Reisebericht Oman oder auf dem Abstellgleis der Weltgeschichte.

Plancius, Freitag, 01.08.2025, 09:53 (vor 133 Tagen)7676 Views
bearbeitet von Plancius, Freitag, 01.08.2025, 10:57

Die eigene Sicht auf die Welt wird zum großen Teil davon geprägt, was man gelesen hat und welche Medien man konsumiert. Ich kann behaupten, dass ich sehr stark von den Büchern Peter Scholl-Latours geprägt worden bin. Deshalb haben mich auch viele Reisen in die Region des arabischen Halbmonds geführt. Ein Höhepunkt meiner Expeditionen in den Orient war eine Reise in den Oman.

Von Berlin gings mit Turkish Airlines zunächst nach Istanbul. Ich bin nun schon mehrere male in Istanbul umgestiegen. Der Flughafen ist zwar beeindruckend und picobello sauber, aber aus logistischer Hinsicht im Hinblick auf ein Drehkreuz eine Fehlleistung. Nach der Landung braucht der Flieger immer 15 – 20 Minuten, um am Finger anzudocken, in der Zwischenzeit irrt er auf dem wahnsinnig großen Rollfeld umher. Zudem sind die Wege im Flughafen von einem zum anderen Gate viel zu lang.

Omans Hauptstadt Maskat hat den schönsten Flughafen, den ich bisher gesehen habe. Hochwertige Bestuhlung mit Lademöglichkeit, auf den Laufbändern bewegt man sich durch eine Flusslandschaft mit palmenumsäumten Oasen.

Nachts 2 Uhr führt mich der Weg vom Flughafen ins Stadtzentrum über prächtige Alleen mit goldenen, geschmiedeten Straßenlaternen. Prächtige Moscheen und Parkanlagen werden angestrahlt, die bis zu 5stöckigen Häuser leuchten in einem strahlenden weiß. Nur eine Handvoll Häuser in Maskat hat mehr als 5 Stockwerke.

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Straße entlang der Corniche in Maskat (Quelle: agoda.com)

Maskat wächst seit 3 Jahrzehnten wie ein Krebsgeschwür entlang des Golfs von Oman und die Täler hinein ins Hadschar-Gebirge. Die Stadt ist sehr sauber und gepflegt mit vielen Grünanlagen. Die Stadt hat ein Opernhaus, viele Institute, Bildungseinrichtungen und erstklassige private Schulen, wo Araber und wohlhabende Pakistanis, Inder oder Bangladeschis ihren Nachwuchs unterrichten lassen.
Unter Leitung der RWTH Aachen ist die „German University of Technology“ aufgebaut worden. Hier werden erstklassige Ingenieure ausgebildet. Überhaupt steht Deutschland im Oman, aber auch den anderen arabischen Staaten hoch im Kurs, was unsere Ingenieurskunst betrifft. Dementsprechend bin ich als Deutscher immer wohlwollend empfangen worden.

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German University of Technology in Maskat (Quelle: unescochair-whstar.gutech.edu.om)t

Neben der German University hat man wohl der ehemaligen Ministerin für Volksbildung der DDR – Margot Honecker – ein Denkmal gesetzt. Dort befindet sich nämlich die „Finland Oman School“. Wie man weiß, lebt das doch recht gute DDR Bildungssystem in Finnland fort. Ich kann mich selbst noch an finnische Hospitanten an unserer Schule in den 70er Jahren erinnern. Oman scheint sich nur Exzellenz in Bildung aus der ganzen Welt einzukaufen – Ingenieursausbildung aus der BRD und Allgemeinbildung für die Kinder aus der DDR.

