schon vor dem 24.02.22 los?
[[ironie]]

Nach diesem Debakel hat man sich an die NATO gewandt, die seitdem das Kommando in der Ausbildung der ukrainischen Armee übernommen hat. Ich kenne das NATO-Militär nicht, aber nach meinen persönlichen Erfahrungen mit den Sowjets kann ich mir vorstellen, dass die militärische Ausbildung in der NATO/bei den Amerikanern wesentlich effektiver ist als seinerzeit bei den Sowjets.

So ist es. Und noch viel mehr. Auch dieses hat Putin unterschätzt. In die Falle gelatscht wie Hitler m. E.

Das haben wohl auch die Ukrainer gemerkt, die ja noch unter dem Einfluss der sowjetischen Militärdoktrin stand und dass die sowjetischen Militärmethoden einfach uneffektiv und nicht mehr zeitgemäß sind.

Vielleicht sind daher die Ukrainer zum jetzigen Zeitpunkt ausbildungstechnisch und taktisch auf einem besseren Stand als die Russen, die die Militärdoktrin der Sowjets noch weiter verfolgen.

Aber alles nur Spekulation. Wir wissen letztendlich nichts.

Sage ich auch immer: Ich weiß nix. Aber eine Arbeitsversion muss man haben! Meine aktuelle ist so: Da kommt Schlimmes auf uns zu. --> Carpe diem.

Gruß Plancius

Dito

H.


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