Entschuldigung, dass ich schon wieder nerve mit …
Liebe Silke
… der Mathematik.
Im 19. Jh. ist von Richard Dedekind über real vorstellbare Zahlen (ganze, rationale Zahlen usw.) der Begriff 'Ring' eingeführt worden, um das damalige algebraische Wissen auf der Grundlage weniger Prinzipien neu zu ordnen und Gemeinsamkeiten zu erschließen und miteinander zu verbinden. Dabei wird ein Ring definiert durch die zweistelligen Operationen Addition und Multiplikation und insgesamt sechs Axiome, die hier jetzt unwichtig sind, als Grundlage der Untersuchungen. Die Axiome sind unableitbare Aussagen und rein formaler Natur, aus denen alle Sätze (Theoreme) des Systems logisch abgeleitet werden. In den vielen Beispielen für konkrete Ringe finden sich alle Folgerungen aus der Ringtheorie.
… der Physik.
Aus den Axiomen der Physik werden Theoreme und Vorhersagen über den Ausgang von Experimenten geschlussfolgert. Stehen Aussagen im Widerspruch zur experimentellen Beobachtung, werden die Grundannahmen angepasst. Die Newtonschen Grundprinzipien liefern nur für "langsame" und "große" Systeme gute Vorhersagen und sind durch die Erkenntnisse der speziellen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik abgelöst bzw. ergänzt worden. Trotzdem verwendet man die Newtonschen Axiome weiter an, da die Folgerungen einfacher und für die meisten Anwendungen die Ergebnisse hinreichend genau sind.
… den Eiszeiten.
Im Anschluss an den Vortrag von Martin Torell am 3.November 1875 hatte Albrecht Penck sich auf der Grundlage weniger Prinzipien ('glaziale Serie') als überhaupt erster Vertreter des Faches Geographie an der Universität München habilitiert. Die vier geschriebenen und gesprochenen Wörter (Grund-, Endmoräne, Sander und Urstromtal) erzeugen eine Klarheit in der Wahrnehmung und des Denkens und ordneten die Sicht auf die Phänomene einer norddeutschen Landschaft völlig neu. Sie sind aber auch nur die Folge einer dem ganzen Geschehen (Gletscher) zugrundeliegenden Gegebenheit. Alles auch in den brandenburgischen Landschaften des Muskauer Faltenbogens mit den dortigen Tagebauaufschlüssen zu bestaunen.
… der Zentralmachtordnung.
Da hilft wirklich nur das "sich selbst beschäftigen mit der Materie"
(Bedenke wieviel Kraft und Zeit @Ashitaka in seine Vorbereitung, aufbauend
auf den Schwergewichten des alten Forums und der Anfangszeit des DGF, und
in die Darlegungsversuche investiert hat - wieviel ihm andere Foristen und
Externe dabei geholfen haben).
Das ist nicht mit einem Vierzeiler abgehandelt.
Hat der Debitismus mit der Machttheorie und seinen schon angedeuteten Erweiterungen Züge eines axiomatischen Lehrgebäudes? Ich denke ja! Die ausgewiesenen Debitisten suchen seit Anbeginn des Forums nach einer optimalen Anzahl von Prinzipien, um die historische, ökonomische und gesellschaftliche Wirklichkeit zu beschreiben und zu deuten. Da ich in diesen Tagen erst zwei Jahre im Gelben schreibe und als Neuzugang um die viele Arbeit und Anstrengung weiß, um sich in die debitistische Gedankenwelt einzuarbeiten, möchte ich mich in der öffentlichen Auseinandersetzung dieses wohl einzigen Prinzips tunlichst zurückhalten. Haben die Neuzugänge noch die Energie und die Zeit, die vielen hervorragenden Einträge zu lesen, zu verstehen und zu deuten, um qualifizierte diskussionswürdige Beiträge zu diesem Thema ins Forum zu stellen? Ich möchte mich nicht in Argumentationsketten verheddern und mich nicht ausschließlich den tagesaktuellen Aufgeregtheiten widmen, die der psychologischen Ausrichtung der Massen dienen. Im Hinblick auf die enormen scharfsinnigen Erkenntnissen, die von den Foristen vor allem im alten EWF in einigen Fäden zusammengetragen und angehäuft wurden, kann ich nur kapitulieren – sie überfordern mich schier. Die Diskussionen über die Grundannahmen und das Argumentieren in komplexen Strukturen und relationalen und funktionalen Abhängigkeiten kann ich wohl nur Dir und den anderen im Debitismus ausgewiesenen Usern überlassen. Wir lernen doch gerade von @Ashitaka, dass es offensichtlich nicht genügt, Börsenwerte punktuell zu betrachten, sondern den Kalkül der Differentialrechnung auf sehr interessant konstruierte börsenspezifische Funktionen in ihren lokalen Intervall-Umgebungen mit unterschiedlichen Längen anzuwenden und zu studieren. Ähnliches gilt auch wohl für Preise: Sie sind relational abhängig von den unterschiedlichen 1.Ableitungen – den positiven oder negativen Steigungen – von unterschiedlichen Kursverläufen [die ja mathematisch lokal durch Taylorpolynome approximiert werden können – ist jetzt aber nicht wichtig] in Charts auf unterschiedlich langen Zeitintervallen. Die Wellen hängen wieder von der Verschuldung – also vom Debitismus mit der Zentralmacht – ab. Wir dürfen gemäß @MausS eben nicht "räumlich verortend und dinglich erfassend, mithin mechanistisch [ ... ] denken", sondern nur in Strukturen und in funktionalen Abhängigkeiten zwischen den Dingen in Raum und Zeit.
Carpe diem und liebe Grüße – Ostfriese