Grundsteuerreform in der Praxis.

Plancius, Mittwoch, 26.03.2025, 08:33 (vor 5 Tagen)3141 Views

Auch in unserer Stadt ist nun die neue Grundsteuer mit den neuen Hebesätzen verabschiedet worden.

Die Grundsteuerreform war ja ein großes Politikum in den letzten Jahren. Dass die Bemessungsgrundlagen einer Neuermittlung bedurften war prinzipieller Konsens über alle politischen Fraktionen hinweg. Allerdings war die Art und Weise der Datenerhebung sehr umstritten. Obwohl die Finanzämter eigentlich alle Daten hatten, musste sich der einzelne Bürger Bodenrichtwerte, Flurkartennummern usw. online über Portale besorgen, womit ein großer Teil, zumeist alter oder bildungsferner Bürger sowie Nicht-Deutsch-Muttersprachler schlicht überfordert waren.

Nachdem die Datenermittlung geschehen war, brauchte ein jeder nur noch auf den Grundsteuerbescheid zu warten, der dann im Jahr 2024 im Briefkasten lag.

Oppositionelle Bürger haben natürlich zu Beginn gegen die Datenerhebung gewettert bzw. nach Erhalt des Grundsteuerbescheids dazu aufgerufen, Einspruch dagegen einzulegen.

Ich habe als Kommunalvertreter den ganzen Prozess der Grundsteuerreform in der Stadtverwaltung begleitet und muss im nachhinein feststellen, dass die Kämmerer zwar einen Haufen Arbeit damit hatten, aber das Ziel der Grundsteuerreform - eine stärkere Spreizung der Höhe der Grundsteuer nach Wert des Gebäudes, Wohnfläche und Lage - erreicht worden ist, so wie vom Gesetzgeber auch beabsichtigt war.

In unserer Stadt waren alle politischen Vertreter im Stadtparlament an einer aufkommensneutralen Ausgestaltung der neuen Grundsteuer interessiert, der Hebesatz sollte also so gewählt werden, dass die Kommune dasselbe Grundsteueraufkommen erwirtschaftet wie im letzten Jahr. Dieser Hebesatz wurde vom Kämmerer berechnet und vom Stadtparlament auch verabschiedet.

Selbstverständlich gab es auch bei uns Fälle, wo die Grundsteuerbescheid auf einmal eine Erhöhung von 1.000% vorsah. Dies lag immer daran, dass die Bürger ihre Grundstücksfläche als Wohnfläche angegeben haben. Jene Bürger erhielten Unterstützung vom Amt Finanzen der Stadt, um den Fehler zu korrigieren, was auch in allen Fällen klappte. Die Finanzämter waren hier ausgesprochen kooperativ.

Diejenigen, die ein neuwertiges Haus besitzen und in den teuren Lagen der Stadt wohnen, müssen ca. 25% mehr Grundsteuer zahlen. Viele andere Hauseigentümer mit einem alten Haus und in schlechten Lagen zahlen weniger als vorher.

Man sollte also vorsichtig sein, wenn man auf Schlagzeilen stößt, wo jemand eine extreme Steigerung der Grundsteuer beklagt. Es wird sich wohl dabei um einen Erhebungsfehler handeln.

Gruß Plancius

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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER


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