Gesetz, Vertrag, Geld

Ostfriese, Sonntag, 28.05.2023, 08:18 (vor 306 Tagen) @ Morpheus1485 Views

Hallo Morpheus

Paul C. Martin erklärt, dass jenseits der Dunbar-Zahl das Geld am Beginn aus der Forderung nach Naturalabgaben oder Dienstleistungen (Söldner) - einer nicht-kontraktlichen terminlich fixierten sanktionsbewerten Schuld ex nihilo - schlagartig entsteht, die von einem Machthalter mit seiner Entourage mittels Waffenmonopols den unterworfenen Untertanen aus Sippen, Dörfern oder ganzen Stämmen aufoktroyiert wird. Lediglich der Träger dieser Eigenschaft - in PCMs Worten der geldliche Charakter - hat sich verändert und weiterentwickelt.

Die Träger des Geldes – ursprünglich Kerbhölzer, später mesopotamische Tontafeln, heute Banknoten usw. - sind nicht das Geld, sondern als Aktiva Urkunden, die das Geld beziffern.

Am Anfang gibt es also weder Kredit noch Geld. Es gilt zu verstehen, dass diese Abgabeneinheiten schon von Beginn an die zwingend notwendigen Besicherungen für die Redistributionen an die treu dienende Entourage des Zwingherrn sind.

Säumige Abgabenschuldner, die also im Abgabenminus sind und die Sanktionen vermeiden wollen, leihen sich das termingerecht-sanktionsbewehrte zu leistende Abgabengut von Abgabenschuldnern, die sich im Abgabenplus befinden. Das Schulddokument, das zwischen diesen beiden Abgabenschuldnern geschlossen wird und das wiederum einen Termin enthält, kann VOR diesem vom Gläubiger seinerseits wieder für ihn mittels Gläubigerzession zu zusätzlichem Abgabengut gemacht werden. Der Diskont (Abschlag) wird nach heutigem Verständnis zum Zins, wenn von unten gerechnet wird. Der ursprüngliche Zinnß (= Abgabe) und der heutige Zins sind also Funktionen der Zeit. Die regelmäßige Surplus-Erzwingung von Abgabengütern über den Subsistenzbedarf auch über die eigene Bevorratung hinaus ist dem Zwang der Zwingherrschaft geschuldet.

Von Mesopotamien aus, in dem ein voll entwickelter Kapitalismus mit dem standardisierten Silber in Parität zum Getreide als Abgabengut einschließlich Börsen für Abgabengüter vorhanden war, führt der Weg in einer direkten Linie zu den heutigen weltweiten Zuständen.

Der Übergang zu Metallen und Münzen als regelmäßige Abgabe ist der Tatsachen geschuldet, dass Zentralmachtsysteme, die als die erste Folge nach der Potenzialverleihung durch die Gefolgschaft zu verstehen und wegen des nicht-lösbaren Vorher-Nachher-Problems - Ausgaben vor Einnahmen - expansiv sind. Die Räume für Abgaben und des Rechts müssen erweitert werden. Das machte kurante Abgaben absolut erforderlich - der Träger des Geldes muss kurant sein. Eine Einheit geschlagenes Metall entspricht einer Einheit Geld. Durch die Setzung der Abgabenforderungen in Geldeinheiten durch eine Zentralmacht weiß jeder Abgabenpflichtige jetzt zum Termin, was gesollt ist, was zu beschaffen ist und was es zu haben gilt – was eben Geld ist.

Der Antrieb zum Wirtschaften (überhäusliche Produktion, siehe Bernbeck) ist der seit Unterwerfung immer wieder durch den Abgabenherrn (Staat) gesetzte Termin (Schuld ex nihilo), zu dem an ihn Abgabeneinheiten (= Geldeinheiten) geleistet werden müssen, die über die häusliche Produktion (Produktionsweise) hinausgehen, die über die Zeit nur aus erzwungenen Überschüssen und nicht aus Fehlbeträgen der Abgabepflichtigen geliefert werden können. Diese überhäusliche Überschusserzielung und in Geldeinheiten/Abgabeneinheiten bewertbaren Eigenkapitalbildung ist damit eine Frage der Verschuldungsfähigkeit und Defizite (Kapitalfehlbeträge) aller anderen.

