Der Reichtum der Nationen

Talleyrand ⌂, Freitag, 14.08.2020, 14:08 (vor 1562 Tagen) @ Amos6837 Views

Für ihn war die einzige Quelle wirklicher Produktion das, was die Natur dem Menschen schenkt, der Ertrag des Bodens. In seinem Gedankengebäude produzierte also letztendlich nur die Natur.

Die Natur ist aber nicht die einzige Quelle der Produktion.

Zu meinem doch recht extremen Standpunkt hast Du eine Gegenposition, bei der die Quelle des Reichtums in der Arbeit der Bevölkerung liegen soll und daraus folgerst Du, dass der Reichtum des Landes also nur durch eine Vermehrung der Bevölkerung zu mehren ist?


Nein, der Reichtum eines Landes läßt sich nicht durch Arbeit allein steigern. Dann wären die Menschen im Feudalsystem oder in den Sklavenhalterstaaten wie dem pharaonischen Ägypten reich geworden.
Es braucht neben der Arbeit auch die Erhöhung der Produktivität. Also Technik. Und es braucht Energiequellen, die wiederum nur durch Technik erschließbar sind.

Durch die Idee des nominalen Kapitals wurde es möglich den Faktor Boden als einen Bestandteil des Kapitals anzusehen. Dadurch findet, wie Binswanger es ausdrückt, ein "alchimistischer Verwandlungsprozess von Natur in Geld" statt, der das theoretische Bild der Ökonomie, da das Kapital über alle Grenzen wachsen kann, einer Widerspiegelung aller natürlichen Grenzen beraubt.

Binswanger, der Name sagt mir was. Im Ernst, ich hab ihn mal hier vorgestellt, am 01.01.2009
https://www.dasgelbeforum.net/sammlung/s1.htm

Allerdings ist das Geld, wie Goethe es (im Faust 2) vorstellt, noch kein "nominales Kapital", wie Du es definierst, das "über alle Grenzen wachsen kann."
Es handelt sich vielmehr um das Schuldgeld des Kapitalismus. Dieses Geld wird nicht einfach gedruckt über alle Grenzen hinaus, sondern es wird von der (Zentral)bank geschöpft, allerdings nur unter der Bedingung, daß der Kreditnehmer ein Pfand gleicher Höhe einreicht. Jeder neue Kredit ist also durch Pfand besichert.
Und mit diesem Geld haben wir die letzten Jahrhunderte gewirtschaftet - mit beträchtlichem Erfolg. Erst wenn, wie jetzt, die Zentralbanken beginnen, Staatsanleihen als Pfänder zu akzeptieren (was legal ist), wirds problematisch, weil es sich um eine verdeckte Staatsfinanzierung durch die Notenbank handelt.

Nochmal zu Turgot.
Die Quellen des Wohlstands:
Das ist natürlich zum Einen die Natur, ihre Rohstoffe.
Die Arbeit des Menschen aber genauso; und erst durch Produktivitätsfortschritte mittels Technik, Maschinen wird aus der Schufterei eine Arbeit, die den Menschen wohlhabender macht.
Und als weiteres: der Kapitalstock. Der Kapitalstock einer Gesellschaft, also die Menge an Kapital, die sie investieren kann, um ihre Produktivität zu erhöhen, ist von ebenso zentraler Bedeutung. Durch die Ausweitung der beleihbaren Güter (Binswanger/Goethe) ist es eben gelungen, den Kapitalstock zu erhöhren. Das war mitentscheidend für den Aufstieg Europas aus dem Elend der Substistenzwirtschaft. Deshalb ist die Geldwirtschaft ursächlich an unserem Wohlstand beteiligt. Das sehen die Wenigsten.

Bevölkerungswachstum ist nicht nötig, um den Wohlstand zu mehren. Bevölkerungsschwund hat allerdings deflationäre Folgen; die Preise sinken. Es wird andernorts investiert. Das heißt, er führt zu weniger Wohlstand.

Aber wenn ich richtig sehe, wollen Leute wie Du ja zurück zur Subsistenzwirtschaft.

Gruß
T

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https://talleyrandssudelbuch.art.blog


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