Rumänen fliehen ins Hochsteuer-Deutschland

EM-Financial, Deutschland, Freitag, 05.06.2020, 10:54 (vor 1414 Tagen) @ helmut-12182 Views

Hallo Helmut,

ich Danke Dir sehr für Deinen ausführlichen Bericht und ich fühle mit den Menschen, weil ich auch aus Deutschland mehrere vergleichbare Situationen kenne. Aber die Ausweglosigkeit eines niedrigen Einkommens, das ein lebenswertes Leben ermöglicht, bin ich dennoch unsicher, ob die Rumänen wirklich Vorteile in Deutschland bekommen werden?

Deutschland ist ein Hochpreis- und Hochsteuerland. Was man brutto verdient, ist netto so schnell weg, wie überall sonst auf der Welt.

Ehrlich, ich habe noch nie jemanden getroffen, der mir sagte, dass er genug "verdient"... Es ist grundsätzlich immer die Frage, ob es Sinn macht, sein Leben nach den Politikern auszurichten und nach deren Steuern. Damit die Politiker ihre Diäten erhalten, müssen sie ein Maß an Steuern einnehmen, das sie den Arbeitern abpressen. So lange der Konsumwahn intakt ist und die Menschen immer mehr wollen, funktioniert das hervorragend.

Aber die Richtung, ist für Einzelne vielleicht falsch? Wäre es für die Rumänen irgendwie möglich, eine gute Ausbildung in einem Handwerk oder sogar IT zu absolvieren, vielleicht ein paar Jahre auf Wanderschaft zu gehen, um danach ein Haus mit großem Garten zu erwerben, dort Vieh zu halten und eine unabhängige Lebensweise, mit wenig Geld aufzubauen, wären einige vielleicht glücklicher.

Aber mir ist gleichzeitig bewusst, dass die >30-50-jährigen ohne hervorragende Ausbildung wirklich erstmal etwas brauchen, um sich zu ernähren und das bekam man bisher - so lange die Deutschen eben diese Jobs nicht machen wollten - immer in Deutschland, für den Mindestlohn.

Bei mir ist die aktuelle Lage einerseits sehr gut, ich habe in den letzten 3 Monaten Rekordumsätze erzielt, mit "Online-Geschäften" und andererseits sieht es gleichzeitig immer aussichtsloser aus, für mein Umfeld und mich, denn man kann Wohlstand nicht "drucken".

Darum bin ich in den Augen vieler ein Krisen-Profiteur - obwohl ich mich selbst gar nicht so sehe, denn ich glaube, in dieser Krise wird es nur Verlierer geben... Das Unwort ist wie "Kriegsgewinnler" unpassend, weil man am Krieg finanziell vielleicht gewinnt, aber auch für das Risiko des Lebensverlustes.

Die Scharen, die sich nun von Rumänien nach Deutschland auf den Weg machen, werden wohl in wenigen Monaten und 1-2 Jahren auch wieder den Rückweg antreten, ich glaube nicht, dass diese ihr Glück finden.

Was mich selbst umtreibt, das ist die Wahl des kleineren Übels. In Deutschland sehe ich eine hochgefährliche Mischung aus untätigen, unnützen, Sozialhilfeempfängern, die sofort voller Hass auf die Straßen ziehen werden, wenn auch nur eine Monatszahlung ausbleibt oder das Geld nichts wert ist.

Ich weiß nicht, wie es in Rumänien aussieht? Aber in Russland zum Beispiel hält man irgendwie notfalls noch so zusammen in der Familie, dass keiner verhungert und die Menschen überleben auch mit 200 € notfalls auch zu fünft in der Wohnung...

In Deutschland wird es unter 1.000 Euro Monats-Nettoeinkommen sehr schnell Aufstände geben bzw. der Fall - der unvermeidlich ist nun nachdem das jetzt erst mal angefangen hat - wird bis 200-300 € mtl. sicher härter als für die Osteuropäer, die schon am Boden sind.

Besonders für unabhängige deutsche Rentner, die dafür arbeiteten und vor COVID-19 ihr Leben genießen durften, mit Mercedes, 100 m² Häusern/Wohnungen, üppigen Pensionszahlungen und täglichem Kaffee und Kuchen im Restaurant, wird es nun steil bergab gehen.

Viele Rentner in Deutschland - vor allem mit bereits niedrigen Staatsrenten - bedauere ich, als Außenstehender, dass sie betrogen wurden (was aber seit 1970 spätestens klar gewesen sein musste). Andere wiederum, lebten zeitlebens in einem so derartig infantilen Egoismus und Arroganz, wenn ich einmal meinen nächsten Familienkreis einbeziehe und es von Innen beurteilen würde, dass ich denen heute sage: Ja, was wollt ihr denn? Meint ihr es ist ewig möglich in so einem Saus und Braus zu leben, während die Wirtschaft den Bach runter geht?

Ich rede hier von der Generation der "Babyboomer", die jetzt das Rentenalter erreicht und nach 1950 geboren ist. Ausdrücklich nehme ich die vorangegangene Elterngeneration, meine Großeltern, davon aus, weil diese die Härten des Krieges und den Aufbau bewerkstelligten, während meine Elterngeneration es eigentlich immer leicht hatte und nie auch nur irgendeinen finanziellen Schaden/Herausforderung erleiden musste und mir ging es in den ersten 20 Jahren meines Lebens auch sehr gut, so dass ich heute wenig Recht habe zu klagen, aber die Lage ist in den letzten 20 Jahren immer prekärer geworden.

Ich habe in den letzten zwei Jahrzehnten zweimal praktisch alles an Einkommen verloren und musste es von Null an erneut aufbauen, was mir auch beide Male bisher gelungen ist.

Nur die Luft relativ oben (obere 10-20% ich rede nicht von den 1% an der Spitze) wird immer dünner und es schaffen nach jedem Absturz immer wenige (80/20 Regel) wiederum den Aufstieg bis sie wenigstens erneut einmal ihr Leben als Stiefellecker der oberen 1% genießen dürfen.

Nicht jeder Mensch ist dafür geschaffen und ich frage mich ernsthaft, welchen Sinn ergibt das alles noch?

Ich würde mein gesamtes Einkommen und Vermögen opfern, wenn ich endlich wieder eine normalverteilte Gesellschaft hätte, in der wirklich jeder fleißige eine gute Chance bekommt eines Tages sein verdientes Auskommen zu bestreiten.

Liebe Grüße
EM-Financial


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung