Die Einseitigkeit, mit der viele Menschen die Welt betrachten, wird mir immer ein Rätsel bleiben
Viele Menschen kennen den Ausspruch: "Für den, der nur einen Hammer hat, ist jedes Problem ein Nagel." Er beschreibt die Einseitigkeit, mit der viele Menschen ihre Umwelt betrachten. Da sie zu einer differenzierten Denkweise aus den verschiedensten Gründen entweder nicht geneigt oder manche auch fähig sind, finden sie die Lösung für Probleme häufig darin, dass sie zu hundert Prozent und mit geradezu religiöser Inbrunst einen Standpunkt beziehen, den sie niemals verlassen, auch wenn die Fakten zwingend gegen ihre Position sprechen.
Sehr anschaulich wurde dieses Verhalten in den Corona-Jahren, wo diejenigen, die an das vorherrschende Narrativ glauben wollten, sich wie die Anhänger einer Sekte aufführten, wenn es darum ging, wie man mit der "Situation" umgehen sollte. Dabei ignorierten sie konsequent alle Hinweise die dazu hätten führen können, ihren Glauben an die "schlimmste Pandemie aller Zeiten" auch nur im Ansatz zu erschüttern. Ihr Vorgehen war dabei teilweise grotesk, wenn Fakten unter den Teppich gekehrt und einstmals hochangesehene Wissenschaftler entweder diskreditiert oder gleich totgeschwiegen wurden.
Über die Situation im Nahen Osten seit Beginn der zionistischen Bewegung Ende des 19. Jahrhunderts sind unzählige Bücher verfasst worden und die Ansichten über das entstandene Dilemma gehen weit auseinander und das wohl auf der gesamten Welt. Interessanterweise unterscheidet sich die westliche Wertegemeinschaft in ihrer Betrachtung und Bewertung der Hintergründe dabei ziemlich fundamental vom Rest der Welt. Während der Konflikt zwischen Israel und Palästinenser in weiten Teilen der Welt differenziert betrachtet wird, neigen die meisten Menschen in Westeuropa und den USA dazu, die Schuld für die jahrzehntelange Gewalt bei den Palästinensern zu suchen, deren immer wieder auftretende terroristische Gewaltakte der eigentlich Grund dafür sei, dass diese Region nicht zur Ruhe komme.
Wer sich ernsthaft mit den geschichtlichen Hintergründen dieses Konflikts befasst und zu einer differenzierten Sichtweise befähigt ist, wird zwangsläufig niemals den "Hammer" benutzen, um zur Lösung des Problems einen "Nagel" einzuschlagen, denn zum einen gibt es diesen Nagel nicht, weil die Situation äußerst komplex ist, und zum anderen wäre ein Hammer, sprich eine einzige, womöglich radikale Maßnahme, mit Sicherheit kein geeignetes Instrument, damit endlich Frieden in diese geschundene Region einzieht.
Wenn ich heute lesen muss, dass das, was seit einem Jahr im Nahen Osten geschieht, leider unumgänglich sei, weil es praktisch keine andere Lösung geben könne, da eine Konfliktpartei nunmal mit ihrer Gewalt nicht aufhören wolle, fühle ich mich sehr stark an die vergangenen vier Jahre bei uns erinnert, wo ich an der einseitigen Betrachtungsweise meiner Mitmenschen und vor allem ihrem Handeln schier verzweifelte und ich mich ständig fragte, ob das Zeitalter der Aufklärung nicht nur eine Schimäre war. Angesichts dessen, was wir seit 2020 erlebt haben und weiter erleben müssen, wären Kant Zweifel gekommen, ob sein kategorischer Imperativ in einer menschlichen Gesellschaft überhaupt möglich ist.
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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."
William Keith Chesterton