Puhh, großes Tennis & schwieriges Thema!

Zorro, Freitag, 24.06.2022, 00:35 (vor 673 Tagen) @ Olivia1476 Views
bearbeitet von Zorro, Freitag, 24.06.2022, 00:45

Hallo Olivia,

"Die Solaranlage lädt den "Schlitten" ja nicht, sondern eine Solar-Batterie im Haus. Diese Batterie lädt dann das Auto. Das "Laden" ...."

Erstmal Kompliment, du bist auf dem richtigen Weg! So ganz kann man das aber so nicht stehen lassen, sonst würden ja normale PV-Anlagen ohne Batteriespeicher, "nach deinen Worten", sinngemäß kein Auto laden können [[zwinker]]

Der Punkt ist folgender:
Bei jeder "normalen" Solaranlage kommt vom Dach (den Solarmodulen) Gleichstrom! (DC)
Dieser landet im Wechselrichter und wird zu 230V Wechselstrom (AC) gewandelt. Jetzt können Haushaltsgeräte oder das öffentliche Netz was damit anfangen!
Ein "Ladeknochen" mit 3,6KW Leistung, ist so ziemlich die kleinste Variante, die zum Laden eines eAuto´s für kleines Geld erhältlich ist.
Hat der "Tesla" eine Speicher von 85 kWh, dauert es also 23,61 Stunden bis die Kiste bei dieser niedrigen Ladeleistung aufgetankt ist! (85kWh : 3,6KW = 23,61 Stunden)

Wovon Du sprichst, ist eigentlich ein viel wichtigeres Thema, nämlich die max. Last, die man einer Batterie zumuten kann, bevor Schutzmechanismen eingreifen, oder es dunkel wird <img src=" />

Jeder Hersteller einer "Batterieeinheit" gibt ein Datenblatt raus mit dem max. Lade- und Entladestrom. Hier gibt es einen "gesunden Bereich" und einen "ungesunden Bereich" der die Lebendauer der Batterieeinheit "gestaltet". Ich muss mich so "wachsweich" ausdrücken, da selbst ein Hersteller zu diesen Zahlen keine griffige Anwort geben wird!

Ich versuche es an einem Beispiel eines Pylontech-Batterimoduls zu erklären:

Technische Daten:
Technologie Lithium-Eisenphosphat (LiFePo4)
Nennspannung 48 V
Nennkapazität 74 Ah / 3,5 kWh
Nutzbare Kapazität (90% DoD) 66 Ah / 3,2 kWh
Entladespannungsbereich 45,0 ... 54,0 V
Ladespannungsbereich 52.5 ... 54,0 V
Empfohlener Lade- / Entladestrom 37 A
Maximaler Lade- / Entladestrom 74 A / Peak: 100 A für 15 s.
Kommunikation RS232, RS485, CAN
Gewicht 32 kg
Abmessungen 440 x 420 x 132 mm
Temperaturbereich bei Ladung +0... +50°C
Temperaturbereich bei Entladung -10... 50°C
Lebensdauer über 10 Jahre (25°C)
Zyklenlebensdauer über 4500 bei 90% Entladetiefe (25°C)
BMS / Überwachung Integriertes Batteriemanagementsystem in jedem Modul
Zertifizierung TüV / CE / UN38.8

Um ein Batterie zu laden, bedarf es eines Ladegerätes oder eines Ladereglers. Als "Victron-Profi" weißt Du, 48V ist derzeit die gängige Standardklasse, wo sich preiswert Strom speichern lässt!

Kommen also vom Dach 3000W DC Solarleistung, werden diese vom MPPT auf 48V DC "zurechtgebügelt" und ergeben 62,5A Ladestrom, der in diesen armen US3000 Batterieblock fliessen würde.
Und da hat der schon richtig Stress! Der kann das zwar, fühlt sich aber nur mit 37A dauerhaft wohl!