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Finland Oman School in Maskat (Quelle: cdn.archilovers.com)

Ich muss leider bei meinen Aufenthalten im Ausland immer wieder feststellen, dass die BRD den Anschluss an das prosperierende Weltgeschehen verloren hat. Komischerweise stellen meine akademisch gebildeten Kollegen solche Assoziationen nie her. Sie sind zwar fast alle noch mehr und weiter gereist als ich, sie gehören ja zur gut situierten Mittelschicht Westdeutschlands. Sie halten die BRD nach wie vor für den Nabel der Welt. Ich kann mich super mit ihnen über Destinationen, Reiserouten, Hotels usw. unterhalten, aber kritische Reflexionen ihrer Reisetätigkeit, eine andere Perspektive auf die Zustände in der BRD sind ihnen völlig fremd. Die Widersprüche zwischen mir und meinen Kollegen können nicht größer sein. Während ich mich nach meinen Reisen in unserem Land wie auf dem Abstellgleis der Welt fühle, wähnen sich meine Kollegen bei ähnlichem Erfahrungshorizont im besten Deutschland aller Zeiten. Diese große kognitive Dissonanz werde ich nie im Leben verstehen.

Ich bin mit meiner Frau an einen der Strände Maskats gegangen. Hinter dem Sandstrand befinden sich Liegewiesen mit Rasen, wo man unter hohen Palmen Schatten finden kann. Eine Gruppe Omanis kam an. Zuerst gehen die Männer. Dahinter die Frauen mit großen Taschen voller Picknick oder die Kinder in den Armen. Neben den Frauen gehen die älteren Jungen und tragen die Teppiche.

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Strand in Maskat am Golf von Oman (Quelle: franks-travelbox.com)

Auf dem Rasen werden die Teppiche ausgebreitet. Die Männer sitzen zusammen, trinken Tee oder Kaffee, essen Datteln und rauchen Shisha. Die Frauen sitzen zusammen mit den Kindern separat, etwas entfernt von den Männern auf den anderen Teppichen, unterhalten sich und verköstigen die Kinder. In ihren langen Kleidern begleiten sie ihre kleinen Kindern bis ins knietiefe Wasser und kommen dann wieder zurück.

In keinem anderen Land der Welt habe ich so viele Blitzer gesehen wie im Oman. Sie stehen nicht in den Ortschaften, sondern auf freier Strecke auf den Autobahnen. Jedes Auto gibt einen unangenehmen Warnton von sich, wenn man die Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h überschreitet. Das soll wohl die Araber mit hohem Testosteronüberschuss im Verkehr disziplinieren.

Ich habe während meiner Reise immer in privaten Gästehäusern übernachtet und bin so mit etlichen Omanis ins Gespräch gekommen. Sie sprechen häufig ein sehr gutes Englisch. Insgesamt war ich sehr überrascht davon, was die Omanis für ein gebildetes Kulturvolk sind. Das ist die Folge des Nudgings von Sultan Quaboss, der seinen Untertanen ein Bildungssystem nach europäischem Vorbild und mit Kenntnissen in europäischer Literatur und klassischer Musik verordnet hat.

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Blick von der Dachterrasse eines Gästehauses auf Al-Hamra (Quelle: 27vakantiedagen.nl)

Bis auf wenige Ausnahmen ist das Land sauber, man sieht keine Graffities. Liegt doch mal Müll am Straßenrand, fällt dieser sofort ins Auge, weil er ja nicht von Vegetation überdeckt wird. Einzig und allein die Beduinen in der Wahiba-Wüste nehmen es mit der Sauberkeit nicht so genau. Sie sind im Vergleich zu den urbanisierten Omanis noch ein wildes Volk und fahren mit ihren Monstertrucks mit Ballonreifen über die Straßen und durch die Wüste. Die Ortschaften am Rand der Wahiba-Wüste erinnern auch mehr an südafrikanische Townships. Es reihen sich viele kleine Handwerksbetriebe, Werkstätten und Reifendienste aneinander, so wie man es auch in Marokko oder Jordanien sieht.

Was in den ländlichen Regionen auffällt, ist der doch überdurchschnittlich hohe Anteil an Menschen mit Behinderung, sowohl körperlich als auch geistig. Das scheinen Erbkrankheiten zu sein und ich führe das auf die häufigen Ehen innerhalb der Verwandtschaft zurück. Die urbanisierten Omanis scheinen dieser Tradition nicht mehr zu folgen. Denn wie soll man aus Menschen mit niedrigem IQ und geistigen Behinderungen ein Kulturvolk machen? Auch hier scheint Sultan Quaboss die Axt durch Nudging angelegt zu haben.

