Worum es tatsächlich geht

Diogenes Lampe, Mittwoch, 09.12.2020, 16:38 (vor 1444 Tagen) @ mh-ing6274 Views
bearbeitet von Diogenes Lampe, Mittwoch, 09.12.2020, 16:42

Hallo mh-ing

Es ist eine Einschätzung und Meinung, dass die USA mit Trump, Russland mit Putin und China mit Xi obsiegen werden. Ich sehe das aus folgenden Gründen nicht gegeben:
Die Projekte (EU, große Blöcke bilden ...) sind über viele Jahrzehnte laufende Projekte. Deren Stand mag manchmal schlecht erscheinen, aber die langfristige Umsetzung und Planung läuft, unabhängig, wer da in Macht ist und sich widersetzt. Es wurde so enorm viel in das Projekt investiert, dass ich nicht an ein SCheitern glaube (obgleich ich es wünschte).

Das Scheitern eines Projektes, egal welches, hängt nicht davon ab, wie lange es andauert und wieviel man darin investiert hat. Das Projekt selbst aber hängt von den Gruppen ab, die es verfolgen und diese hängen von der Hierarchie ab, mit der sie sich strukturieren. Ein politisches Projekt scheitert, wenn es denn scheitert, also letztendlich immer an seinem hierarchischen Aufbau, nicht wirklich an seinen Führungsfiguren, es sei denn, diese erweisen sich als untauglich und zerstören ihr eigenes Machtfundament; was in der Tat nicht selten vorkommt. Die Spitze der Machtpyramide bricht jedoch nur ein, wenn zuvor ihr Fundament, also besagte Hierarchien einbrechen; egal, aus welchen Gründen. Das aber erleben wir gerade wieder in der "Westlichen Wertewelt".

Trump, Putin und Xi sind nur temporäre Personen. Es sind keine langfristig angelegten Strömungen und keine Macht. Daher ist das nur ein temporäres Problem. Vermutlich wird man jenen sogar später die Schuld zuweisen, wenn die Krise erst richtig anläuft.

In der Tat ist die Trilaterale Weltordnung nicht an Personen gebunden, sondern an das, was diese an Machtfülle repräsentieren. Diese Machtfülle ist widerum hierarchisch strukturiert. Will sagen: Trump, Putin und Xi stehen augenblicklich an der Spitze ihrer Hierarchien, sind also nicht die ganze Hierarchie, sondern diese ist ihr Machtfundament, das sie hervorgebracht hat und auf das sie sich stützen. Ohne dieses Fundament wären sie nichts. Sie als Personen sind daher natürlich jederzeit innerhalb dieser Hierarchien austauschbar, wenn auch nicht immer ersetzbar. Sie hängen von der Hierarchie ab, während die Hierarchien aber nicht von den einzelnen Führungsfiguren abhängen, sondern von der Festigkeit ihrer Strukturen, die dann auch entsprechend feste, d.h. starke Führungsfiguren hervorbringen können.

Wir reden hier aber durchaus von sehr langfristig angelegte Strömungen, die natürlich nicht an diese Personen mit sehr begrenzter Lebenszeit gebunden sein können, sondern durch sie lediglich repräsentiert- und im besten Fall weiter entwickelt werden. Wir reden hier alles in allem von Strömungen, die mindestens tausend Jahre, wenn nicht zweitausend Jahre oder sogar noch länger strömen. Die Führer kommen und gehen, da haben sie recht. Aber um zu verstehen, dass sie lediglich eine Macht ausüben, nicht aber die Macht selbst sind, muss man auf ihren Machtapparat und seine historische Entwicklung inklusive all der Machtkämpfe und Machtkonsolidierungen schauen. Das Papsttum, das - im Gegensatz zu König- und Kaiserreichen - als einzige religiöse wie politische Hierarchieordnung der westlichen Welt seit dem Römischen Reich der Caesaren ununterbrochen existiert und regiert, bietet Ihnen da z.B. reichlich Anschauungsmaterial.

Um diese Hierarchien zu verstehen, ist es erforderlich, erst einmal grundsätzlich zu verstehen, was Macht überhaupt ist. Sie ist Gewalt. Macht ist erst einmal Naturgewalt, auf die der Mensch ganz unabhängig von seinem eigenen Willen genötigt ist, zu reagieren. Hunger und Durst sind solche Naturgewalten in jedem von uns, die in uns selbst unabhängig von unserem Eigenwillen wie unserer Vorstellung wirken. Sie zwingen uns, ihre Forderungen auf der körperlichen wie seelischen Ebene zu stillen. Die Alternative hierzu wäre nämlich sterben unter unsäglichen Qualen. Daraus ergibt sich aber auch ein Selbstanspruch; nämlich der, für ausreichend Essen und Trinken, Kleidung, ein Dach über dem Kopf und ggf. für Schutz vor natürlichen Feinden, wie z.B. wilde Tiere, zu sorgen.

