Mir ist der Artikel von Tom-Oliver Regenauer zu pessimstisch. Deja vu. (mT)

DT, Donnerstag, 03.07.2025, 19:25 (vor 10 Tagen) @ printf1490 Views
bearbeitet von DT, Donnerstag, 03.07.2025, 19:30

Ich frage mich, woher das kommt. Er wohnt doch im schönen Montagnola im Tessin, hat die Welt gesehen, hat kreativ gearbeitet und scheint relativ neugierig und rastlos das Neue suchend zu sein.
Midlife crisis mit 47?

Ich habe ein deja vu beim Lesen des Artikels gehabt, denn in meiner frühen Jugend gab es die Diskussion über die "Schädlichkeit des Fernsehens". In der Schule mußten wir Aufsätze schreiben über Vor- und Nachteile des Fernsehkonsums.

Die Generation meiner Großeltern las noch Bücher, ging ins Konzert oder zum Stammtisch, ging sonntags in die Kirche, lebte in ihrem sozialen Umfeld im Dorf.

Dann kam die Generation meiner Eltern, die mit Radio und Fernsehen groß wurden, ja, Bücher wurden jetzt nicht mehr ganz so viel gelesen, dafür das Zeug am TV konsumiert. Aber neben der Berieselung a la Gottschalk & Co, RTL wurde bei uns zuhause nicht geschaut, gab es eben auch die dritten Programme, später dann auch arte, Phoenix, 3-sat, und die Möglichkeiten wurden ausführlich genutzt.

Im Bayreuther Festspielhaus über die Semperoper in Dresden zu wunderschönen Konzerten aus der Frauenkirche etc etc. Dazu die ganzen Dokus in den Dritten, und als Knirps hab ich schon nachmittags den Telekolleg geschaut und war in Mathe, Chemie und Physik schon weiter als wir in der Schule. Internet gabs ja noch nicht.

Und was wurde damals gesagt. Die Welt geht unter, alle schauen nur noch Fernsehen. Keiner spricht mehr mit dem anderen, alle konsumieren nur noch.

Und dann kam Privatfersehen nach Kohl 1983. Die Welt geht unter. Hugo Egon Balder und Chin-Chin.

Ja und nein. Alle Ängste haben sich erfüllt, die Unterschichten haben nur noch vor der Glotze abgehangen, aber andere Schichten konnten es auch für den Bildungsaufstieg nutzen.

Und genauso mit dem Internet. Mit dem Smartphone. Mit KI.

Auch wenn 7Samurai meint, daß die KI, die er in der Firma nutzen würde, nix taugen würde. Sieht er denn nicht, wo die Reise hingeht? Daß es auch andere KIs gibt, daß man die kommerzielle von der freien Version unterscheiden muß, daß die Evolution rasend schnell geht?

Man schaue sich den Nobelpreis für Chemie 2024 an. Ein Viertel ging an John Jumper, geb 1985, etwas jünger noch als Tom-Oliver Regenauer (geb 1978). Er hat Alphafold bei DeepMind geschrieben und damit die Proteinfaltung entschlüsselt mithilfe von KI, eine Aufgabe, an der sich Biologen, Chemiker und Physiker jahrzehntelang die Zähne ausgebissen haben. Er ist übrigens auch diese Woche in Lindau bei der Nobelpreisträgertagung.

https://www.lindau-nobel.org/blog-folding-into-greatness-how-a-physicist-helped-solve-o...

Das sollte doch jedem zeigen, wie unglaublich leistungsfähig KI ist und welche Probleme, die vorher als superhart gegolten haben, damit gelöst werden können.

Und ja, das Glas ist immer halb voll und halb leer, aber wieso soll man so einen Pessimismus an den Tag legen, nur weil man die Midlife crisis hat und ausgebrannt ist. Denn danach hört sich der Artikel an. Vom Leben enttäuscht? Well, Du hast es selber in der Hand. Es ist Deine Wahl.

Der eine wählt einen Diesel-LKW und fährt nach Portugal, der andere kutschiert mit einem VW durch halb Europa und sitzt im Thüringer Wald, wieder ein anderer hockt in Dresden und fährt an die Müritz oder an die Ostsee, und ein anderer hetzt rastlos von Dublin nach Singapore, und wieder ein anderer ist mit Hannover und seinen Inline Skates zufrieden. Alle haben die freie Wahl, ihr Leben so zu gestalten wie sie es möchten. Die Grenzen wie früher in der Ostzone gibt es nicht mehr. Die Grenzen sind nur im eigenen Kopf und in der eigenen Beschränktheit des Geistes zu finden.

Und ein aufgeschlossener und offener Geist nutzt alle Möglichkeiten, die ihm die Technik bietet, und entscheidet selber, in wie weit er die nutzen will. Ein Smartphone kann auch abgestellt werden, die "dauernde Erreichbarkeit" ist auch nur eine Wahl, für die man sich entschieden hat. Das liegt nicht am Smartphone, nur am Nutzer. Es gibt den "Silent" Mode.

DT


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