Ähnlich wie in den Emiraten werden die meisten Arbeiten im Oman von Ausländern verrichtet, hauptsächlich aus Indien, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka und Afghanistan. Es handelt sich allesamt um Gastarbeiter. Der Familiennachzug ist sehr restriktiv. Es gibt aber in den Städten viele Paare aus den genannten Ländern, die gemeinsam im Oman arbeiten.

Die Omanis selbst arbeiten zumeist in der staatlichen Verwaltung, bei Polizei und Militär und sind die Besitzer der Betriebe, Hotels und Gaststätten. Die Polizeigebäude am Rand der Ortschaften sind zumeist sehr prächtige Gebäude mit einem gepflegten Garten.

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Polizeikrankenhaus (Quelle: guide.opensooq.com)

Jeder junge Omani kann ab dem 24.Lebensjahr kostenlos ein Grundstück vom Sultan bekommen, wo er dann sein Haus für die Familie errichten kann. Das führte dazu, dass die alten Ortschaften aus Lehmgebäuden verlassen wurden und daneben neue Ortschaften entstanden, die sehr weit auseinandergezogen sind. Ich habe mich auf einen schönen klaren Sternenhimmel im Oman gefreut, aber wegen der weitflächigen Ortschaften und intensiven Beleuchtung der Straßen auch außerhalb gibt es im Land doch eine vergleichsweise hohe Lichtverschmutzung.

Schon in der zweiten Generation des Wohlstands scheint es zu Problemen zu kommen. Weil die jungen Omanis keinem Leistungsdruck mehr ausgesetzt sind – sie können ja im Staatsdienst unterkommen – gibt es trotz aller Fürsorge des Sultans für sein Volk schon zu Unruhen unter den Jugendlichen. So gab es kürzlich mal wieder eine Ausschüttung vom Sultan von ca. 4.500 Euro an jeden Jugendlichen.

Ein besonderes Erlebnis hatte ich im Wadi Shab. Ich lag dort im Fluss mit ein paar jungen Omanis und ließ meine Füße von den Fischen beknabbern. Dann kam eine hübsche, junge Amerikanerin, entkleidete sich und stieg in einem knallgelben String-Bikini in den Fluss. Die jungen Omanis haben ihren Mund nicht mehr zu bekommen. Am Wadi Shab gibt es keine Sittenpolizei wie anderswo, denn Frauen müssen bekleidet und Männer auch bis zu den Knien bedeckt sein und ein T-Shirt tragen. Die Europäerinnen gehen zumeist mit Legging baden, die Männer tragen über die längere Short ein T-Shirt.

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Wadi Shab (Quelle: memphistours.com)

Allerdings werden die Bekleidungsvorschriften von vielen Touristen im öffentlichen Raum missachtet. Insbesondere die Chinesinnen laufen mit Spaghettiträgern durch die Städte.

Aber was macht die freizügige Bekleidung mit der Kultur der Omanis? Sie sehen Frauen ja sonst nur in voller Bekleidung, mit Hidschab und häufig auch noch mit Augenmaske. Ich glaube, hier wird der Tourismus die ursprüngliche Kultur in den nächsten Jahren schleifen.

Obwohl im Land mittlerweile ca. 50% Ausländer wohnen, gibt es so gut wie keine Kriminalität. Auch nachts ist es sicher. Ich habe mehrere junge Frauengruppen aus Deutschland und den Niederlanden gesehen, die sich gemeinsam einen Jeep gemietet haben und auf eigene Faust das Land erkundet haben.
Grundsätzlich werden keine Palästinenser, Libanesen, Syrer, Kurden und keine Schiiten ins Land gelassen, auch nicht als Gastarbeiter. Nach Aussage der Omanis bringen diese Leute nur Unfrieden ins Land, wo Sultan Quaboss doch die Stämme im Land geeint und Frieden gebracht hat. Dafür wird er hoch verehrt.

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Typische omanische Frauen im ländlichen Raum, manchmal auch in der Stadt (Quelle: animatedweb.it)

Ich bin auch mal aus Interesse in einen Stadtteil von Maskat gefahren, wo die ausländischen Arbeiter wohnen, ging dort einkaufen und haben einen Tee getrunken. Auch dort habe ich mich sehr sicher gefühlt, es war alles sauber, keine Graffiti, nur eben das Grün hat gefehlt.

