Wieder mal ein Beispiel für den Niedergang unseres nationalen Wirtschaftsniveaus (hier Handwerk)

Hannes, Samstag, 02.09.2023, 22:09 (vor 477 Tagen) @ Plancius3409 Views
bearbeitet von Hannes, Samstag, 02.09.2023, 22:20

Lieber P.

Du hast sehr gut beschrieben, was hier los ist.

Zuerst dieses Zitat, ad hoc gefunden, passt zum Thema Vertragsfreiheit:
"Die Vertragsfreiheit ist ein Kernprinzip des deutschen Rechts, das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 311 Abs. 1 vorausgesetzt wird. Demnach steht es jeder Person frei, Verträge abzuschließen und dabei den Inhalt sowie die Parteien des Vertrags selbst zu bestimmen. "

So weit die Theorie.

Zur Praxis:

Im engeren Kreise betrachtet, löst Du das beschriebene Problem, indem Du die Lose Deines Projekts einzeln vergibst und die Bauleitung übernimmst. Vereinfacht gesagt: Leistungsbeschreibung ist Deine Sache. Mühevoll, aber wichtig. Ausführung danach oder Vertrag kommt nicht zu Stande. Leider will Frau Kunde meist "alles aus einer Hand" und wirft sich damit dem Solarteur an den Hals. Man kann übrigens auch Planung vergeben. Wobei ich - wie gesagt - das aus Geiz komplett selber mache.

Und hier ist der weitere, äußere Kreis des Problems zu erkennen: "Fachkräftemangel" genannt. Das kannst Du nicht wirklich ändern. Dazu gehört auch das politisch gewollte Auftauchen von "Solarteuren", "Energie-Agenturen" und "Energieberatern" usw. Die sind alle neu auf dem Markt, weiß nicht, ob die dem zünftigen Handwerk zuzurechen sind?
[[ironie]]

Hallo @Hannes,

ist ja alles richtig, was du da sagst.

Warum ich meine PV-Anlage in Eigenleistung montieren möchte, ist einfach das mangelnde Vertrauen in die sogenannten Fachfirmen. Da habe ich in meine Expertise, wo ich mich jetzt viele Monate mit dem Thema beschäftigt habe, mehr Vertrauen. Und ich werde dem Elektriker eine mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit viel besser montierte PV-Anlage in die Hand geben, als es eine "Fachfirma" getan hat.

Auch deshalb kommt mir kein Handwerker ins Haus.


Wahrscheinlich bist du gar nicht im klaren darüber, was für ein Pfusch hier in großem Ausmaß gemacht wird, weil einfach Goldgräberstimmung bei den Solarteuren herrscht.

Aber sicher doch, ich habe im Job mit solchen (ich sage mal) "startups" zu tun gehabt.

Nur mal kurz zum Aufzählen:

- Ziegel werden nicht richtig ausgeflext, so dass es bald feucht unterm Dach wird

Merkmal von Startups: "... stehen auch für ein bestimmtes, „disruptives“ Selbstverständnis: Sie stellen gewohnte Abläufe infrage und probieren Neues aus." Das ist das exakte Gegenteil von "zünftig", denn zünftig arbeiten ist deutsch, dröge, spießig, wenn nicht gar Nazi-verdächtig.

- die Zugkräfte werden nicht richtig berechnet -> zu wenig Dachhaken -> Schwachstellen bei Sturm

Da muss man nichts rechnen, das muss nur zünftig nach DIN (EN?) ausgeführt werden, wie es richtige Dachdecker machen. Die werden ihre Windzonen-Tabellen haben, aber vor allem Erfahrung, wo am Dach Sog auftritt oder eben weniger ...

- Solarkabel liegt auf den Dachziegeln, ist nicht befestigt und scheuert mit der Zeit durch

Deutsche Wertarbeit kling heute voll nazi.

- beim Eingang der Solarkabel ins Dach gibt es scharfe Kanten

Inhalt Lehrlingsausbildung Elektriker.

