Es muss noch viel Diskutiert werden
Ich denke, du befürchtest, dass das derzeitig zu beobachtende
Verhalten
unter den derzeitig herrschenden Umständen, sich mit dem Wegfall des
Arbeitsdrucks exponentiell verschlimmern würde, ohne zu
berücksichtigen,
dass es genau jener Arbeitsdruck ist, der dieses Verhalten erst
fördert
(Realitätsflucht weil man seinen Job hasst und dann in der Freizeit
dieses
Defizit mit Gewalt aufholen will).
Ja, denn was man noch mehr hassen wird, ist es, die eigene
Entbehrlichkeit
in Form eines geringen Brosamen monatlich demonstriert zu bekommen. Das
geht mit anlauf in die Hose.
Aber merkst du nicht, wie du mit dieser Argumentation genau den Beweis für meine Aussage lieferst? Wenn du das Gefühl der Entbehrlichkeit nicht ertragen kannst, dann doch nur, weil das Selbstwertgefühl einzig auf deinen Status als Berufstätiger ausgerichtet ist. Ohne Beruf, ohne bezahlte Tätigkeit die sozial als angemessen anerkannt ist, bin ich nichts wert. Fällt das weg, dann bin ich nutzloser Abfall. Der besten zwei Sätze, die diese Schizophrenie auf den Punkt bringt sind doch: "Ich hasse Montage" und "Ich kann nicht lange Urlaub machen, weil mir daheim die Decke auf den Kopf fällt". Und das alles von ein und dem selben Menschen gesagt. Erkennst du, wie widersprüchlich das im Grunde ist?
Die gerade weltweit laufenden Versuche und Studien deuten aber auf das
Gegenteil hin.
Wo? Kannst Du mir da welche zukommen lassen? Ich kenne keine. Wenn man
aber als sample irgendwelche Studenten oder von vornherein alternativ
gesinnte Menschen genommen hat, dann glaub ich das gerne.
Guck mal hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bedingungsloses_Grundeinkommen
Dort sind erst mal alle Projekte weltweit aufgeführt. Von Studenten oder Alternativen sehe ich nichts. Ein kleine Zusammenfassung der Ergebinisse:
Die OECD hat sich das auch mal genau angeschaut:
http://www.oecd.org/els/soc/Basic-Income-Policy-Option-2017-Brackground-Technical-Note.pdf
Die Finanzierungsfrage ist weiterhin offen.
Aber es gibt hier noch hunderte weiterer Studien zu lesen:
Ersteres wird sich fürchte ich nicht wirklich ändern - es sei denn die
Marktwirtschaft endet. Das Verständnis was Werte sind - ja das mag sich
ändern, vielleicht wertet man künftig Facebookfreunde höher als Euros.
Was aber eine Konstante bildet ist der Wunsch nach Besserstellung - und ist
diese ökonomisch nicht zu verwirklichen, so wird ein anderer Weg gesucht
werden. Daher meine Idee mit den eisernen Kreuzen. Die Leute wollen sich
abheben. An der Negation dieses Bedürftnisses wie auch der Negation der
Unterschiedlichen Begabungen von Menschen ist der Komunismus letztendlich
gescheitert.
Es ist vernünftig anzunehmen, dass sich dieses Bedürfnis nicht verändern wird. Wie es aber erfüllt wird, das kann keiner voraussagen. Vielleicht endet die Marktwirtschaft wirklich, weil sich herausstellt, dass sie untauglich ist, mit diesen Veränderungen mitzuhalten. Das ist sogar wahrscheinlich, denn wie soll Marktwirtschaft funktionieren, wenn 70% aller Menschen keine Arbeit mehr haben? Darauf hab ich keine Antwort, genau wie niemand sonst. Vielleicht ist das BGE nur ein kurzzeitiges Phänomen hin zu etwas anderem, wer weiß.
