Universalia

Weiner, Montag, 02.11.2020, 18:43 (vor 1273 Tagen) @ Mephistopheles979 Views

Und was wird mit ihnen sein, nachdem Zeit und Raum von der Menschheit vergessen wurden?

Oder bezahlt die Menschheit die Entdeckung von Zeit und Raum und der Kraft, die die Welt im Innersten zusammenhält, mit dem äußersten Preis, nämlich mit ihrem Sein; wie @Oblomow mal meinte?

Hallo Mephisto,

mit der 'faustischen Seele' als Plakat (um uns Abendländer über die letzten 1000 Jahre summarisch zu charakterisieren) kann ich persönlich nichts anfangen. Dass die seelische Grundstimmung den Blick auf die Welt trübt, erhellt und färbt, weiß man nicht erst seit Spengler, und diese Tatsache ist selbst in der Geschichtswissenschaft (Thomas S. Kuhn, August Nitschke) angekommen. Weiner hat sogar ein Modell für die Dynamik dieser epochalen und kulturbestimmenden Veränderungen.

Außerdem ist Weiner der Ansicht (damit Kant folgend), dass Raum und Zeit grundlegende Anschauungsformen für alle Menschen aller Kulturen sind, genauso wie sie allesamt Zähne, Nägel und Ohrenschmalz haben. Selbstverständlich variiert die Setzung der Schwerpunkte bei der Auffassung dessen, was Raum und Zeit seien, ein wenig: die Maya waren Pedanten (Venuszyklen), während die Inder spekulative Phantasten waren (Yugas).

Und wenn Spengler wissenschaftliche Theorien als "Mythen" bezeichnet, kann er das gerne tun. Das hilft ihm aber nicht, wenn das Elektrizitätswerk ihm den Strom abschaltet.

Einmal habe ich die Mythen rund um das so genannte 'Welten-Ei' mir angesehen, weil unser Universum im singularen Anfangs- und Endzustand eine komprimierte Kugel aus Kraft ist, und ich mußte mit Erstaunen feststellen, dass in den verschiedensten Kulturen dieses Bild richtig getroffen wurde. Auch die rotatorische Struktur der Kraft wurde erkannt, wie das Yin-Yang-Symbol ja sehr schön zeigt. Ursprünglich war letzteres in 3D, und der (heutige) schwarze Punkt war das Loch für die Achse.

Und was das Sein oder Nicht-Sein der Menschheit betrifft, so habe ich hier bereits einmal geschrieben, dass sich der Mensch nicht mehr ausrotten lässt. Das Leben allgemein ist zäh, der Mensch davon nicht ausgenommen. Die interessante Frage ist nur die, welche seelisch Grundstimmung diejenigen haben werden, die die Krisen überstehen. Bemerkungen über das Fellachentum bitte unterlassen ...

Neulich sah ich eine Doku über die amerikanischen Völker vor Kolumbus. Nach Köpfen schätzt man ihre Gesamtpopulation auf 100 Millionen (für das Jahr 1500). Die neue europäische Hochkultur ist nur deswegen so erfolgreich geworden, weil sie in der so wichtigen dritten Entfaltungsphase ihres Hochkulturzuyklus auf diese gewaltigen Ressourcen (plus Afrika und Asien) zugreifen konnte. Was Spengler auch nicht sehen wollte: es gibt Wechselwirkungen zwischen den Kulturen. Die Menschheit ist wohl, über ihre paar hunderttausend Jahre hinweg gesehen, eine Art Ökosystem.

Mit abendlichen Grüßen, Weiner


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