Vincent van Gogh – die Spanische Treppe – Cindy Crawford – Goethe
Liebe Silke,
in dem Meisterwerk "Holzsammler im Schnee" von Vincent van Gogh zerstört das chocartige Auftreten der untergehenden letzte Wärme spendenden Abendsonne als ein punctum nur scheinbar die symmetrische Ästhetik des Gesamtbildes.
Die gewollten Störungen in den mehrfach verschobenen Fluchtlinien der Treppenanlage über der Piazza di Spagna in Rom und die doppelte Unterbrechung des Stufenfalls durch eingefügte Terrassen sind auch nur ein Spiel mit der Symmetrie. In den Worten von Joachim Fest (S. 337): "… in der willentlich riskierten Verfehlung des Vollkommenen [wird] eine höhere Vollkommenheit erreicht."
Das Besondere und das Andersartige machen das Einmalige aller Dinge aus – sie sind der Schlüssel zur Ästhetik. Durch kleine Makel und Asymmetrien gewinnen Dinge und Menschen Sympathien – wie der Leberfleck auf der Oberlippe von Cindy Crawford.
Diese Beispiele führen letztendlich auf die Frage, welches Prinzip – Symmetrie oder Asymmetrie – ist das Grundmuster der Natur – in welcher Relation stehen Ordnung und Chaos zueinander. Beide Prinzipien sind nicht voneinander zu trennen.
Die Paradoxie der 'göttlichen' Teilung – das Verhältnis zwischen Minor und Major ist gleich dem zwischen Major und dem Ganzen – liegt darin, dass von der Teilung auf das Ganze zurückgeschlossen werden kann. Das Besondere im Goldenen Schnitt ist jetzt, dass in seinem scheinbar asymmetrischen Verhältnis zweimal die Symmetrie auftritt, wie die Abbildung 6 zeigt: die Gleichheit der Proportionen und die Gleichheit der Teile. Der Goldene Schnitt verbindet die Symmetrie mit der Asymmetrie. Diese verbindende Eigenschaft wird 'Proportio divina' – göttliche Teilung genannt.
Der Goldene Schnitt und die Fibonacci-Folge sind von ursprünglicher und allgemeingültiger Bedeutung – sie sind ein objektives Entwicklungsmuster in der Natur und stellen optimale Vereinfachungen in der Entwicklung und Konstruktion dar. Der Goldene Schnitt ist Tor zu einer übergeordneten Problematik – er umfasst alle Lebensbereiche.
Alles Weitere in: http://www.golden-section.eu/home.html
Die nächste kreative Phase?
Ich möchte für mich die Fibonacci-Folge mit dem Goldenen Schnitt als ein anerkanntes Muster der Entwicklung in den Naturwissenschaften (Physik, Biologie usw.) nutzbar machen für den Debitismus, der eine "reine Beschreibung, was sich ergibt, sofern Schulden existieren." ist. Der Debitismus schafft mit der Schuldhaftigkeit einen Phasenraum der Schwingungen und Wellen, der bisher ausschließlich von @Ashitaka zum Beispiel in dem Faden, aus dem sein von dir in diesem Faden gesetztes Zitat stammt, beschrieben wurde – die Schulden unterliegen schließlich einem Wachstum- und Entwicklungsprozess, der in allen Einzelheiten im Forum diskutiert wurde. Seine Betrachtungen beinhalten ja den Goldenen Schnitt und die Fibonacci-Folge, und das Zitat enthält auch das Lokal-Global-Prinzip, das dort zu einer kleinen Zwischen-Diskussion führte.
In dieser Hinsicht ist für mich die Abbildung 6 von großer Bedeutung: Das Additions- und Bezugsgesetz der Fibonacci-Folge transportiert unausweichlich den vergangenen Phasenraum mit den goldenen Proportionen über die Gegenwart in jenen der Zukunft – es gibt für uns kein Entrinnen aus der Zentralmachtordnung, die schlagartig nach Überschreiten der Dunbar-Zahl von 144, die als 12. Fibonacci-Zahl das Quadrat der Zahl 12 selbst ist, entsteht. Die vertikale Symmetrieachse spiegelt symmetrisch die asymmetrischen Grundverhältnisse des Goldenen Schnittes aus Vergangenheit und Zukunft. Die lineare Abfolge entspricht dem Nebeneinander der Fibonacci-Folge. Alle zivilisatorischen Versuche die Sectio Aurea mit der Fibonacci-Folge außer Kraft zu setzen, sind zum Scheitern verurteilt.
Die Bewusstwerdung der Vergangenheit und der Zukunft als mentale Konstruktion im Gegenwärtigen mithilfe der Sectio Aurea und der Fibonacci-Folge ist schon sehr bemerkenswert.
In den Worten von Goethe:
" ... sie [die Natur] schafft ewig neue Gestalten; was da ist, war noch nie; was war, kommt nicht wieder – alles ist neu und doch immer das Alte."
Gruß â€“ Ostfriese