Hallo Plancius, hoch interessant! (mT)

DT, Sonntag, 20.10.2024, 01:31 (vor 2 Tagen) @ Plancius2654 Views
bearbeitet von DT, Sonntag, 20.10.2024, 02:26

Aber sorry, 40% ist bei weitem daneben gegriffen.

Vielleicht kennst Du nur ca 60-jährige, die in Lohn und Brot gestanden haben.
Fett verdient in der Chemieindustrie in NRW, aber einigermaßen gemäßigte Wohnkosten.

Ich habe selber einmal in der Gegend gelebt und weiß, wie gut das Verhältnis aus Verdienst zu Wohnkosten war. Wenn man in den Dörfern auf der anderen Rheinseite gewohnt hat und schon vor 40 Jahren oder 30 Jahren ein Haus gebaut hat, oder gar in der Bonner Gegend nach dem Umzug des Bundestages in den frühen 2000er Jahren etwas kaufen wollte, da gab es zum Teil Südstadt-Villen für 300-400000 EUR, die heute locker 2 Mio EUR kosten. Wohnungen, zum Beispiel von den Amis Richtung Bad Godesberg gab es für zwischen 60 und 70000 Euro. Rheinaue, super gelegen, 60-70 m². Oder in Beuel oder Schwarzrheindorf eine ETW in der Rheinaue hinter dem Deich für 240000 DM (120 kEUR) für ca 60 m² Anfang der 2000er Jahre. Mindestens das dreifache heute.

Hier ist die Statistik der Löhne in Deutschland (leider nur von 2020, dürfte sich aber nicht groß geändert haben):

https://m.focus.de/finanzen/reichtum-in-deutschland-sind-sie-reich-3200-und-5700-euro-s...

[image]

Jetzt kannst Du ja mal kumulieren, wo die oberen 40% beginnen. Ich komme auf ca 2200 EUR.

Du kennst wahrscheinlich hauptsächlich oder hast in Deiner Verwandschaft bevorzugt Leute mit Abitur im Bereich Alter 60+.

Da mußt Du Dir bewußt sein, daß diese in den 1980er Jahren zu den Top 10-20% Besten eines Jahrgangs zählten, denn damals gingen von der Grundschule aus (zumindest war das bei mir so) nur 6-7 aus 30 Schülern aufs Gymnasium, und die Hälfte hat davon dann auch das Abi geschafft. Also 3 von 30, macht 10%.

Daß diese 10-20% dann auch in der Top 10-20% Einkommensliga spielen, sofern sie nicht Selbständige oder Handwerker oder Firmengründer wurden, ist ja auch nachvollziehbar, da Schulabschluß und Lebenseinkommen korrelieren. Und vermutlich bist Du aufgrund Deiner eigenen Ausbildung in der Kölner Gegend hauptsächlich mit dieser Personenkohorte zusammen getroffen.

Schaut man sich dann an, wo die 10-20% Grenzen liegen, dann sieht man, daß das schon eher in der >3000 EUR p.M. Klasse liegt, und wenn dann noch beide Ehepartner Akademiker waren, kein Wunder.

In der Münchner oder Stuttgarter Gegend dürfte das anders aussehen, denn dort sind auch diejenigen aus Deiner Alterskohorte schon die Gebissenen gewesen, denn schon in den 90ern war es dort ohne Erbschaft oder ohne Einheiraten in die lokale Gesellschaft oder ohne das zufällige Aufwachsen in der Gegend oder ohne voll ins Risiko gehen und einen sehr hohen Kredit aufzunehmen praktisch unmöglich, zu einem freistehenden EFH zu kommen.

Ich erinnere mich noch an die Aussage eines Nobelpreisträgers, der sagte, mit dem steuerfreien (!) Nobelpreisgeld würde es für ihn gerade mal für ein schönes Reihenhaus reichen. Das war in NRW damals sicher noch anders.

Allerdings muß man sagen, daß seit dem Aufkommen des Online-Tradings Mitte der 90er es für jede Familie möglich war, relativ schnell zB mit dem Kindergeld zu anständigem Vermögen zu kommen. Damals sind Aktien wie SAP, zu Beginn die Telekom (Ausgabepreis 14,57 EUR im November 1996), dann die ganzen Werte im Neuen Markt, wo zum Teil Gewinne von 30% pro Tag (!) drin waren, Hunderte von High-Techs, die klar Marktführer waren wie Amazon, Google, Intel, Cisco, die ganzen Telekom-Werte Ende der 90er sehr große Renditebringer gewesen, und nach 1 Jahr Haltezeit waren die gesamten Gewinne sogar noch steuerfrei!

Mitte der 90er Jahre gab es Bundesschatzbriefe Typ B mit 7 Jahren Laufzeit mit 7.5-9% Rendite p.a., mit Zinseszins. Garantierte Verzinsung. Wer da nicht zugegriffen hatte, war selber schuld.

Du hast es ja gemacht und bist in den Westen rüber, die Ossis waren im Schnitt besser ausgebildet als die Wessis, ich bin ebenfalls durch die Welt getourt, weil ich schon in der Schule davon geträumt habe, außerhalb von Deutschland zu arbeiten, und habe dadurch viel über Deutschland von Außen gennen gelernt, aber auch gesehen, wie woanders die Uhren ticken und die Leute drauf sind und wie man über das Leben, die Einstellung zu Ausbildung und Bildung, Beruf, Geld, Familie, Freizeit, Liebe, Work-Life-Balance etc. denkt. Das war die allerwertvollste Erfahrung überhaupt. Und das rate ich auch meinem Nachwuchs und lege größten Wert darauf.

Und leider haben unsere Politiker diese Erfahrungen zum Großteil nicht gemacht, außer dem Lenchen mit seinen paar Monaten gekaufter LSE in London. Aber woanders arbeiten, mit den Leuten leben, vielleicht sogar Teil einer Familie sein im Ausland, das ist die wahre Erfahrung, die einen global aufstellt und global denken läßt.

Putin zB hat durch seine Auslandstätigkeit, v.a. auch in Deutschland, dadurch einen unschätzbaren Vorteil. Die meisten andereren Regierungschefs kennen das Ausland nicht aus eigener Erfahrung.

Du hast es auch "geschafft", weil Du "ins Ausland", ich nenne mal provozierend das damalige West-D so, gegangen bist. Und das wollen die meisten nicht.

Gruß DT


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