Ashitaka - Blinder Falke in https://www.dasgelbeforum.net/index.php?id=487427

Sobald ein Machtsystem mit terminlich fixierten und im Falle der Zuwiderhandlung mit Sanktionen bewehrte Abgaben (= Zinnß in früheren Zeiten) installiert wird, sind Zinsen, Geld, Verschuldung und der Kapitalismus zu bewundern. Wegen des nichtlösbaren Vorher-Nachher-Problems ist das debitistische System zur exponentiellen finanziellen Aufschuldung und damit zum realökomischen exponentiellen Wachstum gezwungen – was logischerweise in einer endlichen Welt nicht darstellbar ist.

Angesichts der vielen Fragen vorerst nur dazu:

Es wird gewirtschaftet zur Erfüllung von Kontrakten?

— — "Wirtschaften ist auch nicht mit Produzieren zu verwechseln. Jeder kann allein oder mit anderen zusammen produzieren, was er oder sie möchte(n), aber Wirtschaften ist ein Phänomen der Rechtssphäre, ob es uns passt oder nicht.

Was heißt: Wirtschaften ist ohne Gesetze und Verträge nicht vorstellbar. Auch die immer gern beschworene Arbeitsteilung ist nichts anderes als die Summe zusätzlich geschlossener Kontrakte (z.B. Lohnkontrakt).

Die Gesetze werden von wem auch immer gemacht und sind dann allgemein verbindlich, jedenfalls in einem betreffenden Gebiet (sog. Wirtschaftsraum). Verträge können zwischen natürlichen und juristischen Personen geschlossen werden.

Gesetze sind nach Erlass bzw. Inkrafttreten Zwang bzw. zu vollziehen oder zu vollstrecken, weil es sonst keine Gesetze (nichts Gesetztes, fest Gesetztes) wären. Verträge kommen nur zu Stande, wenn sich die jeweiligen Vertragsparteien auf den Inhalt des Vertrages geeinigt haben, aus dem beide Seiten anschließend verpflichtet sind.

Verträge setzen ihrerseits Gesetze voraus, weil das Nichterfüllen durch eine Seite letztlich wiederum erzwungen werden bzw. zu Sanktionen führen muss, weil wirtschaftliche Verträge ohne Erfüllungsmöglichkeit bzw. Erfüllungserzwingungsmöglichkeit niemals zu Stande kämen.

Auch das Phänomen Geld kann sich diesem nicht entziehen. Es gibt kein Geld, das nicht unter die Sphäre Gesetz und Vertrag einzuordnen wäre. Es wäre dann so etwas wie ein Naturphänomen, das außerhalb des Wirtschaftens existierte oder abliefe.

Geld zielt zunächst immer auf etwas Zweites oder einen Zweiten. Dabei wird der Zweite allerdings nicht durch den Ersten definiert, sondern durch einen folgenden Dritten.

Geld, das nur für zwei Einzelne Geld wäre, ist nicht als Geld definierbar.

Selbst in einer gedanklich konstruierten Tauschwirtschaft (Gut gegen Gut), in der A ein Stück Vieh gegen ein Stück Metall eines B tauscht, muss mindestens ein C erscheinen, der seinerseits entweder das Vieh oder das Metall akzeptiert. Akzeptiert er beides nicht, kann weder aus Vieh noch aus Metall Geld werden.

Die privatwirtschaftliche Theorie des Geldes (Warengeld-Theorie) setzt also mindestens drei Einzelne voraus, die sich auf ein Gut als Geld verständigen müssen. Damit dies geschehen kann, müssen mindestens drei Verträge geschlossen werden (auch der Tausch ist ein Vertrag), in dem ein Gut konstant bleibt, um als Geld bezeichnet werden zu können.

A verkauft Vieh gegen Gold an B. A kauft gegen Gold von C Getreide. C kauft von B Vieh gegen Gold, usw. Damit scheint Gold zwar zu kursieren. Tatsächlich dient es aber dazu, drei einzelne Verträge zu erfüllen und dies nur, weil A, B und C dies freiwillig vertraglich vereinbart haben.

Zum Wesen des Vertrages gehört nun nicht nur die Freiwilligkeit beim Abschluss (Beginn der Laufzeit des Vertrages), sondern auch die Notwendigkeit der Erfüllung (Ende der Laufzeit des Vertrages).

Verträge werden nicht als Verträge geschlossen und dann sich selbst überlassen. Verträge sind nur Verträge, wenn sie auf ihre Erfüllung zielen.

Damit sind wir automatisch in der Sphäre des Gesetzes, da es irgendetwas geben muss, dass zur Erfüllung des Vertrages zwingt.

