Machen wir beide weiter? Warum nicht?
Es geht nicht darum, recht zu haben oder sich oder anderen etwas zu beweisen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir alle nur dieses eine Leben haben. Und dieses eine Leben kann ganz schöne Seiten haben, wenn wir bei zweierlei in der Lage sind: Die Prioritäten zu erkennen und diese auch dann zu setzen.
Wir haben uns durch die zweifelhaften Geschenke des Wohlstands, der mit der Geißel des Konsums einhergeht, vieles nehmen lassen, was uns oftmals gar nicht bewusst wird. Einer dieser wichtigen Bausteine im Leben ist die Kommunikation. Schon in frühen Jahren habe ich das in Deutschland mitbekommen, als in diesen netten Wohnblöcken der vom obersten Stockwerk ein ganzes Leben dort verbringen konnte, ohne zu wissen, wer im Parterre eigentlich wohnt.
Sehe ich mir die älteren Leute an, die in den Dörfern am späten Nachmittag vor den Häusern sitzen und sich unterhalten, dann wird mir immer mehr bewusst, was hier falsch läuft. Wir schotten uns ab, wollen jeder für sich sein, ist ja unser gutes Recht. Aber die wenigen Vorteile überdecken die vielen Nachteile, die das mit sich bringt. Wir merken nicht mehr, dass wir "umerzogen" werden.
Am deutlichsten hat sich das bei Corona bemerkbar gemacht, wie der Großteil der Bevölkerung nicht mehr in der Lage ist, des Kaisers neue Kleider zu erkennen. Aber auch die alten Werte in der Gesellschaft ("Volk" darf man ja kaum mehr sagen) verblassen zusehends.
Wenn man selbst nicht mehr bereit ist, demjenigen den Arsch zu putzen, der uns selbst als Baby mal den Arsch geputzt hat, dann sollte man eigentlich merken, dass irgendwas nicht mehr stimmt. Es gibt schließlich noch so etwas wie eine moralische Verpflichtung, nicht nur die Verpflichtung zur "Entsorgung" der Alten.
Wenn der Mediziner, der irgendwann mal den Eid des Hippokrates geschworen hat, sein Wissen und seine Kraft nur mehr unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung stellt (Mo - Fr. von .. Uhr bis ... Uhr, Mi nachmittag ist Ruhetag, Wochenende ist der Anrufbeantworter dran, Voranmeldung für Untersuchungen für die nächsten 6 Wochen, etc.) und dann noch dem Ganzen die Corona-Krönung aufsetzt, - dann sollte es bei vielen im Hinterkopf zu klingeln beginnen.
Es gibt nun mal berufliche Orientierungen, die keine Berufe, sondern einfach eine Berufung sind. Aber die Herrschaften in den schwarzen und den weißen Kutten haben da was anderes draus gemacht, - deshalb stehe ich den meisten auch kritisch gegenüber.
Mag sein, dass es manchen betroffen macht, was ich geschrieben habe, - ich will auch hier keinen Moralapostel spielen. Auch ich habe schon so manchen Bock in meinem Leben geschossen, - ohne es zu wollen. Wenn ich nur daran denke, dass ich mit dem oder dem, der um einiges älter war und der mir viel bedeutete, ja noch so manches besprechen wollte. Immer wieder hab ich es aufgeschoben, weil ich im Moment keine Zeit hate (Zeit hat man nie, es sei denn, man nimmt sie sich).
Plötzlich ist dann derjenige überraschend verstorben. Und da habe ich mich dabei ertappt, dass ich fast böse geworden bin, auf denjenigen, - hätte der mit seinem Ableben nicht noch etwas warten können? Ich wollte ihn ja noch besuchen....
Also, nochmals: Wenn meine Gedanken dazu motivieren, etwas inne zu halten und nachzudenken, mal aus dem Hamsterrad auszutreten, dann ist es gut.
Ein paar Dinge sollten wir nicht aus den Augen verlieren:
- Manchmal ist "weniger" einfach "mehr"
- das letzte Hemd hat keine Taschen
- es ist gut, öfters gegen den Strom zu schwimmen, denn dann hat man die Chance, auch mal zur Quelle zu kommen.
Das alles kann bewirken, dass man ein Auge dafür entwickelt, wenn uns wieder "des Kaisers neue Kleider" vorgeführt werden. Und wenn im Herbst die 4. und die 5. Welle kommt, dann kann man getrost darauf antworten: