Geraten wir gerade in eine existentielle Krise wegen steigender Heiz- und Treibstoffkosten?

Plancius, Mittwoch, 09.03.2022, 09:23 (vor 990 Tagen)6321 Views
bearbeitet von Plancius, Mittwoch, 09.03.2022, 09:30

Die Tochter eines befreundeten Paares, verheiratet, Mitte 30 mit 2 Kindern hat sich mit ihrem Mann vergangenes Jahr in einem Dorf bei Rostock ein Einfamilienhaus aus den 90er Jahren gekauft. In Rostock wird zwar auch viel gebaut, häufig auch großflächig mit gehobener Ausstattung - Modell Stadtvilla, das ist aber alles für den Normalverdiener nicht mehr erschwinglich. Die Preise gehen schon in Richtung Hamburger Niveau. Es scheint aber genügend Mecklenburgische Schickeria zu geben, die sich das trotzdem leisten kann. Es gibt aber auch seit einigen Jahren einen verstärkten Zuzug aus dem Westen, wo Pensionäre dort ihre Häuser abstoßen und sich gleichzeitig in Rostock einkaufen, um die Nähe zum Meer zu haben.

Jedenfalls konnte sich das junge Paar das Haus zu den damaligen Verhältnissen im Rostocker Umland leisten. Es ist ein massives Architektenhaus mit großflächiger Verglasung. Eine Galerie unterstreicht das offene Wohnen. Wegen des offenen Wohnens sind viele m3 zu beheizen, wobei die Heizung auch noch als Fußbodenheizung mit Tagstrom betrieben wurde. Man hat jetzt viele 1000 Euro investiert, um die Heizung auf Erdgas umzustellen.

Und jetzt kommt der Hammer.

Letzte Woche wurde der Vertrag mit einem Gasanbieter unterzeichnet. Nicht nur, dass es überhaupt problematisch ist, überhaupt einen Gasanbieter für einen Neuvertrag zu finden, nein man wurde bei einem voraussichtlichen Verbrauch von 20.000 kWh Gas auf 550 EUR/Monat eingestuft. Und man hat ihnen offeriert, das das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist. Nun kommen noch über 200 EUR Strom/Monat hinzu plus die gestiegenen Benzinkosten für 2 Autos, um an die Arbeit zu kommen.

Beide verdienen für hiesige Verhältnisse schon ganz gut, aber der Fixkostenblock für Strom/Gas in Höhe von 800 EUR, für den sie aber maximal 300 EUR eingeplant haben plus gestiegene Benzinkosten plus steigendes Preisniveau insgesamt bringt die Familie finanziell ins Schleudern. Und es ist absehbar, dass die Löhne den galoppierenden Preisen nicht folgen werden.

Das muss doch mittlerweile vielen so gehen. Ich gehe auch davon aus, dass in den nächsten Monaten für einen Haushalt ca. 800 EUR pro Monat für Heizung und Strom draufgehen.

Geringverdiener, die längere Strecken pendeln müssen, lassen sich schon jetzt krankschreiben, weil sie meinen, dass sich das Arbeiten nicht mehr lohnt. Sie denken, die hohen Spritpreise sind temporär und wollen sie zu Hause im "Krankenbett" aussitzen. Hallo, was macht ihr in ein paar Wochen, wenn der Sprit 3 Euro kostet?

Gerät bei diesen Preisen nicht ein großer Teil der hiesigen Bevölkerung in Existenznöte?
Braut sie hier nicht ein extremes Unmutspotential gegen die Regierung zusammen?

Nun bekommt der Großteil der Leute, die keine Neuverträge für Gas und Strom beschließen müssen, von den exorbitanten Preisbewegungen an den Energiemärkten noch nichts mit, außer wenn sie an einer Tankstelle vorbeikommen.

Und da höre ich nun allerorten schon wieder von Urlaubsplanungen. Man hat nach 2 Jahren Corona die Schnauze voll und möchte dieses Jahr mal wieder richtig schön verreisen, vorrangig mit dem Flugzeug. Schließlich hat man einige 1000 Euro gespart, weil man ja 2 Jahre keinen richtigen Urlaub gemacht hat.

Da frage ich mich auch wiederum, wie kann man angesichts der gefährlichen politischen Lage überhaupt eine Flugreise in Erwägung ziehen?
Braucht man das gesparte Geld jetzt nicht eher, um in ein paar Wochen überhaupt seine Existenz zu sichern?
Oder ist den Leuten alles egal? Kommt jetzt Endzeitstimmung auf und sie wollen es vor dem kommenden Desaster unter Palmen nochmal so richtig krachen lassen?

Lohnt sich vielleicht ein spekulativer TUI-Kauf für einige Wochen Haltezeit? Die Reisebranche ist ja noch in Aufbruchstimmung und sie erwartet einen immensen Nachholbedarf für dieses Jahr.

PS: Diesel heute hier 2,32 EUR

Gruß Plancius

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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER


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