Gesetze ließen sich theoretisch ebenfalls durch Verträge ersetzen. Dies würde aber bedeuten, dass in unserem Beispiel zunächst alle Beteiligten einen Vertrag (Vorvertrag!) darüber abschließen müssten, dass das, wogegen sie ihre Nicht-Gold-Güter tauschen eben Geld sei, also etwas, gegen das alle Tauschvorgänge stattfinden müssten.

Und dies nicht nur einmal, sondern vor jedem einzelnen Vertrag.

Die Vorstellung, es hätte einen Generalvertrag gegeben, in dem sämtliche, die sich am Wirtschaften beteiligen wollen, auf ein Geld (Gold oder etwas anderes) festgelegt hätten, ist - wie unschwer einzusehen - irrig.

Diesen Generalvertrag hat es weder jemals in concreto gegeben (er wird gern durch philosophische Hilfskonstruktionen wie Gesellschaftsvertrag o.ä. ersetzt) noch hätte er für alle gelten können, da laufend zusätzlich Wirtschaftende hinzukommen, die ihrerseits ebenfalls einen solchen Vertrag abschließen müssen und dies obendrein mit sämtlichen bereits mit entsprechenden Verträgen (Einigung auf ein Geld) Operierenden.

Im Grunde läuft die Vorstellung von Privatgeld darauf hinaus, dass vor jedem Tausch- oder Kaufkontrakt ein Vorvertrag darüber abgeschlossen werden müsste, der zum Inhalt hat, dass sich beide Vertragsparteien auf ein bestimmtes Geld als Kontrakterfüllungsmittel einigen, um danach den eigentlichen Tausch- oder Kaufkontrakt abzuschließen.

Damit hätten wir eine Duplizierung sämtlicher Verträge: Verträge über Geld in einer bestimmten Form als Kontrakterfüllungsmittel und dann noch einmal Verträge über die jeweiligen Güter gegen das vorher vertraglich vereinbarte Kontrakterfüllungsmittel.

Selbst wenn wir dies für möglich hielten, bleiben wir wieder beim Laufzeit-, Kündigungs- und Vertragserfüllungsproblem stecken.

Die Summe der Verträge, die etwas als Geld (= Kontrakterfüllungsmittel) beinhalten, lässt sich nicht als laufzeit- und kündigungsfrei konstruieren, da zu jedem Vertrag Laufzeit und Kündigungsmöglichkeit gehören, ganz abgesehen davon, dass die Vertragslaufzeit spätestens mit dem Ende der physischen Existenz dessen, der diese Verträge (jeweils vor jedem einzelnen konkreten Kauf- und Tauschvertrag) abgeschlossen hatte, endet.

Hinzu kommen die bereits erwähnten zusätzlich in den Kreis der Wirtschaftenden Tretenden, die sich jeweils dem selben Procedere des Vorvertrages über Geld vor Vornahme jedes einzelnen Kauf- oder Tauschvertrages unterwerfen müssten.

Kurzum: Indem wir behaupten, es habe so etwas wie eine allgemeine oder natürliche Einigung auf ein bestimmtes Geld (= Kontrakterfüllungsmittel) gegeben, konstruieren wir eine gänzlich irreale Welt des Wirtschaftens, da Einigungen dieser Art entweder Unsummen von Einzelverträgen wären oder eben keine Einigungen.

Einigungen lassen sich nicht vollstrecken, ebenso wenig wie Konventionen oder andere Psychologica, die beim Gold als Geld, auf das sich alle geeinigt hätten, dann Schönheit, Seltenheit oder Unzerstörbarkeit wären.

Aus dieser Aporie kann nur etwas führen, das a) laufzeitfrei und b) für alle verbindlich ist. Dies wiederum kann nur ein Gesetz leisten. Gesetze sind im Gegensatz zu Verträgen open end und ihr Inhalt lässt sich einklagen bzw. vollstrecken.

Geld, egal in welcher Form kann daher immer nur als legal tender (gesetzliches Zahlungsmittel) erscheinen, was als solches nichts über seine Praktikabilität, Plausibilität oder gar Funktionsweise und seine in ihm selbst eingebauten ökonomischen Folgewirkungen aussagt.

Der Vorteil eines Gutes als Geld (Warengeld) liegt gegenüber der Festlegung eines Kredittitels als Geld in seiner Unverzinslichkeit. Der Nachteil von Freigeld gegenüber Güter- bzw. Kredittitelgeld besteht in seiner fehlenden gesetzlichen Festlegung als Geld, womit die Vollstreckbarkeit fehlt. Aus einer Freiwilligkeit lässt sich kein Zwang konstruieren.

