Wenn der Schlendrian bei den Russen immer noch das Kommando führt wie anno 1988, dann taugt die russische Armee nach wie vor in der Wurzel nichts.

Plancius, Sonntag, 10.04.2022, 13:27 (vor 772 Tagen) @ DT5925 Views

Ein für mich nach wie vor unbekannter Parameter ist der Ausbildungsstand der russischen und der ukrainischen Armee.

Wie ich schon mal erwähnte, habe ich meine Wehrdienst in der NVA der 80er Jahre geleistet. Insgesamt war die militärische Ausbildung sehr schlecht. Wir haben praktisch nur den Stellungskrieg a la Verdun 1916 geübt. Der Schwerpunkt wurde auf Drill, persönliche Erniedrigung der Rekruten und Etablierung einer EK-Bewegung (Entlassungskandidaten) gelegt.

Bei den Russen war es wohl ähnlich, nur waren da Drill und persönliche Erniedrigung der Soldaten noch stärker ausgeprägt und es kam noch der Schlendrian und der Suff des Offizierskorps dazu.

Der Schlendrian hätte uns in einem gemeinsamen Manöver 1988 in der Colbitz-Letzlinger Heide fast das Leben gekostet. Die Sowjets haben einfach die Koordinaten falsch eingegeben und drauf los geballert, so dass die Granaten der Haubitzen neben uns einschlugen. Ich habe des Pfeifen noch in den Ohren, als die Granaten vor ihrer Explosion niedergingen. Unser Regimentskommandeur war außer sich vor Wut.

Also wenn die russische Armee noch so geführt wird wie in den 80er Jahren, dann sind hohe Verluste auf deren Seite nichts Ungewöhnliches. Dann kann ich es auch nachvollziehen, dass die Russen in ihrem viele km langen Konvoi in Richtung Kiew in völliger Selbstüberschätzung wie auf einer Parade eingefahren sind und die Ukrainer nur noch drauf halten mussten.

Wendepunkt in der Ausbildung der ukrainischen Armee soll wohl die für die ukrainische Armee verlorene Schlacht bei Debalzewe gegen die Rebellen im Jahr 2015 gewesen sein.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kampf_um_Debalzewe

Nach diesem Debakel hat man sich an die NATO gewandt, die seitdem das Kommando in der Ausbildung der ukrainischen Armee übernommen hat. Ich kenne das NATO-Militär nicht, aber nach meinen persönlichen Erfahrungen mit den Sowjets kann ich mir vorstellen, dass die militärische Ausbildung in der NATO/bei den Amerikanern wesentlich effektiver ist als seinerzeit bei den Sowjets.

Das haben wohl auch die Ukrainer gemerkt, die ja noch unter dem Einfluss der sowjetischen Militärdoktrin stand und dass die sowjetischen Militärmethoden einfach uneffektiv und nicht mehr zeitgemäß sind.

Vielleicht sind daher die Ukrainer zum jetzigen Zeitpunkt ausbildungstechnisch und taktisch auf einem besseren Stand als die Russen, die die Militärdoktrin der Sowjets noch weiter verfolgen.

Aber alles nur Spekulation. Wir wissen letztendlich nichts.

Gruß Plancius

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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER


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