All das nötigt uns zur geistigen Arbeit, also zur Reflexion darüber, wie wir uns die lebensnotwendigen Dinge verschaffen- und sie uns sichern und erhalten können. Daraus resultieren jene Urschuldverhältnisse, von denen auch Paul C. Martin in seiner für mich absolut stimmigen Debitismustheorie zurecht spricht, wenn er konstatiert, dass die allererste Schuld die des Selbsterhalts ist. Und ein Blick auf die Maslowsche Bedürfnispyramide läßt uns erkennen, dass wir es bezüglich unserer Bedürfnisse ebenso mit einer Hierarchie zu tun haben.

Kurz: Die Macht basiert auf einem Vertrag, den wir zuerst mit unserer eigenen Natur abschließen müssen, sobald wir das Licht der Welt erblicken. Und der wird stets aufs Neue mit dem Recht des Stärkeren - am Beginn also mit Mutter und Vater ausgehandelt. An diesen beiden ersten Stärkeren muss sie sich stets orientieren. Entweder auf der Basis des Naturrechts und/oder, sobald der Mensch sich selbst erhalten kann, auf der Grundlage von Gesellschaftsverträgen; angefangen bei der Familienbeziehung bis zum gesellschaftlichen Totalitarismus. Sie kann also legitim sein und illegitim. In jedem Fall ist sie aber unmittelbar mit dem Recht der Gewalt verbunden, einschließlich des Unrechts, wenn es mit ihr einhergeht.

Das beste Beispiel ist hier der Vatikan. Die Päpste, resp. Bischöfe von ROM kommen und gehen - nach eigenem Selbstverständnis seit zweitausend Jahren in einer ununterbrochenen Linie, die sie mit dem Jünger Jesu, Petrus, beginnen lassen. Nun ist das sicher fiktiv, doch real ist ihr Bestreben, die Universalherrschaft auf Erden auszuüben. Daher der Name "Katholische Kirche". Für dieses gewaltige Bestreben benötigen sie eine gewaltige und möglichst auf Dauer angelegte breite Hierarchie. Die Dauer derselben aber hängt von ihrer Legitimation ab und die einerseits von religiösen und/oder politischen Erzählungen, den sogenannten Machtnarrativen, welche die sakrale Gewalt begründen; und andererseits von der militärischen Stärke, welche diese Narrative abzusichern vermag. Hierzu hat der Papst seit ca. fünfhundert Jahren die Jesuiten, die seine sakrale und finanzielle Gewalt stützen (davor waren es die Templer) und seit den ersten Kreuzzügen, also fast tausend Jahren die Malteser, die seine militärische Gewalt stützen.

Es geht nicht um das Geld, weil das jene schon ausreichend haben. Es geht nicht um Macht, da auch das jenen Hintermännern ausreichend schon da ist. Es muss um mehr gehen, um eine Neugestaltung und Umgestaltung nach einem Masterplan. Dies gilt eben nicht nur einem lokalem Staat, sondern ich vermute, es geht um eine Weltneuordnung.
Entscheidend ist daher die Frage, wie diese "neue Welt" denn aussehen soll. Orwell oder "Brave New World"?

Es geht in der Tat nicht ums Geld, sondern um Schuld; also um Urschuld, Abgabenschuld, Kontraktschuld und religiöse Schuld. Das Geld ist ja nur ein Ausdruck derselben, ein Mittel zum Zweck und nicht der Zweck selbst. In unserem Fall geht es also um einbrechende hierarchische Strukturen, die sich als schwächer gegenüber anderen hierarchischen Strukturen erwiesen haben. Und daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Neugestaltung und Umgestaltung bis hin zu einer neuen Weltordnung. Und somit geht es auch um neue Hierarchien, d.h. neue Ordnungen, wenn die alten sich - unabhängig von ihrem Alter - als instabil erweisen. Die Strukturen, von denen wir reden, sind also stets dynamisch.

Wenn Sie also fragen, wie diese "neue Welt" aussehen soll, dann ist das nicht die Frage von Orwell oder Huxley, Pest oder Colera, sondern die Frage nach den Fundamenten, also den fundamentalen Hierarchien der herrschenden Mächte und somit geht es natürlich ganz allgemein um neue Strukturen wie im Besonderen um neue Gesellschaftsordnungen. Und da geht es in der Analyse darum, zu untersuchen, welche hierarchischen Fundamente trotz ihrer natürlichen Dynamik die tragfähigeren sind, um herauszufinden, welche Regierungsformen - besser, Regierungstechniken - sich da anbieten; demokratische oder diktatorische.


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