Würde man zwei von den Kameraden parallel hängen, verdoppelt sich die Lade/Entladeleistung von 37A auf 74A. Hat man wie bei meiner Anlage 12 Stück von den Boliden am Start, reden wir von 444A max. Lade- oder Entladeleistung! (12x37A=444A) Hier können 20.000 Watt kommen und gehen!

Warum ist das wichtig?

Hat man auf dem Dach eine 20kWp Anlage installiert und würde im allergünstigsten Fall 20.000 Watt bei strahlendem Sonnenschein geliefert bekommen, wären das bei "einem" 48V MPPT Regler 416A, die dieser an die Batterie schicken würde.

Bei "normalen" Überschuss-Einspeiseanlagen greift sich der Wechselrichter "die Leistung", wandelt sie sofort in 230V - und schwupps - ab gehts ins öffentliche Netz, oder aktuelle Verbraucher freuen sich.
Die Spannung, welche von den Modulen, meist 18-21 Stück in Reihe, also 750 - 900V DC kommt, wird nicht auf 48V DC "masakriert", sondern bei 230V AC ist Endstation der "Tranformiererei" und RWE freut sich...<img src=" />

Bei einer Victron-Anlage ist das auch ein Grund, dass die Stringlänge hier meist auf 5 Module in Reihe (250V DC) mittels MPPT begrenzt ist, da die Betreiber eh als Hauptinteresse eine Batterieeinspeisung auf 48V DC haben.
Erst wenn ein Verbraucher eingeschaltet wird, muss die 48V DC Spannung wieder durch einen Wechselrichter auf 230V AC "hochgequält" werden, der den 48V DC Saft aus der Batterie erhält.
PV-Anlagen die als DC/DC Systeme agieren, laden die Batterie verlustarm, sind aber verlustreicher bei der Bedienung von Verbrauchern.
Normale Überschussanlagen können relativ verlustarm direkte Verbraucher bedienen, müssen aber zur Batterieeinspeisung eine stark verlustige Rückwandlung des Stroms in Gleichstrom vornehmen.
Für eine Anlage mit Batteriesystem ist eine DC/DC (Solarmodul-MPPT-Batterie) Speisung klar im Vorteil.

Die Verbrauchsseite:
In Sachen Autarkie ist bei einem Stromausfall von Bedeutung, wieviele Verbraucher jetzt eingeschaltet sind, die dann von der Batterie bedient werden wollen!
Als Beispiel dient eine Kochplatte 2000W + die Mikrowelle 2000W und ein Fön im Bad der gleichzeitig eingeschaltet wird. Diese 6000W Last treffen auf ein 48V Batteriesystem! Satte 125A würden jetzt gezogen werden aus dem kleinen Batterieblock! Es wird sofort dunkel in der Bude weil das BMS hier eingreift oder sonstige Schutzmechanismen wirken! (hoffentlich)!
Es wären mindesten 3 diese Blöcke in Parallelschaltung nötig (3x37A, siehe Datenblatt) um diesen "Stromstoss" zu verdauen. Diese 6000 Watt Last könnten dann bei einer Batteriekapazität von 10,5kWh tatsächlich etwa 90 Minuten laufen, bevor es restlos dunkel wird in der Hütte.
Lustig finden das die Batterieblöcke nicht, sie könnten es zwar, sind aber gestresst und ihre Lebensdauer verkürzt sich.

Fazit:
Viel Solarenergie vom Dach - Großer Batteriespeicher als "Überlaufbecken" sinnvoll"!
Starke Lastspitzen zu Gange - ebenfalls großer Batteriespeicher zwingend nötig!

Natürlich können auch die Wechselrichter "den Flaschenhals" der Anlage darstellen!
Es macht wenig Sinn, eine 20kWp PV-Anlage an einen 3kW Wechselrichter zu hängen im Glauben mit einer 30kWh Batterie im Kreuz, könne man 4 Kochplatten und eine Spülmaschine gleichzeitig laufen lassen <img src=" />

VG Zorro

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