Warren, Tilak und Horken
Ich hatte mich bewusst kurz gefasst, weil die Diskussion mir schon abgeschlossen erschien und bald von der ersten Seite des Forums verschwinden wird. Deshalb habe ich also nur auf dieses Buch verwiesen - über das Thema selbst gäbe es sehr viel zu sagen, es ist gewissermaßen mein "Steckenpferd".
Es gibt ein vorgeschichtliches Konzept, das etwa Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden sein muß und eine Zeit lang viele Anhänger hatte: Die zentrale These besagt, daß irgendwo im äußersten Norden ein besonders begabtes und weit entwickeltes Volk gelebt hat, das wegen einer Klimaverschlechterung seine Heimat verlassen mußte, in kleine Gruppen zerfiel und überall, wo es auftauchte, die dort ansässige Bevölkerung überschichtete und die heute bekannten Hochkulturen gründete. Diese Idee spiegelt sich noch in der nationalsozialistischen Idealvorstellung von der "Nordischen Rasse" als Elite des Reiches. Nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg wurde das Konzept gewissermaßen politisch inkorrekt, es konnte nicht mehr öffentlich vertreten werden. Daran hat sich bis in unsere Gegenwart nichts geändert. Sollte etwas dran sein, hat das zur Folge, daß viele vorgeschichtliche Zusammenhänge heute nicht mehr verstanden werden können, weil die zutreffende Erklärung mit einem Tabu belegt ist. Daß es eine frühe Hochkultur gegeben hat, die den bekannten Zivilisationen des Altertums vorausgegangen ist, dafür gibt es eine Fülle von Hinweisen.
Ein Beispiel für die erwähnte Strömung des 19. Jahrhunderts ist William Fairfied Warren. Er schrieb 1885 das einflußreiche Werk "Paradise Found - the cradle of the human race at the North Pole". Warren beschäftigte sich mit der Mythologie der alten Völker und stellte fest, daß so unterschiedliche Völker wie Sumerer (und Akkader), Assyrier, Ägypter, Japaner und Chinesen, Iraner und Inder, Griechen und Römer denselben Herkunftsmythos haben: Sie glaubten, ursprünglich aus aus dem äußersten Norden zu stammen; sie beschreiben ein Szenario, in dem Tag und Nacht ein halbes Jahr dauern, in dem die Sterne, Sonne und Mond nicht auf- und untergehen, sondern sich auf Ebenen kreisförmig um den Himmelspol drehen. Alle diese Völker glaubten, daß am Drehpunkt des Himmels ein Berg steht - der Mitternachtsberg - der das Himmelsgewölbe trägt. Das irdische Paradies, Eden, befand sich dort, wo der Himmelspol die Erde berührt (typischerweise auf dem Berg), das himmlische, der Sitz Gottes, dort, wo er den Himmel berührt. Sie alle beschreiben ein goldenes Zeitalter und die Vertreibung aus diesem Paradies.
Das Buch von Warren kann man immer noch kaufen, z.B. bei Thalia für 39 €ÃŽ. Es gibt auch eine pdf-Version im Netz:
https://vistalter.altervista.org/alterpages/files/NORTHPOLERACEparadisefound00warruoft.pdf
Falls jemand sich mit diesem Thema auseinandersetzen will, empfehle ich, auf Seite 117 einzusteigen.
Ein weiteres wichtiges Werk zum Thema stammt von Bal Gangadhar Tilak. Tilak untersuchte, inspiriert durch Warrens Buch, die indischen Veden, religiöse Texte der alten Arier und stellte fest, daß sie nur nördlich des Polarkreises entstanden sein können. Sie beschreiben Mitternachtssonne, Nächte, die mehrere Monate dauern und viele weitere Einzelheiten, die keinen anderen Schluß zuließen:
https://en.wikipedia.org/wiki/The_Arctic_Home_in_the_Vedas
Horken schließlich griff solche Gedanken auf und entwickelte eine plausible Eiszeit-Theorie, die das Entstehen der Gletscher auf die Aktivität des Golfstroms zurückführt. Ich will nicht im Detail darauf eingehen, finde seine Überlegungen aber äußerst plausibel. Ein anschwellender Golfstrom führt zunächst zu mehr Wärme im Norden, zugleich aber zu mehr Niederschlägen im Gebirge, so daß die Gletscher zu wachsen beginnen. Sie dringen in die Ebenen vor und bringen die Kälte nach Europa. Im äußersten Norden aber entsteht an der durch den Golfstrom erwärmten Küste des Kontinentalschelfs ein Lebensraum, in dem Menschen überwintern können und für Jahrtausende isoliert werden. Am Ende der Eiszeit ändern sich die Lebensbedingungen, der Norden wird unbewohnbar, die Küstenebene durch den ansteigenden Meeresspiegel überschwemmt, die Menschen müssen nach Süden ausweichen und zerstreuen sich. Sie überschichten auf der ganzen Welt ortsansässige Völker und begründen die Hochkulturen des Altertums. Soweit in aller Kürze...