Das Selbst
Leider gibt es keine Flucht
vor Leid. Da es kein Selbst gibt, kann man auch keins finden.
Das Ich oder Selbst ist, wie Fichte und Schelling z. B. aufgezeigt haben, seiner inneren Natur nach von ganz anderer Substanz als alles Vergängliche, in dem es sich vorfindet. Alles, was dem Ich sozuÂsagen als Nicht-Ich gegenübersteht, kann es nicht in seiner inneren Existenz bedingen. Das Ich ist unbe-dingt, es ist kein Ding, das in seinem Sein von außen bestimmbar wäre, es bestimmt sich selbst. Das kommt schon darin zum Ausdruck, dass niemand das Wort „Ich“ zur Bezeichnung eines anderen verwenden kann, sondern nur für sich selbst.
Der bürgerliche Name meint die äußere Persönlichkeit und kann von jedem zur Bezeichnung eines anderen verwendet werden. Niemals aber kann das Wort „Ich“ von außen an mein Ohr dringen, wenn es mich benennen soll. Nur von innen heraus, durch sich selbst kann sich der Mensch als „Ich“ bezeichnen. In einer 5. Klasse hatten die Schüler Namensschilder vor sich hingestellt, damit neue Lehrer sie mit ihren Vor- und Zunamen anreden konnten. Auf der ihnen zugewendeten Innenseite hatten viele Schüler aber „Ich“ geschrieben. Sie empfanden: Das ist ihr innerstes Wesen, das mit dem äußeren Namen nicht erreicht werden kann, das nur jeder selbst benennen kann.
Wer meint, das Selbst gebe es nicht - wer stellt das fest? Das Selbst - und widerspricht sich selbst. Oder die Materie des Gehirns? Wer ist das?
Im Ich, im Wesen des Menschen, tritt also etwas auf, das in sich selbst gegründet ist und aus seiner Umgebung nicht bestimmbar ist, sondern in diese eintritt. Darin bestehen seine Freiheit und seine Würde, die ihn vor allen anderen irdischen Wesen auszeichnet. Der Mensch ist autonomes Subjekt, er darf daher niemals als Objekt seiner Umgebung betrachtet werden, da er damit als Nicht-Ich behandelt und als sich selbst beÂstimmende Individualität missachtet und gedemütigt wird.