Ich denke, dass die Ursache für die Zeitknappheit auf mehreren Ebenen zu suchen ist

helmut-1, Siebenbürgen, Samstag, 15.05.2021, 17:26 (vor 1252 Tagen) @ Ashitaka2894 Views

Zum einen sind die Ansprüche gestiegen, und zwar immens. Ein Produkt der Konsumgesellschaft. Früher hat man im März die Winteräpfel als Obst gegessen, heute sucht man die Erdbeeren aus Israel oder sonst wo, obwohl die heimischen, die im Juni kommen, wesentlich besser schmecken und auch billiger sind. Dazu die Kleidung. Da gabs für unter der Woche eine Hose, und für den Sonntag eine andere.

Sagen wir mal so, - früher waren die Leute einfach mit weniger zufriedener. Andererseits wird man durch das System ins Hamsterrad gepresst, und man bekommt kaum Luft zum Atmen. Schon irgendwie komisch, weil früher gabs keine 38 Std. Woche, und die Leute hatten mehr Zeit.

Ich hab das auf meinen Reisen in die entlegenen Gebiete Rumäniens kennengelernt. Dort gibt es Leute, die eine Art von Genügsamkeit haben, die unsereinem fremd ist. Wir bezeichnen das fälschlicherweise als "Armut".

Da fahr ich in der rumänischen Moldau auf irgendwelchen Nebenstraßen 3. Ordnung und sehe ein kleines Haus an der Böschung. Ich gehe hinein und frage die beiden alten Leute, ob sie wissen, wo ich hier noch Schnaps kaufen kann. Sie nannten mir eine Adresse in der Nähe. Bei dieser Gelegenheit konnte ich in das Häuschen hineinsehen. Ca. 6 x 6 m, und als kleiner Anbau noch sowas wie eine Speisekammer.

In der einen Ecke stand der Esstisch mit zwei Stühlen, in der anderen Ecke war der Holzofen, auf dem man auch kochte. In der dritten Ecke war ein größeres Bett, da haben die offensichtlich zusammen drin geschlafen. Und in der vierten Ecke lag etwas Stroh und die Ziege drauf. In der Mitte ein kleiner Webstuhl.

Auf meine Frage, ob sie denn kein Radio oder TV haben, - Achselzucken. Wofür?Brauchen wir nicht. Draußen sehe ich ein paar Krautköpfe im Garten, und noch ein paar Zwiebel. Der Boden ist nahrhaft, das sehe ich. Da könnten auch noch Tomaten stehen, auch ein paar Gurken, und noch so einiges. Warum sie denn nichts anpflanzen?
Wofür? Wir haben genug, meinen sie.

Die Leute schauen lieber den Spatzen nach, als produktiv was zur Erweiterung ihres Speisezettels beizutragen. O.k., das kann man mit der deutschen Mentalität nicht vergleichen, - aber wenn man sowas sieht, dann fragt man sich, wer nun wirklich "freier" ist. Diese beiden Leute oder ich.

Dann kommt man zur philosophischen Überlegung, dass "weniger" manchmal eben "mehr" ist. Sehr gut musikalisch vorgebracht von Willy Reichert (für den, der halt schwäbisch versteht):

https://www.youtube.com/watch?v=sDGBRxB3v-Q


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