Man sieht in Oman und in den Emiraten, dass man auch mit einem hohen Anteil an Ausländern friedlich leben kann. Dort spricht auch niemand von Migration. Schon gar nicht verteilt man Staatsbürgerschaften an Ausländer. Ausländer sind dort einfach Gastarbeiter, die für eine begrenzte Zeit ein Arbeitsvisum haben und dann wieder nach Hause gehen. Jobs im Staatsdienst werden schon aus Gründen der Loyalität nur von Angehörigen der eigenen Volksgruppe besetzt. Niemals wird man etwa einen Inder in der Polizei oder in der Verwaltung finden.

Genauso wurde es auch in der DDR gehandhabt. Wir hatten auch viele Tausend Arbeiter aus Vietnam, Kuba, Angola und weiteren afrikanischen Staaten im Land. Die sind aber alle nach ca. 3 Jahren wieder nach Hause „migriert“. Da fragt man sich doch, was der ganze Zuzug von Ausländern ins deutsche Sozialsystem soll, warum der ganze unsinnige Familiennachzug, was soll das Hinterherwerfen der Staatsbürgerschaft an all die Fremden.

Kann man nicht einfach bei uns auch bei Bedarf Gastarbeitern einfach ein Arbeitsvisum geben und das ganze Thema Migration einfach beerdigen? Was spricht eigentlich dagegen, wenn Ausländer wie in vielen anderen zivilisierten Ländern auch hier Geld verdienen können und sich dann mit dem hier verdienten Geld in ihrer Heimat eine Existenz aufbauen. Aber die Gehirne der meisten Deutschen sind mittlerweile so vernebelt, dass sie sich gar nicht mehr vorstellen können, dass eine Ausländer hierher kommt, arbeitet und wieder nach Hause geht. Nein, ein jeder, der die deutsche Grenze übertritt, hat Anspruch auf alle Leistungen des Staates, darf seinen ganzen Clan nachziehen lassen, bekommt nach 3 Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft und bleibt für alle Zeiten im Lande.

Obwohl die Emirate und der Oman auf den ersten Blick auf uns kritische europäische Geister verlockend wirken, gerade wegen ihrer phänomenalen Prosperität, der dort gelebten wirtschaftlichen Freiheit, der Möglichkeit Wohlstand zu schaffen, der gelebten konservativen Werte ohne Wokeismus, glaube ich, dass Arabien kein Quell von Innovation ist.

Für Kreativität, Schöpfertum und Innovation braucht es auch Inspiration, die aus der Geographie, dem Städtebau, der Kultur des Landes kommen, den Wurzeln der Ahnen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man in der sengenden Hitze Maskats in den dortigen klimatisierten Instituten Erfindungen hervorbringen kann.

Ich zumindest brauche mal den Winter und die dunkle, kalte Jahreszeit, um über Gott und die Welt zu sinnieren. Ich brauche auch den Schlag der Kirchenglocken und die Musik von Bach und Händel in den winterlichen Konzerten. All das können Retortenstädte in der arabischen Wüste nicht ausgleichen. Wir mögen als Europäer dort Geld verdienen und Geschäfte machen können, aber die dortigen Ländern werden nie zu unserer Heimat werden und uns nie zu Innovationen inspirieren. Vielleicht liege ich aber auch falsch.

Spätestens nach 3 Generationen werden auch die Araber wegen des gelebten Hedonismus, wegen fehlender Spannung, fehlendem Wettbewerb und aufgrund des Müßiggangs in die Phase des Niedergangs eintreten, so jedenfalls meine Vermutung – bei Thomas Mann gelernt.

Es lohnt sich deshalb, trotz aller Schwierigkeiten, in denen wir stecken, für unsere Heimat zu kämpfen. Auch wenn alles im Augenblick so aussichtslos erscheint. Nichts ist schlimmer, wenn der Feind sich innerhalb der eigenen Stadtmauer befindet. Meine Hoffnung liegt darauf, dass sich Geschichte nicht kontinuierlich entwickelt, sondern unerwartete Sprünge macht. Ich glaube, irgendwo wartet schon ein schwarzer Schwan auf uns.

Gruß Plancius

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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER


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