- der Potentialausgleich wird unzureichend durchgeführt, manchmal erfolgt die Verbindung der Unterkonstruktion mit unedlen Metallen, deshalb bald Korrosion wegen elektromechanischer Spannungsreihe

Allgemeinwissen. War früher mal wichtig in Deutschland.

- eine induktionsarme Verlegung der Solarkabel wird häufig überhaupt nicht beachtet, deshalb hat man bei Gewitter dann ein riesiges Induktionsfeld auf dem Dach, das Überspannungen induziert

Planer-Aufgabe. Keine große Herausforderung für Elektroplaner Überspannungsschutz/Blitzschutz normalerweise. Ich skizzierte hier mal Überspannungsableitung und Blitzschutzzonenkonzept, wie man das Eindringen von Spannungsspitzen ins Haus verhindert, wissen die Planer. Mache es besser selber (im WWW schlau machen) und vergib das dann, diesen Ausführungsplan. Prüfe die Ausführung der Firma nach Ausführungsplan und Baubeschreibung, oder mache es selbst, der Solarteur hat für so was kein Ressourcen! Ich könnte mir vorstellen, ein Elektronikschaden im Haus dem Solarteur mit Gutachten anzuhängen, dürfte teuer werden, und viel zeitaufwendiger, als die Zeit für hätte-ich-mal-das-selber-gemacht ...

- es werden keine PV beständigen Kabelbinder verwendet, so dass das Solarkabel mit bis zu 900 Volt dann auf dem Dach scheuert

Die weißen sind billiger als UV-resistente. Nimmt ja amtlich auch die Polizei, muss ja was taugen.
[[euklid]]


Soll ich mein Haus etwa in die Hände mir unbekannter "Fachfirmen" geben, wo dann Monteure anrücken, die häufig noch nicht mal deutsch können, nur dass der Elektriker seinen Segen gibt?

Unter Umständen durchaus. Aber dann solltest Du auf dem Dach mitarbeiten, wenigstens andauernd zugucken aus kurzer Distanz.


Also in meinem Haus steckt meine Lebensleistung und es ist wirklich nicht zu viel verlangt, wenn der Elektriker vom Wechselrichter ausgehend seine fachgerechte Arbeit macht. Ab da habe ich auch Vertrauen zu ihm. Alles was bis zum Wechselrichter geschieht, möchte ich bitte unter meine Kontrolle haben. Da wünsche ich erstklassige Qualität und da ist mir irgendwelcher Formalismus egal.

Vergib die Wechselrichter-Lieferung und -Inbetriebnahme und die Batterieanlage dito und die Kabulei gesondert und die Prüf- und Messerei .... alles gesondert oder mache es (auch teilweise) selber.


Der Elektriker haftet ja auch nicht für die PV-Analage insgesamt, sondern nur für seine Arbeit vom Wechselrichter ausgehend. Und da bitte ich einfach um Verständnis auch seitens des Elektrikers, dass ich das Gewerk der PV-Montage selbst beauftrage und dass das ihn eigentlich gar nichts angeht, auch wenn ich es selbst mache. Wenn ich ein Haus baue, dann verbitte ich es mir auch, dass der Elektriker mir vorschreibt, welche Baufirma und welchen Dachdecker oder Fliesenleger ich beauftrage. Er soll die Elektroinstallation ausführen und punkt.

Du kannst die Elektroinstallation durchmessen lassen und Dir darüber ein Prüfprotokoll geben lassen. Das sollte genügen als "Abnahme".

Gruß Plancius

Fazit: Dass wir uns so viele "Fachkräfte" ins Land geholt haben und dennoch Fachkräftemangel haben ist der eigentliche Grund für das von Dir richtig beschriebene Problem. Die Folge ist nämlich Deine schlechte Verhandlungsposition gegenüber echten Fachfirmen. Aber wenn Du Zeit hast und vor allem der Firma ordentlich beschrieben hast, was sie machen soll, nehmen die auch Klein-Aufträge an, verhältnismäßig teuer allerdings, unter dem Strich aber für Dich wirtschaftlich (Anwaltskosteneinsparung und so ...).

Ich hoffe im allgemeinen Interesse geholfen zu haben

H.


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