Du liegst falsch!

Weiner, Mittwoch, 03.02.2021, 00:52 (vor 1179 Tagen) @ re-aktionaer2334 Views

Hallo re-aktionär!

Vielen Dank für Deinen Beitrag und die interessante Sichtweise, die ich durchaus verstehe.

Die Chinesen kopieren ihre Unternehmenskultur 1:1 in diesen [afrikanischen] Ländern. Das Individuum zählt nichts, und gearbeitet wird auf Teufel komm raus. In den Fabriken sitzen verschreckte kleine Afrikaner, die so tun, als wären sie Chinesen, weils verhältnismäßig viel Kohle gibt. Aber in meinen Augen ist China ein Koloss auf tönernen Füßen.
Die Gesellschaftsform verhindert Individualismus und damit Innovation. Das Land ist total inhomogen - von 1. bis 3. Welt gibt es alles. Und es gibt vieeele ethnische Minderheiten, deren Namen wir noch nicht mal gehört haben.
Alles Sprengstoff.
Alles Angriffsflächen, die man nutzen wird.

Ich habe ähnliche afrikanische Einsichten mitbekommen beim Tomatenanbau, den die Chinesen nach Afrika zu verlagern begonnen haben, weil inzwischen die Arbeiter in China zu hohe Lohnansprüche haben. Die armen Schwarzen dagegen kann man noch richtig ausbeuten und umherscheuchen. Lange machen's die aber auch nicht mehr ...

In einem Beitrag heute morgen habe ich die internen russischen Machtkonstellationen knapp skizziert. Und in einem weiteren Beitrag habe ich gesagt, dass es ein östliches Welt-Steuerzentrum gibt, das scheinbar (!) sehr zentralisiert sei. Damit meinte ich natürlich Peking und ich habe die Formulierung "scheinbar" durchaus überlegt gewählt.

Denn die chinesische 'Regierung' in der 'verbotenen Stadt' ist genauso wenig ein monolithischer Block wie der Kreml. Die kommunistische Partei hat mehr Mitglieder als Deutschland Einwohner, und deshalb sind dort Dutzende von 'Parteiflügeln' auszumachen, die in andauerndem Wettbewerb miteinander stehen. Daneben gibt es, wie in Russland, ebenfalls die Einflußnahme aus der Wirtschaft - eigentlich sind das auch Oligarchen, die im Übrigen die Kommunisten verachten, wiewohl all diese Millionäre und Milliardäre formal meistens doch Parteimitglied sind. Und schließlich spielt das Militär eine extrem wichtige Rolle. XI ist deshalb Generalsekretär in der Partei, zugleich aber auch Vorsitzender der Zentralen Militärkommission und außerdem Staatspräsident. Unter der letzten Firmierung kennen wir ihn im Westen, doch das ist die allerunwichtigste ...

Das entscheidende Jahr für die VRChina war 2012, als die Frau eines hohen Parteifunktionäres (und Bürgermeisters einer wichtigen Metropole) den britischen Geschäftsmann und MI-6-Zuträger Neil Heywood ermordete. Bei der Aufklärung dieses Falles kamen haarsträubende Korruptionsgeschichten und finanzielle Verflechtungen mit dem Ausland zu Tage. Den Chinesen wurde klar, dass wenn sie so weitermachten, dann China das gleiche blühen würde wie Russland in den 1990er Jahren: die Machtübernahme des westlichen Kapitals. Deshalb wurde in Peking genau analysiert, wie und warum die Sowjetunion zusammengebrochen ist. Und man hat entschieden, dass das mit China nicht passieren darf. Mit dieser Weichenstellung begann der eigentliche Aufstieg von XI.

Wenn man es genau nimmt, war diese zentrale Frage dennoch ein wenig offen geblieben bis vor einem Jahr. Ich habe damals hier geschrieben, dass die absichtliche und gezielte Streung von CORONA in Wuhan ein letzter Versuch war, die Herrschaft von XI zu destabilisieren - und zwar in Absprache mit Akteuren in den USA. Entsprechend scharf musste XI reagieren. Seinen harten Lockdown haben nun alle imitiert. Denn Lockdowns, ganz allgemein, sind offenbar sehr nützlich ...

Was ich damit sagen will: natürlich ist China ein wackeliger Koloss! Der Ausdruck 'tönerne Füße' passt nicht ganz, eher würde ich sagen, ein weicher Wackelpudding. Vor ein paar Wochen habe ich einen LINK hier eingestellt zu einem Interview mit Michael Hudson, in dem sehr genau aufgezeigt wird, wie die Chinesen in Bezug auf das Kredit- und Geldsystem noch ziemlich am Laborieren sind. In vielen anderen Bereichen ist das ganz ähnlich. Die berühmte Road-and-Belt-Geschichte kam zB. nur zustande, weil es im Infrastrukturbereich vor 10 Jahren extreme Überkapazitäten gab. Aber man hat das beste daraus gemacht ...

Trotz dieser Risse im chinesischen System darfst Dir absolut sicher sein: wenn irgendwo eine existentielle Gefahr droht, dann werden Militär und Polizei und Geheimdienste und der Parteiapparat und die Bürokratie unisono mobilisiert und in die Schlacht geworfen, um die Einheit des Staatssystems zu erhalten. Hierbei ist kein Preis zu hoch ...

Solange aber niemand China existentiell herausfordert, wird es seinen bisherigen 'Siegeszug' fortsetzen.

Siehst Du jemand, der China existentiell herausfordern könnte?

Ich nicht. Die heute morgen von mir hier erwähnte Kooperation Europa-Russland würde zwar China nicht herausfordern können (und müssen), jedoch würde sie das aktuelle geopolitische Gesamtsystem etwas entspannen, ausgleichen und besser balancieren können. Weder die chinesischen Hardliner noch die transatlantischen Globalisten haben aber ein Interesse an einem starken Block EU plus RU.

Deswegen läuft es auf ein bipolares System hinaus. Zum Schaden von Russland und Europa.

Weiner


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