Der Zwang (= Vertragserfüllung) ist aber für jegliches Wirtschaften konstitutiv, da Wirtschaften entweder als einklagbare und vollstreckbare Erfüllung von Kontrakten abläuft oder überhaupt nicht.

Was immer so gern als Geldkreislauf bezeichnet wird, ist demnach kein Geldkreislauf, als quasi ein sich natürlich ergebendes Weiterreichen (Zedieren) von Titeln, das beim Gesell-Geld mit Hilfe der Umlaufgebühr, also einer Art Hilfsgesetz beschleunigt werden soll.

Was wir in der Wirtschaft tatsächlich haben, ist eine Summe von einzelnen privatwirtschaftlichen Verträgen über Güter und Leistungen, die mit Hilfe eines gesetzlich festgelegten Erfüllungsmittels abgewickelt werden. Erfüllungen kursieren nicht!

Diese auf Erfüllung zielende Vertragsfreiheit ist durch keinen wie auch immer konstruierten Trick aus der Welt zu schaffen. Die Summe der Verträge, die geschlossen werden, ergibt sich aus der freien Entscheidung der einzelnen Vertragsteilnehmer. (Es sei denn, wir bewegen uns in Richtung auf jene Zwangswirtschaft, die auch Gesell zunächst vorschwebte, als er formulierte: Alle Nachfrage wird zum Staatsmonopol erhoben.)

Einen privatwirtschaftlichen Sammelvertrag aller, die wirtschaften, über Geld hat es nie gegeben noch kann es ihn jemals geben, weil die Privaten das vertraglich vereinbarte Geld nicht als Geld in seiner es allein definierenden Funktion als Vertragserfüllungsmittel selbst erzwingen können, weil ihnen die dazu nötige Macht fehlt.

Privatwirtschaftliche Verträge über Güter und Leistungen lassen sich auch ohne Geld definieren (zeitgleicher Naturaltausch). Lauten sie auf Geld als Kontrakterfüllungsmittel sind sie darauf angewiesen, den Kontrakt per Erfüllung zum Abschluss zu bringen, was nicht auf dem Kontraktwege (also einen weiteren Kontrakt), sondern nur per Zwang, also letztlich dem Ausüben hoheitlicher (öffentlich-rechtlicher) Gewalt möglich ist, die sich im öffentlich-rechtlichen Geldmonopol manifestiert.

Zusammenfassung:

Ein Privatgeld setzt vor jeden Güterkontrakt einen Kontrakt darüber, in welchem Geld der Güterkontrakt erfüllt werden muss.

Diese Vor-Kontrakte werden durch Gesetz sozusagen als Generalkontrakt (= allgemein geltende Vorschrift) ersetzt (laufzeitfrei und via Geldmonopol vollstreckbar). Nur per Gesetz lässt sich also Geld als einheitlich, d.h. für alle Kontrakte als deren Erfüllungsmittel geltend definieren.

Kreditgeld hat bereits bei seiner Entstehung einen Zwang zum Mehr eingebaut (die ZB-Steuer, getarnt als ZB-Leitzins). Diese Mehrerzwingungs-Stufe entfällt bei Warengeld, das dennoch nur Geld sein kann, wenn es öffentlich-rechtlich chartiert ist (legal tender, ebenso wie Kreditgeld).

Freigeld fehlt sowohl die privatwirtschaftliche Kontrahierung, die etwas als Geld bestimmen würde noch die gesetzliche Chartierung als Geld.

Kein wie auch immer konstruiertes Geld läuft um. Geld ist und bleibt eine Schuld und damit eine Forderung. Geld entsteht dabei immer als Passivum, nie als Aktivum. Diese Schuld wird zuerst gesetzlich (chartal) definiert, indem die Instanz, die etwas zu Geld erklärt, es seinerseits abfordert bzw. abfordern kann.

Danach entstehen in privaten Kontrakten privatwirtschaftliche Forderungen auf Geld, das auch dann niemals von Kontrakt zu Kontrakt umläuft, sondern jeweils als Forderung zediert wird, um dann zur Erfüllung der ersten Schuld, der von der öffentlich-rechtlichen Instanz vorab festgelegten ersten Forderung zu dienen." — —

Paul C. Martin - Re: Gesetz, Vertrag, Geld in https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=143158

Gruß - Ostfriese


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung