Der Charakter der Garagenvereine hat sich seit der Wende leider sehr verändert.

Plancius, Freitag, 08.08.2025, 13:22 (vor 125 Tagen) @ Brutus2284 Views
bearbeitet von Plancius, Freitag, 08.08.2025, 13:31

Hallo @Brutus,

zu DDR-Zeiten haben sich die Männer, die in der Regel in Plattenbauten wohnten, zusammen geschlossen und in Eigenleistung unweit ihrer Plattenbauten die Garagen errichtet. Häufig befand sich neben dem Garagenkomplex auch ein Spielplatz. Samstags hat man sich getroffen, der Rasen wurde gamäht, Unkraut im Schotter gerupft, Spielgeräte repariert und dann die Autos repariert und geputzt. Nach Feierabend hat man dann eine Wurst auf den Grill geworfen und bei einem Bier gefachsimpelt.

Die Garageneigentümer waren von der sozialen Schichtung stark gestreut, vom Betriebsleiter bis zum Hofarbeiter hat man sich gegenseitig respektiert, man hat an einer gemeinsamen Aufgabe gearbeitet, die Garagen waren DER soziale Treffpunkt für die Männer schlechthin.

Nach der Wende sind die Garagenvereine häufig aufgelöst worden, viele Bewohner der Plattenbauten sind in den Westen gezogen oder haben sich ein schmuckes Eigenheim mit eigener Garage gebaut. Jetzt ist das Milieu der arbeitslosen Unterschicht und Sozialhilfeempfänger die dominierende Klientel in den Garagen. Sie haben häufig mehrere Garagen und verwahren ihren Plunder dort. Auch einige kleine Gewerbetreibende verwenden die Garagen als billige Lagermöglichkeit.

Zumeist sind die Garagen jetzt ihrem ursprünglichen Ziel, nämlich Heimstatt für Auto und Motorrad zu sein, zweckentfremdet und stattdessen Lagerhalle für allmöglichen Plunder. Sie sind aber weiterhin sozialer Treffpunkt für die zumeist arbeitslose Unterschicht, wo sie sich zum täglichen Saufen treffen. Und diese Unterschicht kümmert sich nicht mehr um Grünanlagen, Unkraut usw., vielmehr verwüsten sie das umlegende Gelände, wo sie all ihren Müll und Schrott hinter die Garagen werfen. Kann man überall beobachten. Wir räumen als Bürger der Stadt dann ihren Müll in unserern alljährlichen Müllsammelaktionen weg, wo sich von diesen Herrschaften niemand blicken lässt. Vielmehr blicken sie auch noch verächtlich auf uns herab, weil wir ja ihre Müllmänner sind.

Als Stadtvertreter hat man nun Entscheidungen zu treffen. Hier gibt es alte Besitzstände der "Ureinwohner", häufig der Unterschicht angehörig und mit wenig finanziellen Mitteln ausgestattet und Forderungen nach Garagen von finanzkräftigeren Neuhinzugezogenen oder Aufsteigern, die nach 20 Jahren im Westen wieder nach Hause zurückgekehrt sind, gegeneinander abzuwägen. Und da muss man Werturteile treffen.

Noch dazu ist es hier im ländlichen Raum üblich, dass sich Jugendliche häufig eine alte S51 holen und daran herumschrauben. Und dabei gibt's natürlich auch mal Krach, wenn sie ihre Motoren testen. Die Väter wollen gern den Krach ihrer Sprösslinge aus den Wohngebieten draußen halten und für ihren männlichen Nachwuchs gern eine Garage anmieten, wo dann die Jungens sich an ihren Mopeds außerhalb der Wohngebiete austoben können.

Und da sage ich ganz klar, dass ich mich zum Fürsprecher der leistungsorientierten, steuerzahlenden Mittelschicht mache, die aus einem verwahrlosten Areal einen optisch ansprechenden Teil der Stadt machen kann. Der arbeitslose "Ureinwohner", der sich seit der Wende im Sozialsystem befindet, möge bitte seinen Windfall profit der Nachwendezeit, nämlich die über die Zahl eins hinausgehende Anzahl an Garagen, die ihm zugefallen sind, an diejenigen abgeben, die ihn letztendlich ernähren. Wenn ich den Jugendlichen schon keinen Jugendklub geben kann, so möchte ich ihnen wenigstens Raum geben, wo sie etwas weiter weg vom Wohngebiet ungestört ihren Neigungen nachgehen können. Sollen sie auch eine Garage dort ausräumen und sich treffen und feiern, sie stören dort niemanden.

Aber das ist leider nicht machbar, weil auch ein Großteil der Stadtvertreter Profiteure der Garagenbesitzstandswahrung in ihrer Sippe hat und sie um ihre Wiederwahl fürchten.

So bleibt eben alles beim alten und die Garagenkomplexe rotten weiter vor sich hin.

Gruß Plancius

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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER


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