Zuhause

Ashitaka, Sonntag, 20.12.2020, 16:01 (vor 1530 Tagen) @ Oblomow2410 Views
bearbeitet von Ashitaka, Sonntag, 20.12.2020, 16:20

Hallo Oblomow,

Koennte ich das so uebersetzen? Alles ist moeglich? Und das ist gut so? Und wir schaffen das? Und wenn nicht, ooch nicht schlimm?

Nein, du kannst es dir, wenn du musst, so übersetzen, dass niemand in der Welt aus sich heraus darüber entscheidet bzw. es zu verantworten hat, was möglich und damit zugleich unmöglich wird, dass wir uns darüber bewusst werden können, dass es im Kleinen wie im Großen nur gut oder schlecht sein kann, wenn es umgekehrt vom Schlechten bzw. Guten getragen wird, es deshalb für uns nichts positiv wie negativ zu Schaffendes im Sinne eines über die Zeit erreichbaren Ziels gibt.

Wenn jemand mit 60 jahren behauptet, sein derzeitiges Leben sei sein Ziel gewesen, so lügt er. Wir werden als Entsprechung des Großen ein Leben lang jeden Augenblick dazu gezwungen, unser Ziel zu korrigieren, uns von unseren Zielen jeden Tag auf's neue abzuwenden. Nichts erreicht im wahrsten Sinne jemals ein Ziel. Alles korrigiert sich fortlaufend, schwingt unabwendbar zur erneuten Polarisation. In der Rückbetrachtung mag das anders erscheinen, doch beobachtet man das Ziel während der Wanderung von seinem Pfad aus, so stellt man fest, dass es sich immer und ohne Ausnahme gegen die Berechnung verschiebt, man das Ziel von vor 30 Jahren oder von letzter Woche auch mit 60 Jahren (oder früher oder später) nicht erreicht hat.

Das kausale Denken sorgt dafür, dass wir uns selbst veräppeln und einen Großteil unseres Lebens damit verbringen, ganz woanders sein zu wollen, nämlich in einer durch unser Handeln gewonnen Gewissheit einer positiven oder negativen Ankunft (Zuhause im Woanderssein), die es in Wahrheit nie geben wird.

Sollten wir uns die Egalität zum höchsten Prinzip machen? Nein, aber wir können lernen, uns das zwischen den Polen hin- und hergerissen werden, unsere fehlende Balance, als einzig herrschendes Prinzip, als das was uns macht, als den wahren Sinn unseres Lebens, bewusst zu machen. Wem alles egal scheint, merkt nicht, dass ihm in Wahrheit nichts egal ist, er stattdessen an einem Pol verhaften will, er entweder ohnmächtig leidet oder vor Freude im Dunkeln sitzt.

Erst wenn wir uns zu "beiden Polen als die Kinder des Seins" bekennen, verlassen wir die Welt des zukünftig Vergangenen (des anderswosein wollen /des zuhausesein wollen), werden sich die Dinge ändern, sind wir auf einmal "unerwartet" zuhause.

Wenn ich in ruhigen Minuten in tiefen Gedanken bei meinem verstorbenen Kind bin und leide, erlebe ich im Augenblick des unerwarteten Aufatmens einen der glücklichsten Momente meines Lebens. Die Lebendigkeit macht mich manchmal verrückt, das Bewusstsein, dass ich im größten Schmerz gegen jede Berechenbarkeit (dem Gefühl zu zerbrechen) nicht mehr falle, sondern fest gehalten und hochgerissen werde.

Ich hoere den Song immerwieder. Hab Dir an anderer Stelle schon dafuer gedankt.

Jauchzt und frohlockt
Oblomow

Passt vom Gefühl her wie die Faust auf's Auge, oder?

Herzlichst,

Ashitaka

Die Welt in großer Erwartung

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Der Ursprung aller Macht ist das Wort. Das gesprochene Wort als
Quell jeglicher Ordnung. Wer das Wort neu ordnet, der versteht wie
die Welt im Innersten funktioniert.


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