Ich habe 1995 den Bestseller Globalisierungsfalle gelesen- es kam alles > so
wie darin beschrieben und schlimmer - hat es also was genützt die
Menschen
aufmerksam zu machen? Ich fürchte auch in der Frage der Gestaltung des
BGE
wird man erst die Machtfrage stellen müssen. Freiwillig wird da gar nichts
geschehen. Und der Hintergrund des Machtkampfes wird wahrscheinlich den
meisten Menschen nicht einmal verständlich zu machen sein.
Ja, leider. Da bin ich überfragt.
Ich würde mich sofort als Erfinder von
Tätigkeiten melden und Vorschläge machen, was andere machen könnten .
Z.b. das künstlerische Verfliesen hässlicher Autobahnbrücken und
Leitschienen. Arbeit für tausende Menschen auf Jahre!
Das kannst du auch so tun, ohne dass Bedingungen an GE geknüpft sind. Es müssen sich nur Leute finden die das dann auch machen wollen.
Ich sag nur \"Hornbach - es gibt immer was zu tun\" - Das Geld das die
Menschen beziehen wird immer noch von jemandem erwirtschaftet. Vergiss das
nicht. Und es ist meiner Meinung nach absolut ungerecht und toxisch
obendrein das Nichtstun zu belohnen. Im Gegensatz zu China wird niemand
gezwungen den Besen zu schwingen. Man kann jederzeit was schlaueres machen.
Nur das absolute Nichtstun zu fördern macht keine freie sondern
verblödete Menschen.
Ich verstehe den Gedankensprung "BGE = Förderung des Nichtstun" nicht. Wie kommt man darauf? Wenn du faktisch eine Gesellschaft hast, in der 70% keine Arbeit haben, weil es für sie keine Arbeit mehr gibt, völlig unabhängig ob es ein BGE gibt oder nicht, wo wird da was gefördert? Was sollen die denn alle machen? Die sind dann zum Nichtstun gezwungen! Die leben dann alle von Harz4 an der Armutsgrenze und huldigen den wenigen, die noch Arbeit haben und für sie das Geld erwirtschaften? DAS ist sozialer Sprengstoff allererster Güte.
Das ist verhaltenspsychologisch höchst Problematisch. Unser jetziges Wirtschaftssystem erschafft eine Umwelt, in der der Mensch seine Arbeitskraft überflüssig macht und sich dann darüber beschwert, dass er einer Horde Nichtstuer durchfüttern muss? Diese Gedankengänge haben schon Züge einer psychischen Störung.
Tätigkeit und soziale Ausdifferenzierung muss auch im BGE stattfinden,
sonst drehen die Leute durch. Wer aussteigen will - 20 Wochenstunden
kann man leicht runterrödeln.
Es geht doch nicht um das Aussteigen wollen, sondern um das zwangsläufige Müssen!
Zwang, mit all seinen Folgen die man Heute schon beobachten kann.
Im Gegenteil. Zwanglosigkeit kann auch negative Folgen haben. Es macht
für mich einen gewaltigen Unterschied, ob sich Menschen komplett
verbiegen
müssen um irgendwie zu überleben oder ob sie einfach ein wenig Druck
haben um sich aufzuraffen. Ich selbst würde zum Beispiel nichts fertig
bekommen, wenn ich nicht Deadlines gesetzt bekäme. Und dabei mache ich
noch etwas, das mich halbwegs erfüllt. Ich möchte nicht wissen wie das
in langweiligen Jobs aussieht.
Richtig. Das wird eines der größten Probleme werden denen sich dann jeder stellen muss. Was mache ich? Was will ich? Was fange ich mit meiner Lebenszeit an? Da werden sehr viele in ein tiefes Loch fallen und die Leere in sich erkennen. Zu erkennen, dass man nur ein Abbild dessen war, was man beruflich getan hat, wird eine völlig neue Geisteshaltung fördern.
OK, zum Schluss noch diese Aussage. Du implizierst damit, dass es
schon einmal sowas gab und die Menschen da gemütlich geplaudert haben. > > Wann? Wo?
