Noch ist Polen nicht verloren - oder vielleicht doch

Plancius, Donnerstag, 23.07.2020, 17:09 (vor 1363 Tagen)4340 Views

Ich habe letztes Wochenende eine Radtour an die polnische Ostsee- bzw. Haffküste gemacht und bin dort in einem Ausflugslokal/eher einer Imbissbude eingekehrt. Als ich am Tresen an der Reihe war und mein Essen und ein Bier bestellt habe, zeigte ich auf das Bier und sagte: "Wir müssen ja schließlich noch auf die Wahl von Präsident Duda anstoßen".

Ich ahnte nicht, was für eine lautstarke Diskussion ich in der Warteschlange auslösen würde. Mir wurde von einigen Gästen unmissverständlich klar gemacht, was doch Duda für ein rückwärtsgewandter Präsident sei. Er vertrete hinterwäldlerische Ansichten, propagiere ein altmodisches Menschen- und Familienbild, sei gegen Vielfalt, ist gegen eine weitere Integration Polens in Europa. Polens Zukunft sei Europa usw. usf.

Diejenigen Deutschen, die denken, Polen oder andere osteuropäische Länder seien ein Hort der traditionellen europäischen Werte und sind noch nicht der westlichen Dekadenz verfallen, sollten ihre Positionen überdenken. Die Wahl in Polen zeigt, dass das Land ähnlich gespalten wie Deutschland ist. Zwar haben die Traditionalisten in der Wahl knapp über die Globalisierungsbefürworter (Somewheres über die Anywheres) gesiegt, aber auch in Polen trichtern die Medien und Bildungssysteme in immer stärkerem Maße den Leute und vor allem der Jugend die Ideen der EU und der Globalisierung ein.

Fährt man durch Polen, kann man den steigenden Wohlstand überall spüren. Der Straßenzustand ist wesentlich besser geworden, die Städte sind wunderschön restauriert und viel sauberer als früher, die stark wachsende Mittelschicht baut schmucke Häuser und fährt neue Autos. Die meisten von ihnen denken, dass sie ihren neuen Wohlstand der Öffnung Polens in Richtung EU zu verdanken haben.

Leider sind auch die negativen Seiten eine zunehmenden Dekadenz allerorten sichtbar. Auch viele Polen werfen mittlerweile ihren Müll aus dem Auto auf die Straße, viele hübsche Polinnen sind mit Tatoos und Piercing verunstaltet und auch Grafitti kann man hier und da sehen.

Ich glaube daher nicht daran, dass Polen und andere Visegrad-Staaten mittelfristig ein Bollwerk gegen Globalisierung und Multikulturalismus sein werden. Auch dort wird die Bevölkerung mit steigendem Wohlstand weichgekocht, auch sie werden das kulturelle Erbe ihrer Vorfahren verraten.

Gruß Plancius

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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER


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