Grenzfälle zum Steuerbetrug

Pingpong, Montag, 03.04.2023, 01:15 (vor 392 Tagen) @ Manuel H.1548 Views
bearbeitet von Pingpong, Montag, 03.04.2023, 02:11

Die Realität besteht doch fast ausschließlich aus Grenzfällen, die man so oder auch anders interpretieren kann.

So vereinfacht stimmt das nicht:
Ja, es gibt Grenzfälle, über die man diskutieren kann.
Aber es gibt eben auch sehr einfach gelagerte Fälle, in denen jedes Gericht zum Urteil kommen wird, dass der betr. Unternehmer wissentlich und willentlich versucht hat, durch rechtswidrige Umwidmung privat veranlasster Ausgaben zu angeblichen Firmenausgaben die pers. Steuerlast zu vermindern, wodurch dann im Ergebnis eine Steuerverkürzung / Steuerhinterziehung verwirklicht worden ist.

War der Puffbesuch für den schwulen Maschinenverkäufer, um der Baufirma irgendeine Maschine anzudrehen, geschäftlich oder privat veranlasst? (früher umstandslos ja, heute nein, unabhängig, ob hetero oder schwul)

Wenn eine Ausgabe nachweisbar zu 100% geschäftlichen Zwecken diente, dann ist diese zunächst einmal im Grundsatz als Betriebsausgabe abzugsfähig.
Bzgl. Bordellbesuchen gibt es hingegen spezielle Urteile, in denen festgestellt worden ist, dass Kosten für Sexdienstleistungen nicht als Betriebskosten geltend gemacht werden können, sh. z.B. hier:

https://www.kostenlose-urteile.de/BFH_III-R-2186_Bordellbesuche-sind-steuerlich-nicht-a...

Wie ist der Ärzte-Kongress in Zermatt zu bewerten, wenn während der tagungsfreien Tage ein Skipass erworben wurde?
(dann privat veranlasst, Skipass besser bar bezahlen)

Könnte problematisch werden, wenn daraus abgeleitet werden könnte, dass der Ärztekongress nicht im Mittelpunkt der Reise stand.
Aufwendungen für Privatvergnügen sind nunmal nicht geschäftlich abzugsfähig.
Und die Abgrenzung scheint Dir ja auch selbst gar nicht so schwer zu fallen, da Du ja selbst darauf hinweist, dass es in diesem Fall klüger sei, den Skipass für das Privatvergnügen lieber bar zu bezahlen, um keine nachvollziehbare Spur zu hinterlassen. :)

War die Bewirtung im fünf-Sterne-Restaurant tatsächlich nötig?
(ja, immer geschäftlich)

Auch bei Bewirtungsaufwendungen sind nicht alle Ausgaben vollständig abzugsfähig, sondern nur ein Teil, da ja davon ausgegangen werden muss, dass man selbst ja auch gegessen hat. Wenn ich das richtig im Kopf habe, sind derzeit 70% der Bewirtungskosten abzugsfähig, sofern an dem Abend tatsächlich auch betriebliche Belange besprochen / verfolgt werden - und sofern die Ausgaben "angemessen" sind.
Tja, und was angemessen ist, das entscheidet dann - sofern man sich nicht einigen kann - notfalls ein Gericht. :)

Ist der Kauf eines Mont-Blanc-Kugelschreibers für 750 Euro tatsächlich als Bürobedarf geschäftlich?
(ja)

Ja. Wenn ich aber hingegen 100 Mont-Blanc-Kugelschreiber kaufe, um diese meiner Freundin zu schenken, dann dürfte es sehr leicht sein, daraus eine vorsätzliche Steuerhinterziehung zu konstruieren.

Die Krawatte für den nie Krawatte tragenden start-up-Freak, der einen Bankentermin hat, der Ärztekittel für einen niedergelassenen Arzt?
(Krawatte privat, Kittel geschäftlich)

Blumengeschenk an einen Geschäftspartner als Geschenk?
(generall ja, jedoch ein Arzt, der Blumen auf das Grab seines Patienten legt, kann die Kosten nicht absetzen, Begründung: der Tote ist ja kein Kunde mehr, ist also privat veranlasst)

Nie gehört, dass daraus dann eine Steuerhinterziehung gebastelt wird.

Dass Du davon noch nie gehört hast, bedeutet nicht, dass es das nicht gibt.

Letztlich sind viele solcher Fragen schlichtweg Ermessensfragen:
Wegen eines Vorgang, bei dem der Bürger nachvollziehbar erklären kann, weshalb er diese Ausgabe für eine betrieblich veranlasste Ausgabe hielt und somit bereits schon der Vorsatz fehlt, wird man sicherlich kein Strafverfahren eröffnen wollen.

§370 AO sieht hier ja ausdrücklich als Tatbestandsmerkmal vor, dass über "steuerlich erhebliche Tatsachen" unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden - wenn ich also irrtümlich irgendeinen kleinen Beleg falsch deklariere, dann wird man das kaum als erheblich betrachten wollen.

Wenn ich aber EUR 100.000,- aus meiner Firmenkasse für einen teuren Puff-Luxusurlaub nehme und dann behaupte, dass sei alles geschäftlich veranlasst gewesen und dies dann im Ergebnis zu einer Verkürzung der Steuerlast führt, wirst Du sicherlich nicht erwarten, dass das keine weiteren Rechtsfolgen nach sich zieht.

Der Betriebsprüfer würde mit Sicherheit den Vorgang an die entspr. Stellen zur Prüfung, Ermittlung und Bestrafung weitergeben.


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