Mit Sichherheit in vorindustriellen Zeiten. Auch noch vor 30, 40 Jahren
ging es wesentlich entspannter zu. Die Verbissenheit und Brutalität kam
über die letzten Jahrzehnte schleichend mit der steigenden
Kompetitivität. Letzten Endes ist es immer eine Balance. Zu Entspannt
schafft Intrigen aus Langeweile. Zu gespannt schafft existentielle
Intrigen. Menschen sind einfach wie sie sind. Das wird ihnen kein
Grundeinkommen austreiben. Man kann nur versuchen die Bedingungen zu
schaffen, die den hässlichen Seiten der Menschlichen Natur möglichst
wenig Raum geben zu wachsen.
In vorindustrieller Zeit war das Leben kein Zuckerschlecken. Im Gegenteil. Schau mal hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wochenarbeitszeit
Da war buckeln vom Morgengrauen bis ins Abendrot angesagt, jeden Tag, nur um Essen auf dem Tisch zu haben. Krankheiten, Kriege, Armut, alles Alltäglich und mit 50 biste in Kiste gesprungen weil du dich buchstäblich zu Tode gearbeitet hast. Die gute alte Zeit.
Tatsächlich leben wir Heute in den besten aller Zeiten was Gesundheit, Frieden, Freizeit, Wohlstand und Freiheit angeht. Nie war es besser. Alles andere sind Verklärungen der Vergangenheit denen sämtliche Statistiken widersprechen.
Nein, weil eine klassenlose Gesellschaft automatisch Unzufriedenheit
generiert. Sie setzt die natürlichen Klassen die sich aus Talent,
Intelligenz etc... immer herausbilden außer Kraft und demotiviert exakt
diejenigen, die eine Gesellschaft tragen. Die Talente laufen davon oder
verweigern sich der Leistung oder es entsteht sofort ein
Schwarzmarkt/Korruption wo sich die alten Hierarchien wieder Geltung
verschaffen. Das erleben wir lustigerweise heute auch. Der Staat wird
mit Unterbelichteten geflutet und die Leistungsträger hauen sang und
klanglos ab.
Das nennt man auch Veränderung und ist wohl die einzige Konstante in der Welt.
Naja, schaut man genau hin, war der Lebensalltag geprägt durch Mangel,
Zensur und Vetternwirtschaft
Das wird auch so in einer BGE
Gesellschaft sein.Kommt ja schon in großen Schritten daher. Maas baut ja schon gewaltig
vor.
Könnte sein, oder auch nicht.
Ich komme viel rum. Es gibt alles. Aber eben nicht überall. Ich habe zum
Beispiel Industriebetriebe in Familienbesitz gesehen, die ihre
Mitarbeiter vorbildlich behandeln und die Leute dort auch sehr zufrieden
sind. Ich habe
Sweatshops gesehen, wo es genau anders herum ist. Vieles liegt am
Zwischenmenschlichen. Und was das wichtigste m.M. nach ist - die Leute
wollen nicht gleich sein, weil sie nicht gleich sind. Autorität und
Hierarchie wird sofort akzeptiert, wenn sie gerechtfertigt ist. (Siehe
Konrad Lorenz) Jeder sucht sich seinen Platz auf der Leiter - und bildet
sich sein Selbstwertgefühl aus der Wertschätzung die er durch Andere
Erhält - die muss aber ehrlich gemeint sein. All diese sozialen
Eigenschaften müssen in einem BGE System berücksichtigt werden und so
integriert werden, dass sie der Allgemeinheit nutzen und nicht so wie
heute schaden.
Dem stimme ich grundsätzlich zu. Man sieht, es besteht gewaltiger Diskussionsbedarf. Dabei sollte aber nicht aus den Augen verloren werden, dass die Idee des BGE nicht in einem Vakuum existiert und (zumindest meiner Meinung nach) eine (womöglich kurzfristige) Lösung der anrollenden Automation sein kann.