Sowohl als auch
Man echauffiert sich über einen brennenden 800 Jahre alten Steinhaufen,
erhebt ihn zur steingewordenen Christenheit, zu einem Monument derselben,
spekuliert wild rum, warum wieso dieser steingewordenen Reliquie der
Christenheit das Dach mit hellem Feuerschein wurde - WOW!
Teile unsere Gesellschaft sind anscheinend moralisch, ethisch am Ende, das
ist mir klar geworden - einen Aufschrei gibt es nur, wenn plötzlich wieder
viele Geld ins Spiel gebracht wird wie jetzt für den Wiederaufbau der
Reliquie, aber sonst, sind wir so gut wie tot.
Nein, die westliche Zivilisation hat sich der Perversion verschrieben,
statt Christentum zu leben und einzufordern und das Wohl von Kindern und
Mitmenschen in den Vordergrund zu stellen, fokussiert sie sich lieber auf
brennende Reliquien der Christenheit, das Tote ist wichtiger als das
Lebende.Was sind wir doch für eine armselige Biomasse geworden.
Das ist, bei aller teilweiser Berechtigung, zu sehr schwarz - weiß.
Es ist klar, dass das heutige Kirchenchristentum in der Dekadenz ist und viele Menschen auch Atheisten geworden sind. Der Brand von Notre-Dame ist dafür im Grunde ein sprechendes Symbol. Es ist ein Museumsbrand.
Das schließt aber nicht aus, dieses Zeugnis einer hohen christlichen Kultur als gotisches Kunstwerk zu schätzen.
Ein Appell, das Christentum zu leben, ist leicht gemacht, aber schwer zu erfüllen, weil der Bewusstseinswandel vom Mittelalter, mit seiner selbstverständlichen Glaubensgewissheit, auf das heutige rationale, ganz auf die Sinneswelt reduzierte Bewusstsein enorm ist.
Wir müssen heute das, was die Menschen früher von selber an seelischer Verbindung mit einer göttlichen Welt und mit dem auferstandenen Christus besaßen, durch aktive willentliche Erweiterung des seelischen Erlebens und Erkennens, die ganz aus der Freiheit kommt, wieder erringen.
Das scheint mir aus all diesen Vorgängen als Aufforderung zu sprechen. Sonst geht es bei allen gutgemeinten Appellen weiter abwärts in die kulturelle Dekadenz.
Vgl. dazu hier