Vermischen von Mikro- und Makroökonomie

Nico, Samstag, 25.02.2017, 23:39 (vor 2829 Tagen) @ Mephistopheles4885 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 25.02.2017, 23:57

Es ist also schon richtig, werter Mephistopheles, dass im Rahmen einer mikroökonomischen (betriebswirtschaftlichen) Betrachtung die s.g. „Unternehmer“ die Lohnsteuer, wie auch die Umsatzsteuer BEZAHLEN. Diese Feststellung ist aber profan und uninteressant. Der Begriff des „Bezahlens“ ist doch bereits selbst ein rein betriebswirtschaftlicher Begriff, welchen wir Debitisten in unserem ausgewiesenen Debitisten-Forum dabei ja sogar direkt als das „Stellen eines Nachschuldners“ definieren – und womit doch wohl bereits alles gesagt sein dürfte.

Genauso gut könnte man im Übrigen auch der Frage nachgehen, ob eigentlich der Fußballspieler von seinem Verein finanziert wird, oder vielleicht ja doch von den Zuschauern, oder ja von den Arbeitgebern der Zuschauer, oder ja doch von den Aktionären der Arbeitgeber. [[freude]]

Das aber will niemand wissen. Der Unterschied zu der Frage wer nun die Umsatz-, wie auch die Lohnsteuer bezahlt, besteht nur darin, dass durch diese ein politisches, und d.h. ein makroökonomisches Interesse irreführend getriggert wird. Politisch stellt sich diese so formulierte Frage aber nicht, und ist auch nicht zu beantworten, denn hier ginge es nicht um die Frage, wer diese Steuern bezahlt, sondern höchstens wer diese physisch trägt. Schließlich könnten wir nämlich zunächst davon ausgehen, dass es doch jedem frei steht, selbst zu entscheiden, ob er Unternehmer oder lieber Arbeitnehmer sein will. Wäre es dabei z.B. so, dass zwar alle ohne weiteres Unternehmer werden könnten, und es nur nicht wollen, weil sie dann für die Arbeitnehmer die ganzen Steuern bezahlen müssen, dann könnte es ja zunächst eine politische Frage sein. Allerdings bestehen immer noch Marktkräfte, und solange für alle Unternehmer die gleichen Regeln gelten, verhalten sich diese Steuern für die Unternehmer untereinander, wie auch gegenüber den Arbeitnehmern neutral. Nicht neutral verhalten sich diese Steuern nur gegenüber der Gesamtheit aller Marktteilnehmer. So nimmt es nicht Wunder, wenn z.B. Baumärkte wie Pilze aus dem Boden wachsen, wenn die Menschen damit Steuern sparen können, wenn sie sich Sachen selbst zusammenbasteln, welche eigentlich von ausgebildeten Personal erledigt werden sollten. Politisch relevant wäre hier sicher die Frage, ob es diese Formen der Besteuerung überhaupt geben sollte – und ich glaube dabei nein – aber nicht welche Gruppierung diese monetär bezahlen würde. Schließlich setzt das Bezahlen auch das Vermögen dazu voraus, und es ist dieses Vermögen, welches den Unternehmer zu diesen macht, und den Arbeitnehmer zu einen solchen, weil er es nicht hat.

Das Geldwesen scheint schon etwas sehr verwirrendes zu sein, dass es so viele Menschen dazu verleitet, ausgerechnet die Privilegierten als die Ausgebeuteten zu erblicken und die Besitzlosen als die Ausbeuter. Der Staatsapparat ist zweifelsohne korrupt, und die große Mehrheit aller Menschen (einschließlich der s.g. Unternehmer wie auch Arbeitnehmer) werden ausgebeutet, und die Diskussion, wer die Steuern bezahlt und wer nicht, legitimiert diese Ausbeutung letztlich nur.

So kann es dann auch kaum noch überraschen, dass genau solch eine Vermischung von Mikro- und Makroökonomie ein zentrales Instrument der gezielten Irreführung in unserem tagtäglichen medialen Polit-Theater bedeutet. Eine nicht minder, aber vorsätzlich hirnrissige Fragestellung wäre als Beispiel auch die, ob eine nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik (progressiv) einer angebotsorientierten (konservativ) vorzuziehen sei, oder vielleicht umgekehrt. Aus einer ausdrücklich volkswirtschaftlichen, und somit politischen Sicht gibt es überhaupt keinen Unterschied zwischen „Arbeitnehmern“ und „Unternehmern“; sie alle sind einfach Wirtschaftsindividuen und ein jedes dieser Wirtschaftsindividuen betreibt im Rahmen seiner eigenen Unternehmung Angebot und Nachfrage in einer Person. Die meisten von ihnen sind arm und die wenigen anderen sind reich, und im Rahmen der von dir selbst entdeckten 80/20%-Regel, welche du gerne bewirbst, aber nur solange diese uns Sozis missfällt, wäre das auch richtig so. Dass der Unterschied zwischen Arm und Reich aber weit über dieses Ideal hinausgeht, hat seine Ursache hauptsächlich in der fehlenden Demokratie und der fehlenden Souveränität der Staaten, welche anstatt fehlende Gelder selbst zu erzeugen, diese kreditär auf dem Privatsektor aufnehmen (Staatsverschuldung →Verrentung) , und zugleich privates Eigentum an Grund und Boden schützen, statt diesen gemäß ihrer Natur als nicht vom Menschen Erschaffenes zu verstaatlichen. Diese Grundeinstellung kann unmöglich etwas anderes als wirtschaftliche Paralyse fest verbunden mit Sozialer Ungerechtigkeit hervorbringen.

Besten Dank also für die Gelegenheit, auf die Perfidie solcher dialektischer Pseudofragen einmal hinweisen zu können. Von der selben Qualität des Denkens zeugen auch die regelmäßig zu ertragenen Behauptungen wie etwa die, dass Hartz4-Empfänger auf Kosten der Gesellschaft leben würden. Ja, auf Kosten vielleicht, Kosten sind aber auch ein betriebswirtschaftliches Thema. Volkswirtschaftlich gesehen sind es hingegen die Wohlstandsheuchler, welche ihre Privilegien verteidigen und sich so der dringend gebotenen volkswirtschaftlichen Reform in den Weg stellen.

[[herz]]

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... in Wirklichkeit ist ... immer alles ganz anders, als es ... in Wirklichkeit ist ...


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